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# taz.de -- Razzia in mehreren Bundesländern: Verdacht auf Rechtsterrorismus
> Die Wohnungen von mehreren Verdächtigen sind durchsucht worden. Sie
> planten offenbar ein rechtsextremes Siedlungsprojekt.
Bild: Es wurde noch niemand festgenommen
Berlin taz | „Liebe Kameraden und Kameradinnen“, beginnt der letzte Beitrag
auf der Facebook-Seite einer Gruppe mit dem Namen „Nordadler – Die Träger
des Nordlichts“, der erst vor zwei Tagen veröffentlicht wurde. Stolz
berichtet „Team Nordadler“ darin von der Gründung eines „Autarkie und
Oppositionsprojekts Nord-Thüringen“, dessen Ziel es sei, eine „echte auf
Völkischem Bewusstsein Basierende Gemeinschaft Germanischem Glaubens,
Atamanen oder Nationalsozialisten“ (Rechtschreibfehler im Original) zu
gründen – offenbar ein rechtsextremes Siedlungsprojekt. Die zugehörigen
Fotos zeigen den „Letzten Freiwilligen Arbeitsdienst“, bei dem das Haus
gesäubert und im Garten ein Gemüseacker angelegt worden sein soll.
Mit dem Projekt, so es denn wirklich existiert, dürfte jetzt erst mal
Schluss sein: Die Bundesanwaltschaft hat am Dienstagmorgen die Wohnungen
von vier mutmaßlichen Angehörigen der Gruppe „Nordadler“ in Niedersachsen,
Schleswig-Holstein und Bremen sowie einer weiteren Person in Thüringen
durchsuchen lassen. Der Verdacht: Bildung einer rechtsterroristischen
Vereinigung und damit ein Verstoß gegen den Paragrafen 129 a des
Strafgesetzbuchs.
Ein dringender Tatverdacht habe sich bei den Durchsuchungen nicht ergeben,
sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft der taz, auch Festnahmen gab es
keine. Es seien aber Gegenstände sichergestellt worden, die nun ausgewertet
würden. Grundlage der Durchsuchungen war ein richterlicher Beschluss des
Bundesgerichtshofs.
Die Verdächtigen seien durch ihre „nationalsozialistische Gesinnung“
geeint, spätestens Anfang 2017 sollen sie sich zu einer
rechtsterroristischen Vereinigung mit dem Namen „Nordadler“
zusammengeschlossen haben. Diese habe „dem Nationalsozialismus in
Deutschland zum Wiedererstarken“ verhelfen wollen, so die
Bundesanwaltschaft. Zu diesem Ziel hätten die Beschuldigten versucht,
„Waffen, Munition sowie Materialien zum Bau von Brand- und
Sprengvorrichtungen zu beschaffen“. An den Durchsuchungen waren die
Spezialeinsatzkommandos der betroffenen Länder beteiligt. Das
Landeskriminalamt Niedersachsen übernimmt die weiteren Ermittlungen.
## Vorbild Reichsarbeitsdienst
Dass es sich bei der fraglichen Gruppe um die gleiche handelt, die unter
dem Namen Nordadler die Facebookseite sowie eine Website betreibt,
bestätigt die Bundesanwaltschaft nicht. Es gibt dafür aber deutliche
Anhaltspunkte: Im Impressum der Website ist eine Adresse in
Katlenburg-Lindau im Landkreis Northeim in Niedersachsen angegeben. Dort
soll nach Informationen mehrerer Medien eine der Durchsuchungen
stattgefunden haben.
Nach Informationen des Göttinger Tageblatts richtete sich diese gegen den
21-jährigen Wladislav S., der als Betreiber der Nordadler-Website angegeben
ist. Er stand bereits vergangenes Jahr vor dem Braunschweiger Landgericht:
als Mitangeklagter im Prozess gegen den Islamisten Sascha L. aus Northeim.
L. war früher selbst Neonazi, bevor er zum Islam konvertierte. Er hatte vor
Gericht gestanden, einen Sprengstoffanschlag auf Polizisten und Soldaten
geplant zu haben und wurde deswegen zu gut drei Jahren Haft verurteilt.
Auf den bei Facebook veröffentlichten Fotos zu dem geplanten
Siedlungsprojekt der Gruppe Nordadler gibt es Anhaltspunkte, dass sie in
und um Bad Sachsa im südlichen Niedersachsen aufgenommen worden sind. In
dem Text heißt es, man müsse sich „vorsichtig vor tasten“ und gezielt
Immobilien erwerben, Schulungszentren aufbauen und „paramilitärische
Übungen“ veranstalten. Als Vorbild wird der Reichsarbeitsdienst genannt.
Bei Facebook ist als Sitz der Organisation die Stadt Finsterwalde in
Südbrandenburg angegeben.
Der Öffentlichkeit aufgefallen war die Gruppe bislang nicht, auch
Szenekennern ist sie weitgehend unbekannt. Auf ihrer Facebook-Seite ruft
sie unter anderem dazu auf, die AfD zu wählen, und wirbt für die der
Identitären Bewegung nahestehende Seite Reconquistanet.com. Auffallend sind
außerdem Beiträge mit antisemitischem Inhalt. Antisemitismus soll das
verbindende Moment zwischen dem Neonazi Wladislav S. und dem Islamisten
Sascha L. gewesen sein, hieß es letztes Jahr im Prozess gegen L.
17 Apr 2018
## AUTOREN
Malene Gürgen
## TAGS
Rechtsextremismus
Schwerpunkt Rechter Terror
Generalbundesanwalt
Rechtsextremismus
Gera
Reichsbürger
Berlin-Neukölln
Schwerpunkt Rassismus
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