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# taz.de -- RWE-Aktion im Tagebau Garzweiler: Rolle Rückwärts beim Klimaschutz
> RWE hat im rheinischen Braunkohlerevier damit begonnen, 8
> Windkraftanlagen demontieren zu lassen. Eine absurde Aktion in Zeiten der
> Energiewende.
Bild: Da stehen sie noch: Windräder bei Lützerath
Lützerath taz | Der Energiekonzern RWE Power arbeitet sich im
[1][Braunkohletagebau Garzweiler] weiter voran. Gut einen Kilometer hinter
Lützerath steht seit 20 Jahren ein kleiner Park aus acht mächtigen
Windkraftanlagen. Am Mittwoch hat dessen Abriss begonnen. Rote Riesenkräne
sind aufgefahren, Rotorblätter werden demontiert und die riesigen
Betonmasten abgerissen, um das Gelände parat zu machen für die vorrückenden
Bagger und die „bergbauliche Inanspruchnahme“.
Das sei „eine Rolle rückwärts beim Klimaschutz“, kommentiert entsetzt
Alexandra Brüne vom Bündnis „Alle Dörfer bleiben“. Die Anlage hat eine
Nennleistung, die etwa 12.000 Haushalte im Jahr versorgen konnte.
Weiter östlich, im besetzten Örtchen [2][Lützerath] selbst, wo an die 200
WiderständlerInnen leben, ist es derweil noch ruhig. Täglich kann sich das
ändern: Seit dem 1. Oktober ist Rodungssaison. Politisch hat der [3][Deal
vom 4. Oktober] zwischen Politik und dem Braunkohlekonzern RWE die
Erlaubnis gegeben. Räumung, Abriss und ein Weiterbaggern sind damit
rechtlich möglich. Die Tagebaukante ist an zwei Seiten ohnehin nur jeweils
50 Meter entfernt.
Drumherum ist der Kahlschlag seit einigen Wochen in vollem Gange: Die Reste
an Gebäuden in Immerath, anderthalb Kilometer entfernt, wurden weggekeult,
an der Landstraße zwischen jetzt Ex-Immerath und Holzweiler sind die
prachtvollen Alleenbäume frisch flachgelegt. RWE nennt solche Vernichtung
„Rückbau“, genauso wie die tausenden Pumpstationen in den Revieren als
„Brunnen“ verschönt werden und später die „Rekultivierung“ angegangen
werden soll.
## Windräder werden ohnehin ausgebremst
Übrigens bremst der Braunkohletagebau durch seinen Betrieb Windkraft schon
seit Langem aus: Wenn die Stromerzeugung an windigen Tagen zu hoch war,
wurden und werden immer zuerst die Erneuerbaren abgeschaltet.
Kohlekraftwerke sind zu unflexibel und laufen halt weiter und weiter.
Der Kohlekonzern RWE hat schon vieles aus dem Weg geräumt: Dörfer zu
Dutzenden, Kirchen, Denkmäler, zigtausende Hektar bester Ackerflächen,
Straßennetze, zwei Autobahnen, weite Kulturlandschaften. Aber Windräder,
das ist neu.
Wer auch nur ahnt, welche Mühe es macht, acht Windräder zu planen, durch
mögliche gerichtliche Widersprüche zu kämpfen, die Riesenteile im
Schneckentempo mit Riesenumwegen über nächtlich gesperrte Autobahnen zu
transportieren und schließlich aufzubauen, wird Alexandra Brüne zustimmen:
„Dass mitten in der Klima- und Energiekrise Windräder für die Erweiterung
eines Kohletagebaus abgerissen werden, ist an Absurdität nicht zu
überbieten.“
Ob die demontierten Anlagen verschrottet werden und als Müll auf der
Deponie landen oder zwischenlagert und später woanders wieder aufgebaut
werden, bleibt bislang ungeklärt. Ein RWE-Sprecher sagt auf Anfrage der
taz, in diesem Jahr werde ohnehin nur eines der acht Windräder abgebaut.
„Das ist mittlerweile abgeschlossen.“ Betreiber der Anlage sei eine andere
Firma, die schon 2001 die Betriebsgenehmigung nur bis zu dem Zeitpunkt
bekommen habe, wenn RWE das Gelände beanspruche.
Die Mahnwache Lützerath bereitet sich derweil auf die möglichen Folgen
einer gewaltsamen Räumung vor: Am Freitag baten sie „dringend um
Sani-Spenden“: Gesucht würden Pflaster aller Art, Materialien zur
Wundversorgung und Sam-Splints, das sind Schienen zur Ruhigstellung von
Knochenbrüchen.
21 Oct 2022
## LINKS
[1] /Braunkohlefoerderung-in-NRW/!5882364
[2] /Faktencheck-Luetzerath/!5884175
[3] /Braunkohlefoerderung-in-NRW/!5882364
## AUTOREN
Bernd Müllender
## TAGS
Erneuerbare Energien
Braunkohle
Schwerpunkt Klimawandel
Windkraft
GNS
Niedersachsen
RWE
Luisa Neubauer
Kohleausstieg
Energiekrise
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