# taz.de -- Quali zur Fußball-EM: Belarus bittet zum Spiel | |
> Am Samstag trifft die Schweiz auf Belarus. Bislang ist das Regime in | |
> Minsk nur zu Geisterspielen an neutralem Ort verdonnert. Nun gibt es | |
> Proteste. | |
Bild: Das große Los Belarus: Gianluca Zambrotta bei der Auslosung zur EM-Quali… | |
Ein Geisterspiel wird es. Das steht über die Begegnung Belarus – Schweiz | |
schon fest. Am Samstag treffen die Fußballteams im Rahmen der Qualifikation | |
für die Europameisterschaft 2024 aufeinander: ohne Zuschauer und auf | |
neutralem Platz. Den durfte Belarus bestimmen, und es wurde das serbische | |
Novi Sad. | |
Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 hatte der | |
internationale Fußball Sanktionen verhängt. [1][Russland] ist von allen | |
Spielen, die Uefa und Fifa ausrichten, verbannt. Belarus, das mit Russland | |
verbündet ist, wird etwas softer [2][sanktioniert]: Zuschauerausschluss und | |
neutraler Boden. Eine „Zwischenlösung“ nennt die Neue Zürcher Zeitung das. | |
In der Schweiz fordert eine Gruppe von 21 Politikern im Nationalrat | |
Belarus’ Ausschluss von aus der EM-Qualifikation. Vor allem | |
Sozialdemokraten, Grüne, Grünliberale und die christliche EVP tragen die | |
Initiative, nicht aber die konservativeren Parteien. | |
Auch in Deutschland gibt es eine solche Petition von 46 | |
Bundestagsabgeordneten der Grünen. Zu der Gruppe gehört auch Robin Wagener, | |
Koordinator der Bundesregierung für Zentralasien, und mit der | |
Kulturstaatsministerin Claudia Roth hat sogar ein Kabinettsmitglied die | |
Petition unterzeichnet. | |
Auch im Europaparlament tat sich eine Gruppe von über 100 Abgeordneten | |
zusammen, um Belarus auch sportpolitisch für seine Haltung und Aktivitäten | |
im russischen Krieg zu bestrafen. Belarus’ Beteiligung an der | |
EM-Qualifikation sei „eine Beleidigung für die Opfer der russischen | |
Aggression in der Ukraine“. | |
## „Schmeißt sie alle raus!“ | |
Die Uefa hat auf alle Anfragen, wie sie zu den Forderungen der Politik | |
steht, nicht reagiert. Als im Oktober 2022 die Auslosung der | |
Qualifikationsgruppen anstand, hatte Uefa-Präsident Aleksander Čeferin der | |
Sport-Bild gesagt: „Es ist ein bisschen populistisch zu fordern: ‚Schmeißt | |
alle raus!‘ Aktuell sehen wir keinen Grund, das zu tun.“ Čeferin fügt noch | |
hinzu: „Die Politik sollte unsere Entscheidungshoheit respektieren. Wie | |
predigen Politikern und Regierungen auch nicht, was sie tun sollen.“ | |
Zu dem, was die Uefa tut, gehören auch Geldtransfers. Nach | |
„Sportschau“-Informationen erhält Belarus rund 6 Millionen Euro an | |
sogenannten Solidaritätszahlungen aus dem Europapokal, zudem gehen sowohl | |
an Belarus als auch an Russland je 2,4 Millionen Euro aus dem | |
Finanzverteilprogramm der Uefa. | |
Diskussionen über Belarus’ Teilnahme am internationalen Fußball sind | |
erstaunlicherweise erst ausgebrochen, als die Qualifikation für die EM | |
begann, die 2024 in Deutschland ausgespielt wird. Beinah ohne | |
internationales Echo spielt Belarus aber schon wesentlich länger in der | |
Nations League der Uefa mit. Am ersten Spieltag im Juni 2022 traf dort | |
EU-Mitglied Slowakei auf Belarus, gespielt wurde im serbischen Novi Sad, | |
die Slowakei gewann 1:0. | |
Ansonsten sortieren sich Belarus’ Gegner seit Februar 2022 in | |
Freundschafts- und auch in Nations-League-Spielen sehr deutlich entlang der | |
politischen Linien: Indien, Bahrein, Aserbaidschan, Kasachstan, Syrien und | |
Oman. | |
## Belarus, Israel, Kosovo, Schweiz | |
Nun aber muss mit der Schweiz das nächste westlich ausgerichtete Land gegen | |
Belarus antreten. Neben Belarus und der Schweiz finden sich noch diese | |
Länder in der EM-Qualifikationsgruppe I: Andorra, Israel, Kosovo und | |
Rumänien. „Mehr politisches Konfliktpotenzial als in unserer Gruppe geht | |
nicht!“, schimpft der Blick. | |
Sieht man von dem Engagement der Menschenrechtsorganisation Libereco und | |
von der politischen Initiative im Nationalrat ab, hält man in der Schweiz | |
den Umstand, dass man gegen Belarus antritt, nicht für ein großes Problem. | |
Dominique Blanc, Präsident des Fußballverbandes SFV, sagte der | |
Boulevardzeitung Blick, auf Belarus treffe doch nicht zu, was Russland | |
vorgeworfen wird. | |
Was in der Schweiz indes für Empörung sorgt, ist Novi Sad, der von Belarus | |
vorgeschlagene „neutrale Austragungsort“ für das Qualifikationsspiel. | |
„Angesichts der politischen Lage zwischen dem Kosovo und Serbien waren wir | |
über den Entscheid der Uefa erstaunt“, sagt Adrian Arnold, Sprecher des | |
SFV. Drei Schweizer Nationalspieler haben einen kosovo-albanischen | |
Hintergrund: Granit Xhaka, Xherdan Shaqiri und Ardon Jashari. Xhaka hatte | |
bei der WM in Katar Serbien [3][provoziert] und für große Missstimmung | |
gesorgt. | |
Auch dass die Nationalmannschaft des Kosovo, das kein Mitglied der | |
UN-Vollversammlung ist, in diese Gruppe gelost wurde, löst sportpolitische | |
Irritationen aus. Wird Belarus sein Heimspiel gegen Kosovo auch in Serbien | |
ausrichten wollen? | |
An Geisterspielen jedenfalls scheint kein Mangel zu herrschen. | |
22 Mar 2023 | |
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## AUTOREN | |
Martin Krauss | |
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