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# taz.de -- Russlands Sport auf dem Weg zu Olympia: Der Traum der Majorin
> Bald dürfen Russen und Russinnen wieder an internationalen Fechtturnieren
> teilnehmen. Sportsoldatin Sofja Welikaja freut sich schon.
Bild: Im Auftrag der Russischen Föderation: Fechterin Sofja Welikaja nach eine…
Sofja, die Große. Das ist gewiss eine angemessene Bezeichnung für eine der
besten Säbelfechterinnen der Gegenwart. Sofja Welikaja, das ist der Name
der zweifachen Olympiasiegerin. „Welikaja“ ist das russische Wort für
„groß“. Passt doch. Sofja, die Große. Acht Weltmeistertitel hat die
37-Jährige in ihrer Karriere gewonnen, 14 Mal war sie Europameisterin. Doch
einen großen Traum hat sie noch. Sie, die zweimal Olympiagold mit der
Mannschaft gewonnen hat, möchte unbedingt Einzelgold holen. Drei Mal stand
sie schon im olympischen Finale, drei Mal unterlag sie. Der Traum von
Olympiagold hat sie dazu bewogen, ihre Karriere nach den Spielen von Tokio
2021 nicht zu beenden.
Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine sah es lange so aus, als würde
nichts aus ihrem Traum. Doch dann erkannte das Internationale Olympische
Komitee [1][so etwas wie ein Menschenrecht von Sportlerinnen auf Olympia],
das ihnen nicht genommen werden dürfe, auch wenn sich ihr Staat eines
verbrecherischen Krieges schuldig gemacht hat.
In diesem Sinne hat nun der Internationale Fechtverband FIE rechtzeitig zu
Beginn der Qualifikationswettbewerbe für die Spiele 2024 in Paris
[2][Sportlerinnen und Sportler aus Russland und Belarus wiederzugelassen]
zu Wettbewerben. Sofja Welikaja darf nun wieder von Olympiagold träumen.
„Ich bin sehr glücklich über die Entscheidung“, sagte sie nach dem Votum
der FIE-Mitglieder vom vergangenen Freitag. Und: „So, das war’s. Ab zum
Training!“
## Stolze Armeesportlerin
So kann man die Geschichte über die Rückkehr einer gebannten Athletin
erzählen – als herzzerreißende Story einer Sportlerin, die ihren Traum von
Olympiagold nicht beerdigen möchte. Man kann der Geschichte aber noch ein
paar Details hinzufügen. Sie ist dann vielleicht nicht mehr ganz so schön.
Denn Welikaja ist Soldatin. Ihr Klub ist ZSKA Moskau, der Zentrale
Armeesportklub.
Ihr Rang ist der einer Majorin der Streitkräfte der Russischen Föderation.
Zahlreiche Orden hat man ihr in Russland bereits überreicht. Den Ehrenorden
der Russischen Föderation, die Medaille des Ordens für Verdienste um das
Vaterland und den Freundschaftsorden hat ihr der russische Staatspräsident
Wladimir Putin persönlich an die Uniform geheftet. Von
Verteidigungsminister Sergei Schoigu wurde sie mit der militärischen
Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet.
Wer ein Bild von Welikaja in Uniform sucht, wird schnell fündig im Netz.
Ihren Instagram-Account füttert sie zwar seit Beginn des Angriffskriegs auf
die Ukraine nicht mehr, doch mit ihrem letzten Post, den sie am Tag vor dem
russischen Überfall am 23. Februar 2022 abgesetzt hat, gibt sie ein
deutliches Bekenntnis zum russischen Militarismus ab.
## Sinistrer Verbandsvize
In Uniform ist sie da zu sehen mit einem Blumenstrauß in der Hand. Dazu
schreibt sie: „Liebe Männer! Herzlichen Glückwunsch zum Tag des
Verteidigers des Vaterlands! Vielen Dank für eure Unterstützung, eure Kraft
und euren Mut!“ Auch wenn das IOC keine russischen oder belarussischen
Hoheitszeichen bei den Spielen zulassen sollte, als neutral wird man eine
Athletin wie Welikaja wohl kaum bezeichnen können.
Und sie würde ja auch nicht alleine zu den Spielen kommen. Mit dem
Beschluss des Internationalen Fechtverbands sind auch wieder die
Funktionäre aus Russland und Belarus zu den Wettkämpfen zugelassen. Einer
davon, Verbandsvize Oleg Lawritschew, hat schon mal unmissverständlich
klargemacht, dass er zu den Unterstützern des russischen Angriffskrieges
zählt.
Er lässt sich als emsiger Organisator humanitärer Hilfe in der sogenannten
Donezker Volksrepublik feiern. Regelmäßig besucht er russische Truppen
unmittelbar hinter der Front. In sozialen Medien kursiert ein Bild, das ihn
hinter einer russischen Fahne zeigt, auf der das Kriegssymbol „Z“
aufgebracht ist. Nach der jüngsten Entscheidung der FIE dürfte er sich an
die Planche stellen, wenn die Majorin der Streitkräfte der Russischen
Föderation Sofja Welikaja um [3][einen Platz bei den Spielen 2024 in Paris]
ficht.
15 Mar 2023
## LINKS
[1] /Russische-Sportler-bei-Olympia/!5916630
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[3] /Russische-Athleten-bei-Olympia/!5916306
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
Fechten
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Kolumne Russisch Brot
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
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