| # taz.de -- Proteste in der Türkei: Nichts sehen, nichts senden | |
| > Anwälte werden verhaften, die Meinungsfreiheit eingeschränkt. Für die | |
| > türkischen Medien kein Grund für ausführliche Berichterstattung. | |
| Bild: Als die Angriffe der Polizei sich gegen die BesetzerInnen des Parks richt… | |
| ISTANBUL taz | Nach der [1][Polizeigewalt am Istanbuler Taksim-Platz] ist | |
| es am Mittwoch den Tag über weitgehend ruhig geblieben. Die Polizei hielt | |
| den Platz besetzt, während der angrenzende Gezi-Park nach wie vor von der | |
| Protestbewegung besetzt blieb. | |
| Am Mittwochnachmittag fand dann in Ankara das lang erwartete Gespräch | |
| zwischen [2][Ministerpräsident Tayyip Erdogan] und insgesamt elf Künstlern, | |
| Architekten und Intellektuellen statt. Es ging dabei um einen | |
| Meinungsaustausch, nicht um Verhandlungen über das weitere Vorgehen. | |
| Nach Informationen aus Kreisen der Bürgerinitiative „Taksim-Plattform“ | |
| wurden die Leute nicht zu dem Gespräch mit Erdogan delegiert, sondern | |
| „gingen auf eigene Rechnung nach Ankara“. In einer Presserklärung der | |
| Initiative hieß es: „Wir wurden zu dem Gespräch nicht eingeladen. Auf | |
| unsere Forderungen, die wir am 5. Juni dem stellvertretenden | |
| Ministerpräsidenten Arinc übergeben haben, haben wir bisher keine Antwort | |
| bekommen.“ | |
| In der Nacht, zu dem Zeitpunkt, als die Angriffe der Polizei sich auch | |
| gegen die BesetzerInnen des Parks richtete, traf sich der Parteivorstand | |
| der oppositionellen CHP zu einer Krisensitzung und forderte Staatspräsident | |
| Abdullah Gül auf, der Gewalt ein Ende zu setzen. | |
| ## Geldstrafen für TV-Sender | |
| Die Hoffnung vieler Beobachter, Präsident Gül könnte sich tendenziell gegen | |
| Erdogan stellen, hatte sich aber schon am Tag zuvor zerschlagen, als er | |
| nach längerem Zögern, mitten in der Krise, das zuvor von der AKP im | |
| Parlament durchgesetzte umstrittene neue Alkoholgesetz unterzeichnete. | |
| Erneut wurden die türkischen Medien für ihre mangelhafte Berichterstattung | |
| kritisiert. „Vertreter der ausländischen Medien waren bei uns im Park“, | |
| sagte eine der Besetzerinnen, „aber die türkischen Medien blieben alle | |
| hinter den Reihen der Polizei.“ Eine stundenlange Sondersendung von | |
| CNN-International wurde in der Nacht vom türkischen Kabelanbieter Digi-Türk | |
| unterbrochen. | |
| Der Kabeldienstleister tauschte mitten in der Berichterstattung CNN-Int | |
| gegen CNN-Asia aus. Plötzlich war statt der Kämpfe eine Sendung aus | |
| Hongkong zu sehen. Drei kleinere türkische Sender, darunter Halk-TV, die | |
| immer vor Ort waren, wurden von der staatlichen Medienaufsichtsbehörde | |
| RTÜRK gestern wegen „Aufhetzung zu Provokationen“ zu hohen Geldstrafen | |
| verurteilt. | |
| Für besondere Aufregung sorgte gestern die Verhaftung von mehr als 50 | |
| Anwälten, die die residierende Staatsanwaltschaft aufgefordert hatten, | |
| Ermittlungen wegen der Polizeiübergriffe einzuleiten. Statt eine Antwort zu | |
| bekommen, wurden sie von Sondereinsatztruppen der Polizei verprügelt und | |
| verhaftet. | |
| [3][International] wurde die Regierung Erdogan zur Mäßigung aufgerufen. | |
| UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, die US-Regierung und auch Kanzlerin Merkel | |
| forderten, die türkische Regierung müsse das Recht auf Versammlungsfreiheit | |
| einhalten und solle den Bürgern mit ihren Forderungen zuhören. Auch der | |
| deutsche Bundestag verurteilte die Gewalt in der Türkei | |
| fraktionsübergreifend. | |
| 12 Jun 2013 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jürgen Gottschlich | |
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