# taz.de -- Proteste in Kenia: Scharfe Munition gegen Proteste | |
> Die anhaltenden Demonstrationen gegen geplante Steuererhöhungen in | |
> Nairobi eskalieren am Dienstag. Mindestens fünf Protestierende werden | |
> getötet. | |
Bild: Wasserwerfer und scharfe Munition: Demonstrant*innen in Nairobi schützen… | |
NAIROBI afp | In Kenia sind die [1][seit Tagen] [2][anhaltenden Proteste] | |
gegen Steuererhöhungen in tödliche Gewalt umgeschlagen. Am Dienstag | |
stürmten hunderte Demonstranten während einer Debatte über die | |
Regierungspläne das Parlamentsgelände in der Hauptstadt Nairobi, im | |
Amtsgebäude des Gouverneurs von Nairobi brach Feuer aus. Mindestens fünf | |
Menschen wurden nach übereinstimmenden Angaben mehrerer | |
Nichtregierungsorganisationen getötet. Die kenianische Regierung entsandte | |
das Militär, zahlreiche ausländische Regierungen äußerten sich besorgt. | |
Nach Tagen weitgehend friedlicher Proteste eskalierte die Lage am Dienstag | |
vor dem Parlamentskomplex in Nairobi. Demonstranten warfen Steine gegen | |
Polizisten, überwanden Absperrungen und drangen schließlich auf das | |
Parlamentsgelände vor. | |
Die Polizei ging nach übereinstimmenden Berichten mit scharfer Munition | |
gegen die Demonstranten vor, dabei wurden laut mehreren | |
Nichtregierungsorganisationen, darunter Amnesty International, mindestens | |
fünf Menschen getötet und Dutzende weitere verletzt. | |
Menschenrechtsorganisationen warfen den Sicherheitskräften zudem vor, | |
insbesondere in den Nachtstunden Demonstranten in Fahrzeugen ohne | |
Kennzeichen fortgebracht zu haben. Die Polizei ließ Anfragen von AFP hierzu | |
unbeantwortet. | |
AFP-Journalisten vor Ort berichteten von mehreren leblos in Blutlachen auf | |
dem Boden liegenden Demonstranten vor dem Parlamentskomplex. Zudem wurden | |
vor dem Parlament geparkte Autos zerstört. In einem der Parlamentsgebäude | |
brach kurzzeitig ein Brand aus. Auf Fernsehbildern aus dem Komplex waren | |
verwüstete und geplünderte Räume, umgestürzte Tische, zersplitterte Fenster | |
und auf den Grünanlagen verstreutes rauchendes Mobiliar zu sehen. | |
## Internetverbindungen unterbrochen | |
Bilder des Fernsehnetzwerks Citizen TV zeigten zudem ein Feuer, das im | |
wenige hundert Meter vom Parlament entfernt gelegenen Amtsgebäude des | |
Gouverneurs ausbrach. Die Polizei setzte demnach Wasserwerfer ein, um die | |
Flammen zu löschen. | |
Die Organisation NetBlocks schrieb unter Berufung auf | |
Echtzeit-Netzwerkdaten von einer „größeren“ Unterbrechung der | |
Internetverbindungen in Kenia während der Proteste. | |
Neben der Hauptstadt Nairobi hatten sich Demonstranten laut Fernsehbildern | |
auch in der Hafenstadt Mombasa versammelt – sowie in der am Victoriasee | |
gelegenen Großstadt Kisumu, die als Hochburg der kenianischen Opposition | |
gilt. | |
Das Verteidigungsministerium beschloss nach eigenen Angaben, das Militär | |
einzusetzen, Minister Aden Bare Duale begründete dies in einer Erklärung | |
mit einem „Sicherheitsnotstand“ im ganzen Land. | |
## Internationale Besorgnis über die Vorfälle | |
[3][Staatschef William Ruto] äußerte sich in scharfen Worten zu den | |
Protesten. „Wir werden umfassend, wirksam und schnell auf die heutigen | |
landesverräterischen Umtriebe reagieren“, sagte Ruto vor Journalisten. Die | |
Demonstrationen seien „von gefährlichen Leuten gekapert“ worden. | |
Zahlreiche Staaten äußerten ihre Besorgnis über die Vorfälle. Insgesamt 13 | |
westliche Staaten – darunter Deutschland, Großbritannien und die USA – | |
erklärten in einer gemeinsamen Mitteilung, sie seien „zutiefst besorgt“ und | |
„besonders schockiert von den Szenen vor dem kenianischen Parlament“. | |
UN-Generalsekretär António Guterres erklärte laut seinem Sprecher Stéphane | |
Dujarric, er sei „zutiefst besorgt“ und „tieftraurig angesichts der | |
Berichte über Tote und Verletzte“. | |
Für die Afrikanische Union (AU) rief der Vorsitzende der AU-Kommission, | |
Moussa Faki Mahamat, die Menschen in Kenia auf, „Ruhe zu bewahren und auf | |
weitere Gewalt zu verzichten“. | |
Die Proteste gegen die geplanten Steuererhöhungen der Regierung hatten | |
bereits in der vergangenen Woche in der Hauptstadt Nairobi begonnen und | |
sich auf andere Teile Kenias ausgeweitet. Sie waren zunächst vor allem von | |
jungen Menschen vorangetrieben worden, später schlossen sich ihnen andere | |
Altersgruppen an. | |
## Große Einkommensschere | |
Die Einwohner des ostafrikanischen Landes leiden bereits unter sehr hohen | |
Lebenshaltungskosten. Die Regierung hatte als Begründung für die geplanten | |
Steuererhöhungen die hohen Staatsschulden angeführt – und die | |
Notwendigkeit, dem Staat neuen Handlungsspielraum zu verschaffen. | |
Mitte Juni hatte die Regierung angesichts der Proteste bereits einen | |
erheblichen Teil der eigentlich geplanten Steuererhöhungen zurückgezogen – | |
die Proteste gingen jedoch weiter. | |
Der derzeit amtierende kenianische Staatschef Ruto war 2022 als | |
Interessenvertreter der armen Bevölkerung angetreten. Bereits im | |
vergangenen Jahr waren jedoch bei Ausschreitungen im Zuge von Protesten | |
gegen Steuererhöhungen in Kenia mehrere Menschen getötet worden. | |
Kenia ist eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften Afrikas, | |
trotzdem lebt rund ein Drittel der Bevölkerung in Armut. Schätzungen der | |
Weltbank zufolge wird sich die Wachstumsrate im Laufe des Jahres auf etwa 5 | |
Prozent des Bruttoinlandsprodukts verringern. Die Inflationsrate lag im Mai | |
bei 5,1 Prozent. | |
26 Jun 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Jugendproteste-in-Kenia/!6018741 | |
[2] /Massenproteste-in-Kenia/!6019071 | |
[3] /Kenias-Praesident-William-Ruto/!5997372 | |
## TAGS | |
Kenia | |
Nairobi | |
Massenproteste | |
Ostafrika | |
Kenia | |
Kenia | |
Kenia | |
Kolumne Fernsicht | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Proteste gegen Steuererhöhungen in Kenia: Kenia legt Ostafrika lahm | |
Nach Protesten zieht Kenias Präsident das Haushaltsgesetz zurück und stellt | |
das Internet ab. Als Kollateralschaden geht Ostafrika vom Netz. | |
Blutige Unruhen in Kenia: Proteste als Warnsignal | |
Die Proteste sind gefährlich für Kenia und ungewöhnlich. Präsident Ruto ist | |
kein klassischer Autokrat, sondern war einmal Hoffnungsträger. | |
Massenproteste in Kenia: Generation Z kämpft um ihre Zukunft | |
In Kenia kämpft eine neue Jugendbewegung gegen Korruption. Sie verzichtet | |
auf sichtbare Führer. Bei Straßenschlachten gibt es Tote. | |
Jugendproteste in Kenia: „Generation Z“ gegen hohe Steuern | |
Straßenschlachten in Nairobi begleiten Beratungen über den Staatshaushalt | |
im Parlament. Weitere Proteste sind für kommende Woche angekündigt. | |
Kenias Präsident William Ruto: Mit Karrieren anderer jonglieren | |
William Ruto ist im zweiten Amtsjahr als Präsident Kenias. Dabei muss er | |
den Einfluss seines Landes und seinen eigenen Arbeitsplatz sichern. |