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# taz.de -- Proteste in Frankreich: Tod eines Radfahrers löst Verkehrsdebatte …
> Der Tod eines Fahrradfahrers in Paris zieht in Frankreich Proteste nach
> sich. Ein SUV-Fahrer steht im Verdacht, ihn absichtlich überfahren zu
> haben.
Bild: Sie trauern um den toten Radfahrer, sorgen sich aber auch um die eigene S…
Paris taz | 233 Radfahrer*innen sind im vergangenen Jahr in Frankreich
bei Unfällen im Straßenverkehr ums Leben gekommen, in den letzten zwölf
Monaten waren es sogar 240. Als Reaktion auf einen besonders tragischen und
schockierenden Vorfall in Paris, dem zahlreiche Protestkundgebungen von
Vereinigungen des Zweiradverkehrs folgten, hat die französische Regierung
nun am Montag eine „Mission“ mit dem präventiven Kampf gegen die „Gewalt…
Straßenverkehr“ beauftragt. Denn das Nebeneinander der verschiedenen
Verkehrsteilnehmer funktioniert nicht gut. Oft scheint noch das Recht des
(PS-)Stärkeren zu gelten.
Das aus dem Ausland oft als [1][Vorbild bewunderte angebliche Pariser
„Radfahrerparadies“] ist (noch) längst nicht von dieser Welt. Dass zwischen
den Radfahrer*innen und den Pkw-Lenker*innen im Gegenteil um Raum und
Freiheit gekämpft wird, belegt ein dramatischer Vorfall mit Todesfolge am
15. Oktober. Es war kurz vor 18 Uhr, auf dem Boulevard Malesherbes im 8.
Stadtbezirk von Paris herrschte viel Verkehr, die Leute wollten nach der
Arbeit heim. Ein [2][Pkw vom Typ Stadtgeländewagen] hatte es offenbar
besonders eilig, denn sein Fahrer fuhr auf der für die Fahrräder
reservierten Spur.
Was dann geschah, kann aufgrund von Augenzeugen und laufenden Ermittlungen
rekonstruiert werden. Paul Varry, ein für den Radverkehr engagierter
27-jähriger Student, wollte sich diesen Übergriff aus der Welt der
Motorfahrzeuge nicht gefallen lassen. Er protestierte lautstark und klopfte
außerdem erbost mit der Hand auf die Motorhaube des SUV, was wiederum
dessen 52-jährigen Lenker in Rage brachte. Dieser fühlte sich im Recht, und
im Übrigen, so sagte er später aus, habe er seine jugendliche Tochter zum
Augenarzt bringen wollen. Laut Behördenangaben war er der Polizei bereits
als gewalttätig bekannt.
Der Streit soll laut gewesen sein, als er zuerst den Rückwärtsgang
eingeschaltet habe, während der junge Mann weiter vor seinem Pkw schimpfte.
Dann aber fuhr der 52-Jährige plötzlich vorwärts los und überrollte diesen.
Mit Absicht, aus Wut oder Versehen? Das muss die Justiz abklären, diese
ermittelt wegen Tötung. Denn trotz sofortiger Wiederbelebungsversuche und
der raschen Intervention der Rettungsmannschaften konnte Paul Varry nicht
gerettet werden. Als wahres „Blutbad“ beschrieb ein Mitglied der Feuerwehr
der Zeitung Le Parisien den Unfallort.
## Symbol für verhinderte Verkehrswende
Der Hergang und die Umstände schockieren weit über die französische
Hauptstadt hinaus Radfahrer*innen. Sein Schicksal wird als „Ein toter
Radfahrer zu viel“ zu einem Symbol im Kampf gegen die Motorfahrzeuge und
deren uneinsichtigen Verteidiger*innen. In mehr als 200 Städten wurde
demonstriert, denn der Schutz der Radfahrer*innen ist nicht nur ein
Problem von Paris.
Der 27-jährige Paul Varry, dessen Bild auf unzähligen Kommentaren auf X
(vormals Twitter) zirkuliert, war ein aktives Mitglied des Verein
[3][„Paris en selle“] (Paris im Sattel). Marion Soulet, die Vizepräsidentin
dieses Vereins, der sich für mehr Radwege einsetzt, zeigte sich entsetzt
angesichts des Verhaltens des SUV-Fahrers: „Wir haben es da mit jemandem zu
tun, der sein [4][Fahrzeug wie eine Waffe einsetzt], es ist nicht
tolerierbar, dass so etwas geschieht.“
## Gebrochene Versprechen
Als noch 2023 die damalige Regierung von Premierministerin Elisabeth Borne
einen ehrgeizig klingenden „Vélo-Plan“ ankündigte, schöpften die Fans der
„Bicyclette“ und der Tour de France Hoffnung: Mit zwei Milliarden sollten
in den kommenden vier Jahren die Kommunen finanziell unterstützt werden, um
die Radfahrer im Verkehr auch außerhalb der Stadtzentren besser zu
schützen. Noch haben diese einen schweren Stand: Weniger als 5 Prozent der
Leute benutzen insgesamt ihr „Vélo“ für den täglichen Weg zur Arbeit, an
die Uni oder Freizeitorte. Das Regierungsprogramm sollte ein
umweltfreundlichere Trendwende bringen.
Heute sind diese offiziellen Versprechen so gut wie vergessen. Sparpolitik
ist angesagt und die Prioritäten der Regierung im derzeit [5][debattierten
Staatshaushalt] liegen nicht beim Radverkehr. Stattdessen nun also die neue
„Mission“, die so gut wie nichts kosten dürfte. Daraus kann eine Art
Ombudsstelle werden, die Empfehlungen für die Befriedung von Konflikten
abgeben soll.
23 Oct 2024
## LINKS
[1] /Autor-ueber-die-Kultur-des-Fahrradfahrens/!5952686
[2] /Parlamentswahlen-in-Frankreich/!6018321
[3] https://parisenselle.fr/
[4] /Nicht-erst-seit-Henstedt-Ulzburg/!5941975
[5] /Nationalversammlung-in-Frankreich/!6036982
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Mobilität
Verkehrssicherheit
Fahrrad
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Wir retten die Welt
Verkehrstote
Kolumne Der rechte Rand
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