# taz.de -- Proteste gegen Corona-Regeln in Berlin: Wahnsinnig verwirrend | |
> Am Samstag haben mehr als 1.000 Menschen gegen die Corona-Verordnung | |
> demonstriert. Rechtspopulisten und Verschwörer prägen das | |
> unübersichtliche Bild. | |
Bild: Demo und Gegen-Demo: Vor der Volksbühne kam es am Wochenende erneut zu P… | |
BERLIN dpa | Trotz der Lockerungen von Einschränkungen in der Corona-Krise | |
haben am Samstag in Berlin zahlreiche Menschen gegen die Verordnungen | |
demonstriert. Gegen Abend versammelten sich spontan laut Polizei etwa 1.200 | |
Menschen am Alexanderplatz zu einer nicht angemeldeten Zusammenkunft. Viele | |
Teilnehmer skandierten unter anderem „Freiheit“, „Widerstand“, | |
„Volksverräter“ und „Wir alle sind das Volk“. Einige bestiegen den Bru… | |
der Völkerfreundschaft. Aus der Menge wurden laut Polizei Flaschen auf | |
Beamte geworfen. Die Polizei setzte nach Beobachtungen eines dpa-Fotografen | |
Pfefferspray ein. 86 Personen wurden vorübergehend festgenommen. Es wurden | |
Strafverfahren unter anderem wegen tätlichen Angriffs auf | |
Vollstreckungsbeamte eingeleitet, erklärte die Polizei. | |
Unter den Demonstranten vor dem Reichstag und auf dem Rosa-Luxemburg-Platz | |
an der Volksbühne waren auch Verschwörungstheoretiker und Rechtspopulisten. | |
Am Brandenburger Tor war auf einem Plakat zu lesen: „Panik-Politik | |
stoppen“. | |
Am dicht gefüllten Alexanderplatz wiesen Polizisten die Demonstranten und | |
Zuschauer auf die Regelungen zur Eindämmung der Corona-Infektionen hin. Sie | |
forderten die Menschen auf, den Ort zu verlassen, da sich mehr als 50 Leute | |
auf dem Platz befanden, und einen Abstand von 1,50 Metern zueinander | |
einzuhalten. Ein Hubschrauber sendete Übersichtsaufnahmen aus der Luft. | |
Bei einer Demonstration vor dem Reichstagsgebäude hat die Polizei wegen der | |
Nichteinhaltung von Regeln zur Corona-Eindämmung 45 Menschen festgenommen. | |
Dabei ging es vor allem um die Feststellung der Personalien, weil trotz der | |
Ansage der Polizei zu viele Menschen auf dem Platz vor dem Reichstag waren | |
oder der Mindestabstand nicht eingehalten wurde. | |
Die Polizei habe in mehreren Lautsprecherdurchsagen darauf hingewiesen, | |
dass die [1][maximale Teilnehmerzahl von 50 Menschen] überschritten sei, | |
berichtete die Sprecherin. Dem sei nicht Folge geleistet worden, daher habe | |
die Polizei eingegriffen. Der Protest sei aber nicht aufgelöst worden. Die | |
Polizei überwachte die Kundgebung eigenen Angaben zufolge mit zunächst rund | |
hundert Einsatzkräften. Am vergangenen Mittwoch war bei einer Ansammlung | |
vor dem Reichstag ein ARD-Fernsehteam angegriffen worden. | |
## Polizei: „Vielfalt der Meinungen“ | |
Auf dem Rosa-Luxemburg-Platz an der Volksbühne und in der Umgebung waren | |
zahlreiche Kundgebungen angemeldet. Die Polizeisprecherin sprach von einer | |
„Vielfalt der Meinungen“. Die Kundgebungen hatten demnach Titel wie „Der | |
die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen“, „Grundgesetz statt | |
Corona-Wahnsinn“, „Hygiene-Zeitungsverteilung“, aber auch „Gegen | |
Rechtsextremismus“, „Kein Platz für Nazis“, „Gesundheit ohne Zucker“… | |
„Gemeinsames Beisammensein bei Sonnenschein“. | |
Laut der aktuellen Verordnung des Berliner Senats sind wegen der | |
Corona-Krise Versammlungen mit bis zu 50 Teilnehmenden gestattet, wenn sie | |
an einem festen Ort stattfinden. Es muss der Abstand von 1,50 Meter | |
eingehalten werden. Wenn man sich nicht an die Regeln hält, können die | |
Personalien aufgenommen werden und es kann zu Straf- und | |
Ordnungswidrigkeitsverfahren kommen. Die Polizei war eigenen Angaben | |
zufolge den Tag über mit 1.000 Beamten in der Stadt im Einsatz. | |
Seit einigen Wochen kommt es vor der Volksbühne immer wieder zu Protesten | |
von Gegnern der Eindämmungsverordnung. Am 1. Mai hatte die Polizei eine | |
sogenannte Hygiene-Demonstration schnell aufgelöst. Kurz danach wurde | |
einige Straßen weiter ein ZDF-Fernsehteam, das zuvor bei der Demonstration | |
gefilmt hatte, von einer Gruppe von etwa 15 vermummten Menschen brutal | |
angegriffen. Der Vorfall machte bundesweit Schlagzeilen. | |
Nach Angaben des Berliner Soziologen Simon Teune haben Teilnehmer von | |
[2][Protestveranstaltungen gegen Corona-Maßnahmen] nicht unbedingt einen | |
gemeinsamen politischen Hintergrund. „Die Veranstaltungen haben das | |
Potenzial, verschiedene Gruppen anzuziehen, die eine ganz unterschiedlich | |
motivierte Kritik haben“, sagte Teune. „Ich glaube aber, das Potenzial ist | |
beschränkt, weil klar wird, dass da sehr kuriose Gestalten unterwegs sind, | |
dass man es zum Teil mit extrem Rechten zu tun hat, die Journalisten | |
angreifen“, sagte der Protestforscher an der TU Berlin weiter. Das sei | |
nichts, was für eine Massenmobilisierung taugte. | |
Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Thüringens Ressortchef Georg | |
Maier (SPD), hat die Menschen dazu aufgerufen, bei Protesten gegen | |
Corona-Maßnahmen genau hinzuschauen, mit welchen [3][politischen Akteuren] | |
sie zusammen demonstrieren. „Bei einzelnen Versammlungen gibt es Versuche, | |
das zu instrumentalisieren. Das ist eine gängige Strategie von | |
Rechtsextremisten. Sie versuchen sich unter die Bürger zu mischen“, sagte | |
Maier am Freitag der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. | |
10 May 2020 | |
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