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# taz.de -- Proteste gegen Autobahnen in Berlin: Fahrbahnen zu Freibädern
> Die Proteste gegen den Weiterbau der A100 werden radikaler: „Sand im
> Getriebe“ hat für Samstag eine Massenblockade der Baustelle angekündigt.
Bild: Ende Gelände, das Schwesterbündnis von Sand im Getriebe, in Aktion
Berlin taz | Das dürfte eindrucksvolle Bilder geben: Hunderte Menschen in
weißen Maleranzügen rennen gleichzeitig auf die Baustelle der A100 zwischen
Neukölln und Treptow. Zwischen Planierrauben und Baggern machen es sich
Aktivist*innen auf halbfertig asphaltierten Fahrbahnen gemütlich,
stellen Planschbecken auf, rollen Yogamatten aus.
So jedenfalls sieht die Vision von Lou Winters aus, Sprecherin der Berliner
Gruppe „Sand im Getriebe“, wenn sie die für Samstag geplante „Massenakti…
zivilen Ungehorsams“ beschreibt. „Dieser Ort hat viel Potenzial, wenn man
die Bauarbeiten jetzt stoppt“, sagt die 23-jährige Schauspiel-Studentin.
„Man kann hier viele schöne Dinge machen: Wohnungen bauen, Parks anlegen –
auch ein Freibad wäre in der Baugrube denkbar.“
Die angekündigte Blockade des 16. Bauabschnitts der Stadtautobahn findet im
Rahmen eines bundesweiten Aktionstags für die sozial- und klimagerechte
Mobilitätswende statt. Parallel startet um 12 Uhr eine
[1][Fahrrad-Demonstration der Bürger*innen-Initiative „A100 stoppen“], zu
der auch Fridays for Future, Changing Cities und weitere Gruppen aufrufen.
Die Demoteilnehmer*innen wollen vom Platz der Luftbrücke kommend über
die A100 radeln und skaten, ab 14 Uhr soll es eine „Sit-in-Kundgebung“ an
den Treptowers/Elsenbrücke geben. Erklärtes Ziel beider Aktionen: den
Ausbau der A100 sowie aller Autobahn-Projekte in Deutschland stoppen.
Die Berliner Polizei erklärte auf taz-Anfrage, man kenne „den
Versammlungsaufruf der Gruppe ‚Sand im Getriebe‘ und bereite sich mit den
üblichen Einsatzplanungen und der damit einhergehenden Bewertung der
Gefährdungslage vor“. Einzelheiten zur taktischen Planung könnten aber
nicht verraten werden. Des weiteren sei eine Fahrraddemo mit 500
Teilnehmenden angemeldet sowie eine Kundgebung mit dem Titel „Mahnwache für
die Pressekonferenz gegen die A100“, für die der Anmeldende 50 Teilnehmende
erwartet.
## Klimaziele nicht mit Autobahn-Bau kompatibel
Hauptargument von Winters und ihren Mitstreiter*innen ist die
Klimakrise: Mit der aktuellen Verkehrspolitik von Bund und Land seien die
Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens, das die Erderwärmung auf 1,5 Grad
begrenzen will, nicht zu erreichen, erklärt Jassin Braun, ebenfalls
Aktivist bei Sand im Getriebe: „Bis 2030 sollen bundesweit 850 Kilometer
neue Autobahn gebaut werden. Gleichzeitig müssen aber die Emissionen im
Verkehrssektor 45 Prozent sinken!“
Die Politik verstoße mit dem Autobahn-Bau daher gegen von ihr selbst
unterzeichnete Verträge – und missachte die Rechte der jungen Generation,
die die Klimakatastrophe wird ausbaden müssen. „Ziviler Ungehorsam ist
darum legitim, wir brauchen einen radikalen Politikwechsel“, findet
Winters, die voriges Jahr auch bei den Waldbesetzungen im „Danni“ war und
dort gesehen hat, wie „zerstörerisch“ im wörtlichen Sinne Autobahnbau ist.
Diese Zerstörung fresse auch Berlin weiter auf, kritisieren die
Aktivist*innen. „Der Weiterbau der A100 bringt noch mehr Lärm und Abgase,
zerstört Wohnraum, Parks und Clubs wie das Aboutblank.“ Das viele Geld –
mit Kosten von rund 200.000 Euro pro Meter gilt die Stadtautobahn als
teuerste Straße Deutschlands – sei besser in mehr Radwege, einen
unfassenderen ÖPNV und günstige Wohnungen angelegt, zumal nur ein Drittel
der Berliner*innen überhaupt ein Auto habe, so Winters.
Mit ihrem Anti-Autobahn-Tag wollen die Aktivist*innen auch den Druck
auf den Senat erhöhen. „Das Thema muss im Wahlkampf eine Rolle spielen“,
findet Jassin Braun. Vor allem Grüne und Linke, die gegen den Weiterbau
seien, müssten sich gegen die SPD durchsetzen.
## Senat darf sich nicht drücken
Der Senat dürfe sich nicht wie bisher aus der Verantwortung ziehen mit dem
Argument, Autobahnen seien Bundessache. „Natürlich könnte er sagen, wir
stellen uns gegen die A100!“ Aber man habe ja, so Winters, schon „beim
Danni“ und der hessischen schwarz-grünen Landesregierung gesehen: „Nur weil
Grüne sich grün nennen, sind sie noch lange nicht grün!“
Mehr zum Thema Ziviler Ungehorsam in der Klimabewegung lesen Sie im
Berlin-Teil der Print-Ausgabe von taz.AmWochenende – im Abo oder bei Ihrem
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4 Jun 2021
## LINKS
[1] https://www.a100stoppen.de/rad-skater-demo-05-06-2021-a100stoppen/
## AUTOREN
Susanne Memarnia
## TAGS
Wochenkommentar
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A100
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Verkehrswende
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