# taz.de -- Karneval für Umwelt und Klimaschutz: Klima ist die neue Kultur | |
> Der „Karneval für die Zukunft“ zog am Samstag erstmals durch Neukölln. … | |
> könnte dem bisherigen Karneval der Kulturen durchaus Konkurrenz machen. | |
Bild: Neue Protestform, ob nachhaltig wird sich noch zeigen: der erste Karneval… | |
Berlin taz | Es ist selbst für Neukölln ein auffällig bunter Anblick: | |
Schmetterlinge, Füchse, und bunte Vögel bewegen sich tanzend zu | |
rhythmischen Trommelklängen die Sonnenallee hinunter. Dicht hinter den | |
Tänzer:innen folgt ein auf einem Anhänger montiertes Segelschiff, die | |
„Arche“. Neben ihr trägt jemand ein Schild, das deutlich macht, worum es | |
hier geht: „Seit den 70er Jahren haben Menschen 60% aller Tiere | |
ausgerottet.“ | |
Die Arche und ihre tierische Begleitung ist nur einer von rund 30 Gruppen, | |
die mit verschiedensten Wägen, Installationen und Performances beim | |
„Karneval für die Zukunft“ am Samstagnachmittag mit mehreren hundert | |
Teilnehmer:innen durch Neukölln ziehen. Der Karneval, der zum ersten | |
Mal in dieser Form stattfindet, wurde initiiert vom Neuköllner Kunstverein | |
Artistania. Der in diesem Jahr [1][ausgefallene Karneval der Kulturen] | |
könnte damit ernsthafte Konkurrenz bekommen: Die Organisator:innen | |
haben bereits angekündigt, dass sie auch im kommenden Jahr wieder einen | |
solchen Umzug machen wollen. | |
Mit dem Karneval wollen sie Menschen erreichen, die bisher nur wenige | |
Berührungspunkte mit Umweltaktivismus hatten. „Wir wollen andere Formen der | |
Sichtbarkeit finden“ erklärt Claire Chaulet von Artistania der taz. So | |
böten Demonstrationen bisher nur wenig Reiz für Familien und Kinder. Ein | |
Anliegen, was den Organisator:innen trotz des durchwachsenen Wetters | |
gelungen zu sein scheint. Passant:innen im geschäftigen Neukölln bleiben | |
stehen, filmen und lassen sich Flyer in die Hand drücken. Nicht wenige | |
Kinder schließen sich spontan den Tanzenden an. | |
Organisiert wurde der Karneval von einem Netzwerk aus überwiegend in | |
Neukölln ansässigen Gruppen, darunter viele klimapolitisch aktive Vereine, | |
aber auch Initiativen, Kunstkollektive. Die Arche etwa entstand aus einer | |
Kooperation vom Heimathafen Neukölln mit den [2][Aktivist:innen von | |
Extinction Rebellion]. Außerdem machen Bildungseinrichtungen wie die | |
Britzer Alfred Nobel Schule, die Kita Loupiot oder der Kinderzirkus | |
Cabuwazi mit. „Mit dem Karneval wollen wir auch verschiedene Akteure in | |
Neukölln zusammenbringen, die klimapolitisch, kulturell oder im | |
Bildungsbereich aktiv sind“, so Chaulet. | |
## Auch Omas „for Future“ | |
So sind auch die „Omas for Future“ mit einem Wagen beteiligt. Der sieht aus | |
wie ein kleiner Baum, an dem viele bunte Bänder hängen, die mit Forderungen | |
beschrieben sind, wie „Kohleausstieg jetzt“ oder „Massentierhaltung | |
stoppen“. „Wir wollen auch die 50 plus Generation für das Thema | |
sensibilisieren“, erklärt Sprecherin Angelika Mattke den Grund für ihre | |
Teilnahme. | |
Mit einer Installation, die wie eine wilde Mischung aus dem Tempelhofer | |
Flughafengebäude, einem Raumschiff und einer Blumenwiese aussieht, ist auch | |
die Kampagne „[3][Transformation Haus & Feld]“ vertreten. Erst vor zwei | |
Monaten haben die Aktivist:innen ihre Pläne vorgestellt, das alte | |
Flughafengebäude in ein Transformationszentrum zu verwandeln, indem | |
Lösungen für eine nachhaltige Zukunft erprobt werden können. | |
Für viele Gruppen ist der Karneval nach der langen pandemiebedingten Pause | |
eine der ersten Möglichkeiten, wieder direkt mit Menschen in den Austausch | |
zu treten. „Während Corona war nicht viel los, wir sind froh wieder aktiv | |
zu werden“, erklärt Anna Dittrich von der Initiative [4][Better World Cup], | |
die Einwegbecher durch ein Mehrwegsystem ersetzen will. | |
Das Thema Müllvermeidung wird dabei von den Karnevalist:innen nicht | |
nur inhaltlich, sondern auch praktisch angegangen: Die Kostüme und | |
Installationen bestehen dabei fast ausschließlich aus Müll und anderen | |
wiederverwerteten Materialien. Kunstvolle Hüte aus auseinander | |
geschnittenen Plastikflaschen, Umhänge aus Verpackungsfolie und tropische | |
Bäume mit Blättern aus grünen Einweg-Handschuhen. Sämtliche Wägen sind | |
unmotorisiert und werden auf Lastenrädern oder umfunktionierten | |
Autoanhängern die Route entlang geschoben. | |
Der Karneval verdeutlicht die Kreativität und den Tatendrang der Berliner | |
Zivilgesellschaft. Auch um die politische Wirkkraft gibt sich Chaulet | |
verhalten zuversichtlich: „Wenn Wissenschaftler:innen, | |
Aktivisten:innen und junge Menschen kein Gehör finden, vielleicht | |
schaffen es dann ja die Narren?“ | |
13 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Jonas Wahmkow | |
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