# taz.de -- Programm „Navigator für die Kindheit“: Einiges Russland, einig… | |
> Die russische Regierung will mit einem neuen Programm ihren Einfluss auf | |
> Kinder ausweiten. Doch das könnte nach hinten losgehen. | |
Bild: Freiheit für Nawalny fordern, protestieren, damit soll aus Sicht der Reg… | |
Russlands Bildungsminister Sergei Krawtsow sorgt sich um die Jugend. | |
Unlängst legte er dem Unterhaus (Duma), das fest in der Hand von | |
Abgeordneten der Kreml-treuen Partei „Einiges Russland“ ist, folgende Frage | |
vor: Was könne getan werden, um einen destruktiven Einfluss auf Kinder zu | |
unterbinden? | |
Als Antwort präsentierte er ein Programm namens „Navigator für die | |
Kindheit“, das 2022 landesweit starten soll. Es sieht vor, dass | |
zusätzliches pädagogisches Personal eingestellt werden soll, um den | |
Schuldirektor*innen bei ihren erzieherischen Aufgaben zur Hand zu | |
gehen. Derzeit finden Testläufe in zehn Regionen statt – interessanterweise | |
auch in Sewastopol, Hauptstadt der 2014 von Russland [1][völkerrechtswidrig | |
annektierten Halbinsel Krim]. | |
Schirmherrin der schulischen Extrabespaßung, für die die Erziehungsberater | |
immerhin einen monatlichen Extra-Obulus von umgerechnet 165 Euro bekommen, | |
ist die Russische Schüler*innen-Bewegung (RDSch). Sie wurde 2015 auf | |
Anordnung von Präsident Wladimir Putin gegründet, um „die Persönlichkeit | |
auf der Grundlage traditioneller Werte der russischen Gesellschaft zu | |
formen“. | |
Oberhäuptin der RDSch ist Irina Pleschewa, die profunde Vorkenntisse für | |
diesen Job mitbringt. Die 33-Jährige leitete die Jugendorganisation | |
„Naschi“ (die Unsrigen) – von Regierungskritikern auch „Putin-Jugend“ | |
genannt. Zur staatlich verordneten kreativen Freizeitgestaltung gehörten | |
auch Sommerlager mit militärischem Drill und ideologischer Unterweisung. | |
## Um Politik gehe es nicht | |
Doch das ist, glaubt man Pleschewa, vorbei. Nun gehe es darum, die | |
Kommunikation mit den Kindern zu verbessern. Dafür sollen sich die | |
Extrakräfte Aktivitäten ausdenken, Computer spielen etwa oder kontrollierte | |
Speisepläne für das Schulessen erstellen. Um Politik gehe es nicht, sagte | |
Pleschewa. | |
Dafür interessierten sich Jugendliche ohnehin nicht. Tatsache ist jedoch, | |
dass sich der Kreml für Politik interessiert. Kritische | |
Beobachter*innen halten die jüngste Initiative daher für einen | |
Versuch, junge Leute vom Demonstrieren ([2][zum Beispiel für den | |
inhaftierten Kremlkritiker Akexei Nawalny]) ab- und auf den „rechten Weg“ | |
zurückzubringen. Dieser Versuch könnte nach hinten losgehen – wie bei | |
„Naschi“. Die Organisation wurde 2013 aufgelöst, viele ehemalige Mitglieder | |
sympathisieren heute mit der Opposition. | |
11 Feb 2021 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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