| # taz.de -- Pro-kurdische Aktivisten in Haft: Türkei setzt Delegation fest | |
| > Mehrere ausländische Aktivisten, darunter drei aus Göttingen, waren am | |
| > Donnerstag in der Türkei festgenommen worden. Nun wurden sie abgeschoben. | |
| Bild: Wäre in der Türkei unterbunden worden: pro-kurdische Demonstration wie … | |
| Göttingen taz | Türkische Sicherheitskräfte haben am Donnerstag im Südosten | |
| des Landes [1][eine aus Kurden und Ausländern bestehende Beobachter- und | |
| Solidaritätsdelegation] festgesetzt. 15 der insgesamt 35 | |
| Delegationsmitglieder kommen den Angaben zufolge aus Deutschland, | |
| Frankreich und Italien. Unter den neun Deutschen seien drei Personen aus | |
| Göttingen, sagte Mako Qocgiri, ein Sprecher des kurdischen Vereins Civaka | |
| Azad, am Freitag der taz. | |
| Die Delegation war vom Jugendrat der Grünen Linkspartei Yeșil Sol Parti | |
| (YSP) eingeladen worden und bestand hauptsächlich aus Studierenden. Die | |
| Jugendlichen und jungen Erwachsenen wollten am Donnerstag bei einer von | |
| ihnen einberufenen Pressekonferenz in der Stadt Urfa eine Erklärung zu den | |
| jüngsten Angriffen der türkischen Armee gegen die kurdisch geprägten | |
| Autonomieregionen in Nord- und Ostsyrien verlesen. Die türkische Polizei | |
| verhinderte das und ging teils gewaltsam gegen die Gruppe vor. | |
| Ein auf X, vormals Twitter, verbreitetes Video zeigt Szenen des | |
| Handgemenges: Mehrere Mitglieder der Delegation werden dabei von den | |
| Beamten ruppig zu Boden gerissen und weggeschleift. Auch Schlagstöcke | |
| seien eingesetzt worden, heißt es in einer Mitteilung des in Berlin | |
| ansässigen kurdischen Vereins.Die türkischen Sicherheitskräfte hätten ihr | |
| Vorgehen mit einem Verbot der Pressekonferenz durch den Provinzgouverneur | |
| erklärt und darüber hinaus darauf verwiesen, dass Ausländern die Teilnahme | |
| an Pressekonferenzen und ähnlichem untersagt sei. | |
| Die übrigen Festgenommenen gehören den Angaben zufolge linken Parteien und | |
| Organisationen wie der YSP, der größten kurdischen Partei Demokratische | |
| Partei der Völker (HDP) sowie der Partei der demokratischen Regionen (DBP) | |
| an. | |
| ## In Abschiebehaft gehalten | |
| „Wir sind entsetzt über das Vorgehen der türkischen Polizei und besorgt um | |
| die Jugendlichen. Wir fordern die sofortige Freilassung und ihre | |
| uneingeschränkte Bewegungsfreiheit“, sagte Michaela Kirchner von der | |
| Initiative Defend Kurdistan Göttingen. „Protest gegen die | |
| völkerrechtswidrigen Angriffe der Türkei auf zivile Infrastruktur und die | |
| Menschen in Rojava ist legitim und das mindeste, was wir aus Solidarität | |
| tun müssen.“ | |
| In Göttingen hatten Mitglieder der Initiative und andere Aktivisten in | |
| den vergangenen Monaten immer wieder [2][gegen die Operationen der | |
| türkischen Armee in Rojava protestiert.] Das de facto autonome Gebiet im | |
| Nordosten von Syrien entstand 2016 und wird von einer Koalition aus | |
| kurdischen, assyrischen, arabischen und turkmenischen Organisationen | |
| geführt. | |
| Die internationale Gruppe war seit dem 7. Oktober in der Türkei unterwegs. | |
| Nach einem zweitägigen Aufenthalt in Istanbul reiste sie in die | |
| mehrheitlich von Kurden bewohnten Gebiete im Süden und Osten des Landes | |
| weiter. Auf dem Programm standen dabei Treffen vor allem mit verschiedenen | |
| kurdischen Organisationen, darunter auch dem kurdischen | |
| Journalistenverband. An diesem Sonntag wollte die Gruppe am Parteikongress | |
| der YSP in Ankara teilnehmen. Für Montag war die Abreise der Delegation | |
| geplant. | |
| Während die 20 kurdischen Teilnehmer am Freitag auf freien Fuß kamen – sie | |
| erwartet nun ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das türkische | |
| Versammlungsgesetz –, wurden die Ausländer in Abschiebehaft genommen. | |
| Nach Informationen der ARD wurden neun der Festgenommenen im Laufe des | |
| Wochenendes nach Hamburg geflogen. | |
| ## Polizei umstellt Büro der HDP | |
| Die Pressekonferenz in Urfa sollte vor einem Einkaufszentrum im Bezirk | |
| Xelîlî (Haliliye) stattfinden. Doch bis dorthin kam die Delegation erst gar | |
| nicht. Die Polizei umstellte das örtliche Büro der HDP und verhinderte, | |
| dass sich die dort versammelten Menschen in Bewegung setzen konnten. Als | |
| die Anwesenden dennoch das Gebäude verlassen wollten, drängte die Polizei | |
| die Beteiligten unter dem Einsatz von Tränengas zurück. Aktivisten der | |
| YSP hätten daraufhin die Parole [3][„Bijî Berxwedana Rojava“ („Es lebe … | |
| Widerstand von Rojava“)] skandiert, berichtete das Kurdische Zentrum | |
| weiter. | |
| Urfa ist die Hauptstadt der türkischen Provinz Şanlıurfa mit über zwei | |
| Millionen Einwohnern. Die Stadt ist mehrheitlich von Kurden bewohnt. | |
| Zeitlich zu der Pressekonferenz in Urfa sollte die Presseerklärung auch in | |
| neun anderen türkisch-kurdischen Städten verlesen werden. All diese | |
| Veranstaltungen wurden jedoch von den Behörden verboten und teils – wie in | |
| Urfa – von der Polizei gewaltsam aufgelöst. Zur Begründung hieß es, dass | |
| die geplanten Pressekonferenzen gegen die zuvor erteilten | |
| Versammlungsverbote verstoßen würden. | |
| Die Initiative Defend Kurdistan Göttingen wandte sich noch am Freitagabend | |
| mit einem offenen Brief an drei Göttinger Mitglieder des Bundestags – Fritz | |
| Güntzler (CDU), Konstantin Kuhle (FDP) und Jürgen Trittin (Grüne). Die | |
| Sprecherin Michaela Kirchner kritisiert darin den brutalen Umgang der | |
| Polizei mit den Studierenden. „Die festgenommenen jungen Menschen hatten | |
| stundenlang ihre Hände auf dem Rücken gefesselt“, heißt es in dem Brief. | |
| Und weiter: „Das türkische Regime muss sofort die völkerrechtswidrigen | |
| Angriffe auf die Selbstverwaltungsgebiete in Nord-Ost-Syrien einstellen.“ | |
| Das Ziel der Angriffe sei neben der Tötung von Bewohnern auch die gezielte | |
| Zerstörung ziviler Infrastruktur, um eine gesellschaftliche Katastrophe in | |
| den multi-ethnischen und multi-religiösen Gebieten herbeizuführen. | |
| Dieser Artikel wurde aktualisiert am 15.10.23 um 17:19 Uhr. | |
| In einer früheren Version dieses Artikels wurde fälschlicherweise | |
| berichtet, dass der aus Osterholz-Scharmbeck bei Bremen stammende | |
| [4][Linkenpolitiker Mizgin Ciftci] ebenfalls festgenommen wurde. Er war nie | |
| Teil dieser Delegation und befindet sich in Freiheit. Die entsprechende | |
| Passage wurde nachträglich gestrichen. | |
| 13 Oct 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Reimar Paul | |
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