# taz.de -- Pro Asyl-Mitbegründer über „Sea-Watch“: „Ein Schiff wird zu… | |
> Nicht die Seenotrettung ist ein Verbrechen, sondern das Sterbenlassen, | |
> sagt Günter Burkhardt von Pro Asyl. Er fordert mehr Druck auf Italien. | |
Bild: Nach gut zwei Wochen auf dem Meer wurde das Ausharren auf der „Sea-Watc… | |
taz: Herr Burkhardt, hat Sie die [1][Verhaftung von Kapitänin Carola | |
Rackete] überrascht? | |
Günter Burkhardt: Nein. Mit der Festnahme will Italiens Innenminister | |
Salvini ein Exempel statuieren. Sein Ziel ist es, generell Schiffe davon | |
abzuhalten, Menschen aus Seenot zu retten. Wenn jetzt Kapitäne verhaftet | |
und Schiffe beschlagnahmt werden, trifft das die Existenz vor allem von | |
Handelsschiffen, die jetzt schon wegschauen, wenn Menschen ertrinken. Die | |
Eskalation wurde bewusst von Salvini hervorgerufen, um den Diskurs nach | |
rechts zu verschieben. Ich hoffe, dass in Italien unabhängige Richter und | |
Staatsanwälte diesem erbärmlichen Verhalten Einhalt gebieten. Nicht die | |
Seenotrettung ist ein Verbrechen, sondern das Sterbenlassen. | |
Ist die Festnahme überhaupt rechtlich gedeckt? | |
Das sehe ich nicht. Das Seerechtsübereinkommen verpflichtet jeden Kapitän, | |
zu retten. Wenn Menschen nicht an Land dürfen, wird ein Schiff zum | |
Gefängnis. Das Engagement der privaten Retter ist herausragend, aber | |
Seenotrettung ist eine staatliche Aufgabe. | |
Die „Sea-Watch“ schipperte [2][gut zwei Wochen] auf dem Mittelmeer, kein | |
europäisches Land wollte die Geretteten aufnehmen. Rackete blieb doch | |
nichts anderes übrig, als an Land zu gehen. | |
Die Staaten Europas haben die Kapitänin in eine Notlage gebracht. Es war | |
absehbar, dass sich die Zustände an Bord zuspitzen würden. Auf dem Schiff | |
befanden sich 42 Migranten. Es ist lächerlich und nur politisch zu | |
erklären, dass es so weit kommen konnte, zumal sich in Deutschland 60 | |
Kommunen bereit erklärt haben, die Asylsuchenden aufzunehmen. | |
Privatleute retten Menschen in Seenot und starten Spendenaufrufe. Ist das | |
nicht Aufgabe der Politik? | |
Natürlich. Wir fordern eine staatliche Seenotrettung. Gerettete müssen aus | |
den Grenzstaaten der EU auch ausreisen dürfen. Seehofer und andere | |
Innenminister wollen keinen Mechanismus dafür etablieren. Es geht auch | |
nicht nur um die „Sea-Watch“. Was ist mit den Menschen, die in den Hotspots | |
und Haftlagern auf Lampedusa oder Lesbos am Rande Europas einsitzen? Ihr | |
Schicksal scheint nicht mehr zu interessieren. | |
Was fordern Sie von der Bundesregierung? | |
Erst mal Druck auf Italien, Malta und andere Grenzstaaten, dass Boote an | |
Land dürfen. Außerdem müssen die Interessen der Flüchtlinge bei der Suche | |
nach einem aufnahmebereiten EU-Land berücksichtigt werden. Es ist die | |
rechtliche Verpflichtung Europas, Menschen, deren Leib und Leben gefährdet | |
ist, zu schützen. Aktuell hat man aber den Eindruck, es handele sich um | |
einen Akt der politischen Großzügigkeit. | |
30 Jun 2019 | |
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## AUTOREN | |
Jana Lapper | |
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