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# taz.de -- Gastkommentar „Sea-Watch 3“: Eine selbstgerechte Diskussion
> In Deutschland wird Kapitänin Carola Rackete wie eine Superheldin
> gefeiert. Doch die Diskussion ist ziemlich selbstgerecht.
Bild: „Sea-Watch 3“-Kapitänin Carola Rackete wird in Italien abgeführt
Auf Facebook, Twitter und in Leitartikeln werden Superhelden-Schlachten
ausgetragen: [1][Carola Rackete, Kapitänin der Herzen], im Kampf gegen den
Hulk Matteo Salvini. Dazwischen die Migranten, kostbar sowohl für die eine
als auch für den anderen.
Der Hulk treibt sein Unwesen nur in Italien, nicht auf Malta oder in
Tunesien, wohin die „Sea-Watch 3“ ihre 53 im Mittelmeer geretteten
Migranten auch hätte bringen können. Aber das hätte dann keiner gemerkt:
Außenminister Maas hätte nicht getwittert, Staatspräsident Steinmeier nicht
gemahnt und das Spendenkonto wäre auch nicht übergelaufen. Salvini wiederum
braucht die „Sea-Watch“ ebenso dringend wie sie ihn, am liebsten zwei Mal
täglich: Dank des Medienspektakels um die „Sea-Watch“ fällt niemandem auf,
dass Salvini eigentlich regieren müsste, statt Sprüche zu klopfen.
Italien hat seit Jahrzehnten die Erstaufnahme der Migranten in Europa zu
bewältigen, mit Seenotrettung, Gesundheitschecks und Screenings. Und Europa
tut alles dafür, um Salvini die nötige Schützenhilfe zu geben: Alle berufen
sich auf die Dublin-Verordnung, der zufolge ein Flüchtling in jenem Staat
um Asyl bitten muss, in dem er den EU-Raum erstmals betreten hat. Und
Italien zieht den Kürzeren.
Dass die „Sea-Watch“ beim [2][Durchbrechen der Blockade] von Lampedusa in
Kauf nahm, das Motorboot der italienischen Zoll- und Steuerpolizei zu
rammen, kommentierte Staatsanwalt Luigi Patronaggio, der die Ermittlungen
leitet: „Humanitäre Gründe rechtfertigen es nicht, dass das Leben von
Offizieren aufs Spiel gesetzt wird, die auf See für die Sicherheit aller
arbeiten“, sagte er – der gewiss nicht verdächtigt werden kann, ein
Anhänger Salvinis zu sein: Er war es, der im Fall des festgesetzten
Flüchtlingsschiffs „Diciotti“ gegen Salvini ein Ermittlungsverfahren wegen
Amtsmissbrauchs und Freiheitsberaubung eingeleitet hat.
Wieder mal hat Deutschland Noten verteilt. Und wieder mal ist Italien
durchgefallen. Etwas weniger Selbstgerechtigkeit würde Deutschland und
Europa guttun.
1 Jul 2019
## LINKS
[1] /Sea-Watch-Kapitaenin-festgenommen/!5608445
[2] /Sea-Watch-3-legt-in-Lampedusa-an/!5608417
## AUTOREN
Petra Reski
## TAGS
Sea-Watch
Seenotrettung
Italien
Matteo Salvini
Schwerpunkt Mordfall Walter Lübcke
Schwerpunkt Flucht
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Rechtsruck
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