# taz.de -- Pläne in der ARD: Weniger Politmagazin, mehr Doku | |
> Die ARD will digitaler werden und dafür in Teilen ihre Programme | |
> umstellen. Dafür sollen Politmagazine an Sendezeit verlieren. | |
Bild: Redaktionsleiter Georg Restle hält wenig von den kürzeren Sendezeiten | |
In der ARD gibt es offenbar Überlegungen, die Sendezeit von Politmagazinen | |
wie „Kontraste“, „Monitor“ und „Panorama“ zu reduzieren. Das ist de… | |
aus Kreisen dieser Magazine bestätigt worden. Zuerst hatte das Magazin | |
„Übermedien“ am Montag über entsprechende Gespräche in der ARD-Führung | |
berichtet. „Kontraste“, „Monitor“ und „Panorama“ könnten jeweils ab | |
kommendem Jahr statt bisher 15-mal nur noch 11-mal regulär senden. | |
Im Tausch für die wegfallenden vier Sendungen sollen die Redaktionen | |
stattdessen je zwei Langformen liefern. Im Gespräch sind offenbar | |
halbstündige Reportagen oder Dokuformate. Darüber sind die | |
Programmdirektion, die Chefredaktion und die Intendant*innen seit | |
einiger Zeit im Gespräch, wie die taz von Quellen im Umfeld der Magazine | |
erfahren hat. | |
Die ARD bestätigt das auf Anfrage nicht. Ein Sprecher sagt: „Die ARD | |
befindet sich derzeit in intensiven Beratungen zum digitalen Umbau der | |
Gemeinschaftsprogramme Das Erste und der ARD Mediathek. Es ist das | |
Bestreben, die Informationsangebote in allen Ausspielwegen zu schärfen und | |
zu stärken und damit die Informationskompetenz in der ARD insgesamt zu | |
stärken.“ Und: „Die Politikmagazine gehören zur DNA der ARD.“ | |
Die Politmagazine gelten als Beispiel für besonders kritische politische | |
Berichterstattung im Senderverbund ARD. Das vom NDR produzierte | |
„[1][Panorama“ ist gerade 60 Jahre alt geworden]. Die drei Magazine | |
„Kontraste“ vom RBB, „Panorama“ vom NDR und „Monitor“ vom WDR zum B… | |
die im Wechsel am Donnerstagabend im Ersten laufen, sehen dort im | |
Durchschnitt 3 Millionen Menschen. | |
Hintergrund der Überlegungen ist vorgeblich, dass die Magazine, mit ihren | |
vergleichsweise kurzen Beiträgen, in der Mediathek schlechter | |
funktionierten als längere Formate. Die ARD sagt, es gehe darum, die Themen | |
und Inhalte der Politmagazine auch in der Mediathek nach vorne stellen zu | |
können. „Der dokumentarische Bereich soll in der Mediathek ausgebaut und | |
für die Primetime des Ersten gestärkt werden.“ | |
## ARD-Mediathek soll attraktiver werden | |
„Monitor“-Redaktionsleiter Georg Restle (WDR) befürchtet den gegenteiligen | |
Effekt. Restle schrieb am Dienstag auf Twitter: „Sollten Frau Strobl, die | |
ARD-Intendant:innen oder andere tatsächlich planen, die Zahl der | |
Politikmagazine um 30 Prozent zu kürzen, wäre dies ein Angriff auf | |
regelmäßige regierungskritische investigative Berichterstattung. Sähe so | |
die ARD-Antwort auf die Info-Offensive der Privaten aus?“ | |
[2][Christine Strobl] ist seit Mai die neue Programmdirektorin der ARD. | |
Strobl will die Mediathek stärken und attraktiver machen. Bisher war die | |
Mediathek eher Nebenprodukt des linearen Fernsehens, aber spätestens nach | |
dem Coronajahr 2020, in dem die Zugriffe auf Onlinemedien gestiegen sind, | |
soll das öffentlich-rechtliche Fernsehen auf Abruf mehr Aufmerksamkeit | |
bekommen. Schon seit Anfang 2020 ist der stellvertretende | |
ARD-Programmdirektor deshalb zugleich auch Chef der Mediathek. | |
Dass sich nun also das lineare Sendeprogramm mal nach der Logik der | |
Mediathek richten soll statt andersherum, kann man als Fortschritt | |
begreifen. Allerdings ist nicht klar, ob Magazinformate per se schlecht auf | |
Mediatheken funktionieren oder ob das daran liegt, dass sie dort bisher | |
kaum prominent ausgespielt werden. Wer sich für diese Sendungen oder | |
einzelne Beiträge daraus interessiert, muss gezielt suchen. | |
Zudem könnte die Umstellung zulasten der Freiheit und Flexibilität der | |
Magazine gehen. Bisher entscheiden die Redaktionen selbst, ob sie ihre | |
Sendezeit mit kürzeren Beiträgen oder einem längeren bespielen, je nach | |
Ereignislage. Künftig wäre das von oben vorgegeben. Wer nur noch 11-mal im | |
Jahr Magazine mit kürzeren Beiträgen sendet, kann weniger gut auf aktuelle | |
Ereignisse reagieren. | |
Längere Formen, gerade Reportagen, müssen vorgeplant werden. So könnte die | |
Umstellung die Redaktionen schwerfällig machen. Falls die Programmdirektion | |
obendrein künftig die Themenplanung von München aus koordinieren würde, | |
Themen also vorgeben sollte, wäre das sogar ein Eingriff in die Autonomie | |
dieser Redaktionen. | |
30 Jun 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Panorama-wird-60/!5771977 | |
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## AUTOREN | |
Peter Weissenburger | |
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