# taz.de -- Parlamentswahl in Frankreich: Schwerer Rückschlag für Macron | |
> Frankreichs Präsident verliert mit seinem Mitte-Lager die absolute | |
> Mehrheit. Er muss sich nun bei anderen Parteien Unterstützung suchen. | |
Bild: Le Touquet: Macron verlässt am Sonntag die Wahlkabine | |
PARIS taz | [1][Frankreichs wiedergewählter Präsident Emmanuel Macron] | |
verfehlt laut Hochrechnungen klar die absolute Mehrheit in der | |
Nationalversammlung. Ersten Schätzungen zufolge erhält Macrons Allianz | |
„Ensemble!“ zwischen 220 und 235 von 577 Sitzen. Eine unerwartet schwere | |
Schlappe für die bisherige Regierungskoalition. Die absolute Mehrheit von | |
289 Sitzen, die sie zu erreichen gehofft hatte, scheint unerreichbar. Das | |
Ergebnis zwingt die bisherige Regierungsmehrheit zum Verhandeln – | |
beispielsweise mit den Konservativen. | |
Die großen Gewinner der Stichwahlen sind die Oppositionsparteien von ganz | |
links und ganz rechts. [2][Die Wahlallianz NUPES] (Neue Ökologische und | |
Soziale Volksunion) darf jubeln. Das linke Bündnis kann in der neuen | |
Nationalversammlung mit 150 bis 190 Sitzen rechnen. Die Einheit der | |
Linksparteien La France insoumise (LFI), Sozialisten (PS), Kommunisten | |
(PCF) und Grünen (EELV) hat sich für sie eindeutig ausgezahlt. Allerdings | |
verpasst sie ihr Maximalziel eigene Mehrheit, die den Staatschef Emmanuel | |
Macron zwingen würde, NUPES-Chef Jean-Luc Mélenchon als Premierminister mit | |
der Regierungsbildung zu beauftragen. | |
Grund zum Feiern hat auch die (als Abgeordnete wiedergewählte) | |
Rechtspopulistin Marine Le Pen und ihr [3][Rassemblement national (RN)]. | |
Zum ersten Mal seit 1986 zieht die extreme Rechte in Fraktionsstärke in die | |
Nationalversammlung ein. Statt nur 8 wie 2017 wird diese RN-Fraktion laut | |
Schätzungen 80 bis 95 Sessel im Palais Bourbon besetzen. Weder das | |
französische Mehrheitswahlsystem, das kleinere Parteien ohne Allianzen | |
benachteiligt, noch die sonst üblichen Absprachen der Gegner gegen die | |
extreme Rechte konnten dieses Mal den Durchbruch verhindern. | |
RN-Interimsparteichef Jordan Bardella triumphierte im Fernsehen: Das | |
Ergebnis müsse die anderen Parteien Demut lehren. | |
Besonders schmerzhaft für Macrons „Ensemble!“ sind die Niederlagen von | |
Vertrauten des Präsidenten. Ihre Stichwahlen verloren haben unter anderem | |
der bisherige Vorsitzende der Nationalversammlung, Richard Ferrand, sowie | |
Ex-Innenminister Christophe Castaner. Mehrere der insgesamt 15 | |
kandidierenden Regierungsmitglieder, unter ihnen die Gesundheitsministerin | |
Brigitte Bourguignon, Ministerin für Umweltplanung Amélie de Montchalin, | |
und die Staatssekretärin für das Meer, Justine Benin, konnten sich | |
ebenfalls nicht durchsetzen. Sie müssen deswegen ihren Rücktritt aus der | |
Regierung einreichen. | |
Die Konservativen von Les Républicains (LR) und ihre zentrumsdemokratischen | |
Alliierten (UDI) haben rund ein Drittel ihrer bisherigen Sitze verloren. | |
Doch die Kräfteverhältnisse nach dem Wahlausgang ermöglichen es ihnen, | |
zwischen dem geschwächten Regierungslager und der erstarkten linken | |
Opposition Zünglein an der Waage zu sein oder gar die Bildung einer neuen | |
Mitte-rechts-Koalition zu ermöglichen. Schon jetzt ist klar, dass die | |
zukünftige LR/UDI-Fraktion jede politische Kooperation teuer verkaufen | |
will. | |
19 Jun 2022 | |
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## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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