# taz.de -- Parlament stimmt gegen Berlusconi: Der Cavaliere fliegt aus dem Sen… | |
> „Ein Tag der Trauer für die Demokratie“, sagt Silvio Berlusconi. Der | |
> verurteilte ehemalige Regierungschef verliert sein Senatorenmandat. | |
Bild: Der Gesichtsausdruck zum Ausschluss: Silvio Berlusconi. | |
ROM dpa | Silvio Berlusconi appellierte, drohte, forderte und schimpfte – | |
doch dieses Mal nützten alle Tricks und Kniffe nichts. Trotz der | |
Rettungsversuche und Verzögerungstaktiken hat ihm der italienische Senat am | |
Mittwoch sein Mandat entzogen. Das Votum könnte das Ende der politischen | |
Karriere des dreimaligen Regierungschefs besiegeln. Er verliert sein | |
wichtigstes öffentliches Amt und darf zumindest für sechs weitere Jahre für | |
kein neues Amt kandidierten. Es ist der Tiefpunkt eines desaströsen Jahres | |
für Silvio Berlusconi. | |
Für Berlusconi selbst ist es nach wie vor ein Skandal, dass er überhaupt | |
wegen Steuerbetrugs verurteilt wurde, Sozialdienst leisten soll und nun | |
auch noch sein wichtigstes öffentliches Amt verliert. „Heute ist ein | |
bitterer Tag und ein Tag der Trauer für die Demokratie“, sagte er noch vor | |
der Entscheidung. Bei der Abstimmung selbst war Berlusconi nicht anwesend – | |
wohl um einer weiteren Demütigung zu entgehen. Sein Rauswurf aus dem | |
Parlament ist für den 77-Jährigen das vorläufige Ende einer politischen Ära | |
in Italien. | |
Es ist der bisherige Tiefpunkt eines schlimmen Jahres für den | |
Mitte-Rechts-Politiker. Konnte der Medienmogul in seinen unzähligen | |
Prozessen zuvor seinen Kopf immer irgendwie aus der Schlinge ziehen, gibt | |
es dieses Mal kein Hintertürchen mehr, das Votum ist endgültig. Zuvor | |
musste er im Laufe des Jahres gleich mehrere Tiefschläge einstecken. Neben | |
der ersten rechtskräftigen Verurteilung wegen Steuerbetrugs zählt dazu auch | |
die Verurteilung im „Ruby“-Prozess um Sex mit minderjährigen Prostituierten | |
zu sieben Jahren Haft. | |
Und das Ende des Unheils ist damit noch lange nicht erreicht: Der oberste | |
italienische Gerichtshof muss zusätzlich über ein Ämterverbot für ihn | |
entscheiden, dazu geht der „Ruby“-Prozess in die nächste Instanz. Im | |
Februar beginnt zudem ein neuer Prozess gegen Berlusconi wegen angeblicher | |
Bestechung eines Senators. Hinzu kommt: Mit dem Senatsausschluss hat | |
Berlusconi auch keine Immunität mehr. | |
## Nicht mehr auf Berlusconi angewiesen | |
Auch politisch hat der frühere Regierungschef an Einfluss verloren: Seine | |
Trumpfkarte – die Drohung, bei seinem politischen Fall die Regierung mit in | |
den Abgrund zu reißen – zieht nicht mehr, nachdem seine Partei Volk der | |
Freiheit (PdL) zerbrochen ist. Eine Gruppe um Innenminister Angelino Alfano | |
wollte Berlusconis Kurs nicht mittragen und ließ ihn mit dem Versuch | |
scheitern, Regierungschef Enrico Letta bei einer Vertrauensabstimmung zu | |
stürzen. | |
Die neu gegründete Partei Alfanos sichert Letta die Mehrheit im Parlament, | |
der Regierungschef ist nicht mehr auf Berlusconi und seine Gefolgsleute | |
angewiesen. Nachdem seine Regierung am Dienstagabend trotz des vorherigen | |
Ausstiegs von Berlusconis Partei aus der Koalition eine Abstimmung zum Etat | |
gewonnen hatte, kündigte Letta an, das Ergebnis gebe dem Bündnis „Stärke, | |
Einigkeit und Perspektiven“. | |
Doch Berlusconi ist zäh und hartnäckig, ans Aufgeben denkt er noch lange | |
nicht. „Auch außerhalb des Parlaments kann man immer noch kämpfen, für die | |
Freiheit einstehen“, sagte er. Beobachter trauen ihm zu, auch ohne | |
Parlamentariermandat weiter eine wichtige Rolle in seiner Partei zu spielen | |
und die Gefolgsleute nach seinem Willen zu leiten. | |
27 Nov 2013 | |
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nicht. |