# taz.de -- Opposition in Weissrussland: Haftstrafen für Lukaschenko-Gegner | |
> Drei Teilnehmer an den Dezember-Protesten gegen Staatschef Lukaschenko | |
> müssen wegen "Aufstachelung zum Massenaufruhr" für Jahre hinter Gitter. | |
Bild: Demonstranten gehen gegen die gefälschte Wiederwahl von Lukaschenko auf … | |
BERLIN taz | In Weißrussland sind erneut drei Teilnehmer der Proteste vom | |
19. Dezember 2010 gegen die gefälschte Wiederwahl von Staatspräsident | |
Alexander Lukaschenko wegen "Aufstachelung zu Massenaufruhr" zu | |
mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Der Journalist und | |
Pressesprecher eines oppositionellen Präsidentschaftskandidaten, Alexander | |
Otroschenkow, muss für vier Jahre ins Gefängnis. Die beiden Demonstranten | |
Dmitri Nowik und Alexander Molchanow erwartet dreieinhalb bzw. drei Jahre | |
Straflager. | |
Nach den Wahlen, die Lukaschenko offiziellen Angaben zufolge mit rund 80 | |
Prozent der Stimmen gewonnen hatte, waren am Abend des 19. Dezember | |
Zehntausende in Minsk auf die Straße gegangen. Die Polizei ging brutal | |
gegen die Demonstranten vor, rund 600 Personen wurden festgenommen. 40 - | |
darunter vier Präsidentschaftskandidaten - warten derzeit im Gefängnis auf | |
ihren Prozess. | |
Otroschenko war unter anderem vorgeworfen worden, an dem Versuch, ein | |
Regierungsgebäude zu stürmen, beteiligt gewesen zu sein. Molchanow soll | |
zwei weißrussische Staatsflaggen von einem Gebäude des Geheimdienstes KGB | |
entfernt haben. Angaben von Menschenrechtlern und Anwälten zufolge hätten | |
jedoch weder Aussagen von Polizisten und KGB-Mitarbeitern noch ein Video | |
über die Proteste die Schuld der drei Männer bewiesen. | |
Dasselbe Video hatte die Anklage auch im ersten Prozess gegen einen | |
Demonstranten im Februar bemüht, was zu einer vierjährigen Haftstrafe | |
führte. Harry Pogonjailo vom weißrussischen Helsinki-Komitee sprach am | |
Mittwoch von einem politisch motivierten Verfahren mit dem Ziel, die | |
Opposition unter Druck zu setzen. | |
Dabei schreckt das Regime auch vor Folter nicht zurück. So berichtete der | |
Präsidentschaftkandidat Ales Michalewitsch, der Ende Februar auf freien Fuß | |
gesetzt worden war, dass er im KGB-Gefängnis stundenlang nackt in der Kälte | |
ausharren musste und mit Handschellen gefesselt über den Korridor | |
geschleift wurde. Er will sich jetzt an das UN-Anti-Folter-Komitee wenden. | |
4 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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