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# taz.de -- Opposition in Russland: Noch muss Nawalny nicht ins Lager
> Der Hausarrest gegen den Blogger wird um weitere sechs Monate verlängert.
> Der Kämpfer gegen Korruption steht derzeit ohnehin ständig vor Gericht.
Bild: Weitere sechs Monate unter Hausarrest: Alexej Nawalny.
MOSKAU taz | Noch muss Russlands bekanntester Oppositioneller nicht ins
Straflager. Ein Moskauer Gericht lehnte den Antrag der Staatsanwaltschaft
am Donnerstag ab. Sie hatte verlangt, die im Juli 2013 verhängte
Bewährungsstrafe auszusetzen und Alexej Nawalnij wieder in Haft zu nehmen.
Im Sommer war der Antikorruptionskämpfer wegen vermeintlichen Betrugs im
sogenannten Casus „Kirowles“ zu einer fünfjährigen Lagerstrafe verurteilt
worden, wurde aber sofort auf freien Fuß gesetzt. Im September konnte er
noch an den Moskauer Bürgermeisterwahlen teilnehmen, wo er einen
Achtungserfolg erzielte.
Die Staatsanwaltschaft sah es als erwiesen an, dass sich der Blogger nicht
an Auflagen halte, die ihm den Kontakt mit der Öffentlichkeit und die
Nutzung des Internets verbieten. Das Gericht verlängerte stattdessen den
Hausarrest auf sechs Monate.
Nawalny steht zurzeit erneut wegen eines besonders schweren Betrugsfalles
in der Sache „Yves Rocher“ vor Gericht. Zusammen mit seinem Bruder soll er
Gelder in Höhe von mehr als einer halben Million Euro veruntreut haben.
Beide streiten die Anklage ab. Auch bei diesem Prozess handelt es sich wohl
um einen Versuch, Putingegner mundtot zu machen.
## Wegen Verleumndung vor Gericht
In den letzten Tagen ging es Schlag auf Schlag. Am Dienstag hatte sich
Nawalny bereits vor Gericht wegen Verleumdung zu verantworten. Kläger war
ein gewisser Alexej Lisenko, Abgeordneter eines Moskauer Bezirksparlaments,
der in Nawalnys Twitterdienst als „irgendein drogenabhängiger Deputierter“
bezeichnet worden war.
Dem war eine Anzeige des Abgeordneten der Kremlpartei „Einiges Russland“
vorausgegangen, in der er Nawalny vorwarf, gegen Haftauflagen zu verstoßen.
Lisenko war der Auffassung, Nawalny führe sein Twitter noch persönlich.
Nawalny hatte vorher darauf hingewiesen, dass seine Frau und Mitarbeiter
des Antikorruptionsfonds die Arbeit übernommen hätten.
Mit dem Portal „Rospil“, das die Korruption im Staatsapparat untersucht,
brachte Nawalny die herrschende Elite noch vor den gefälschten Dumawahlen
im Winter 2011 in Bedrängnis. Das Gericht verurteilte Nawalny unterdessen
zu einer Geldstrafe von umgerechnet 6000 Euro wegen übler Nachrede. Die
Verteidigung kündigte an, in Revision zu gehen.
Anderthalb Stunden vor Beginn der Verhandlung im Casus „Yves Rocher“ fand
im Gericht Lublino im Moskauer Umland noch ein Verfahren statt. Der
stellvertretende Dumavorsitzende Sergej Newerow klagte diesmal wegen übler
Nachrede gegen Nawalny. Dessen Portal hatte im vergangenen Jahr behauptet,
der Abgeordnete der Kremlpartei hätte 2012 seinen Immobilienbesitz nicht -
wie vorgeschrieben – vollständig in der Vermögenserklärung ausgewiesen. Es
drehte sich um drei Grundstücke in exklusiver Umgebung der Hauptstadt. Laut
Nawalny seien alle Liegenschaften von dem Ex-Bergmann Newerow erworben
worden. Dieser gibt jedoch vor, die Immobilien seien im Besitz anderer
Familienmitglieder.
Kann ein Kohlekumpel in so kurzer Zeit so viel Geld verdienen, fragte
Nawalny im Gericht. Die für Vermögensfragen zuständige
Untersuchungskommission der Duma hatte vorher bereits keine
Unregelmäßigkeiten feststellen können. Dem folgte auch das Gericht, das den
Blogger dazu verpflichtete, eine Entschuldigung und Klarstellung zu
veröffentlichen. Mit anderen Worten: es forderte ihn dazu auf, gegen die
Arrestauflagen zu verstoßen.
25 Apr 2014
## AUTOREN
Klaus-Helge Donath
## TAGS
Russland
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