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# taz.de -- Pussy-Riot in Russland: Putin muss weg
> Die aus der Haft entlassenen Punk-Musikerinnen verlangen weiter ein Ende
> der Putin-Herrschaft. Sie wollen sich für einen humaneren Strafvollzug
> einsetzen.
Bild: Die beiden Pussy-Riot-Aktivistinnen Maria Alechina (l.) und Nadeschda Tol…
BERLIN taz | Die zwei Aktivistinnen der russischen Frauen-Punkband Pussy
Riot, Nadeschda Tolokonnikowa und Maria Alechina, wollen sich künftig für
einen humaneren Strafvollzug einsetzen. Das kündigten die beiden Frauen am
Freitag bei einer Pressekonferenz in Moskau an. „In den Straflagern gibt es
Menschen, die sich am Randes des Todes befinden“, sagte die 25-jährige
Alechina.
Für ihre geplante Nichtregierungsorganisation „Rechtszone“ gebe es noch
keine Finanzierung, es sei aber eine Zusammenarbeit mit dem oppositionellen
Blogger Alexej Nawalny geplant. Dieser hatte im vergangenen September
erfolglos für den Posten des Moskauer Bürgermeisters kandidiert. Den
kürzlich freigelassenen Ex-Ölmagnaten Michail Chodorkowski wolle man nicht
um finanzielle Unterstützung bitten. Auf die Frage nach ihrer Haltung zu
Russlands Präsidenten Wladimir Putin sagte die 24-jährige Tolokonnikowa,
diese habe sich nicht geändert. „Wir wollen weiter, dass er geht.“
Die beiden Musikerinnen, die beide ein kleines Kind haben, waren im Februar
2012 nach einer Protestaktion gegen Putin in der Moskauer
Christi-Erlöser-Kathedrale festgenommen und wegen Rowdytums aus Hass auf
Gläubige angeklagt worden. Im August 2012 waren sie zu zwei Jahren
Lagerhaft verurteilt worden. Der Urteilsspruch löste internationale
Proteste aus. Die Haftstrafe für ein weiteres Mitglied von Pussy Riot,
Jekaterina Samuzewitsch, setzte ein Moskauer Berufungsgericht im Oktober
2012 zur Bewährung aus.
Während Alechina in Nischni Nowgorod, rund 450 Kilometer von Moskau,
einsaß, war Tolokonnikowa erst kürzlich ins 4.400 Kilometer von der
Hauptstadt entfernte ostsibirische Krasnojarsk verlegt worden. Am 23.
Dezember waren die beiden aufgrund einer Amnestie von Präsident Putin
freigekommen.
## Amnestie als PR-Trick
In ersten Stellungnahmen nach ihrer Freilassung gaben sich die beiden
Musikerinnen kämpferisch. Gegenüber dem russischen TV-Sender Doschd
bezeichnete Alechina die Amnestie als „PR-Trick“. Hätte sie die Wahl
gehabt, die Amnestie abzulehnen, so hätte sie dies getan. Tolokonnikowa,
die während ihrer Haftzeit zweimal in einem Hungerstreik getreten war,
nannte ganz Russland „ein großes Straflager“. „Russland ist nach dem Mod…
einer Strafkolonie aufgebaut“, sagte sie. „Straflager und Gefängnisse sind
das Gesicht des Landes.“
Derzeit sitzen in Russland rund 700.000 Personen in Haft, davon 600.000 in
sogenannten Straflagern. Für die derzeit knapp 60.000 inhaftierten Frauen
sehen die Gesetze nur eine Art von Lager vor. Die Komplexe aus
Verwaltungsgebäuden, Schlafräumen für die Gefangenen sowie einem
Arbeitsbereich sind mit Zäunen, Stacheldraht und Wachtürmen von der
Außenwelt abgeriegelt. Die Frauen sind in der Regel in Baracken mit 100 bis
130 Gefangenen untergebracht. Jeder Insassin stehen mindestens drei
Quadratmeter Platz zu.
Je nach Schwere des Verbrechens gibt es drei Unterbringungsformen: normal,
erleichtert und streng. Unter normaler Lagerhaft dürfen die Frauen pro Jahr
sechs kurze (bis vier Stunden) und vier lange (bis zu drei Tage) Besuch
bekommen. Das strenge Regime, das bei Regelverstößen verhängt wird, sieht
zunächst eine Isolationszeit von drei Monaten vor. Besuche sind verboten.
Im Gegensatz zu den Pussy-Riot-Aktivistinnen bleibt den Mitgliedern der
Umweltschutzorganisation Greenpeace eine Lagerhaft erspart. Nach dem Erhalt
von Ausreisepapieren haben inzwischen mindestens 7 der rund 30 Aktivisten
Russland verlassen. „Die restlichen folgen in den kommenden Tagen“, sagte
der Direktor von Greenpeace Russland, Iwan Blokow. Trotz der Haft wollten
alle Aktivisten aber weiter gegen Umweltzerstörung kämpfen.
Die Justiz hatte im Zuge von Putins Amnestie auch die Verfahren wegen
Rowdytums gegen die Aktivisten eingestellt. Die Crew hatte an einer
Ölplattform des russischen Staatskonzerns Gazprom gegen Umweltzerstörung in
der Arktis protestiert.
27 Dec 2013
## AUTOREN
Barbara Oertel
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