| # taz.de -- Olaf Scholz auf TikTok: Dem Olaf seine Aktentasche | |
| > Olaf Scholz ist nicht länger das Faxgerät der Bundesregierung. Der | |
| > Bundeskanzler ist jetzt auf TikTok. | |
| Bild: Olaf Scholz' treue Begleiterin: seine Aktentasche | |
| Ich schwöre, ich hätte es nie für möglich gehalten, mich für Olaf Scholz zu | |
| begeistern. Zumal Regierungssprecher Steffen Hebestreit Anfang der Woche | |
| angekündigt hatte, der Bundeskanzler werde von nun an auf Tiktok | |
| „verlässliche Informationen“ darbieten. Stattdessen lernten wir dem Olaf | |
| seine schwarze Aktentasche näher kennen. Zuerst auf dem Bürosofa liegend, | |
| dann erzählt der Kanzler, dass er sie schon ewig habe und sie für ihn „ein | |
| treuer Freund“ sei. | |
| (Achtung, Achtung, hier spricht die [1][Gendersprachenpolizei]: Müsste es | |
| nicht „eine treue Freundin“ heißen?). Außerdem: In einem weiteren Video | |
| begleiten wir die Aktentasche ins Flugzeug, auf Meetings und auf | |
| Veranstaltungen. Übrigens: Scholz beteuert, er beantworte alle Fragen | |
| selbst, denn er sei keine künstliche Intelligenz. Das glaube ich sofort, | |
| denn die KI ist im Vergleich zum Bundeskanzler eine lustige Plaudertasche. | |
| Ich habe ChatGPT gebeten, mir einen kurzen Text im Stil des Bundeskanzlers | |
| zu seiner Aktentasche zu schreiben: „Also, Leute, diese Aktentasche hier, | |
| das ist nicht einfach nur eine Tasche. Nein, nein, das ist mein treuer | |
| Begleiter, mein Minibüro to go! Sie trägt nicht nur Dokumente, sondern die | |
| Verantwortung für eine ganze Nation. Unsere Beziehung? Unzertrennlich!“ | |
| Vor diesem Hintergrund würde man sich auch wünschen, Vizekanzler Robert | |
| Habeck würde es einmal mit künstlicher Intelligenz versuchen, statt seine | |
| [2][Social-Media-Auftritte] selbst zu betexten. Immer soll man dabei etwas | |
| lernen. Und das läuft dann so ab: 1. Ich stehe hier in … blabla. 2. Ich hab | |
| mich hier getroffen mit … blabla. 3. Das bedeutet … blabla. 5. Lasst mich | |
| kurz erklären … blabla. 4. Und all das atmet schon den Geist von … blabla. | |
| Wer hofft da nicht klammheimlich, dass es endlich auch einmal um dem Robert | |
| seine Aktentasche ginge? Er hat so eine braune, wie man sie sich in den | |
| 80er Jahren gerne aus Griechenland mitbrachte. ChatGPT hat dazu diesen | |
| Textvorschlag: „Also, Freunde der umweltfreundlichen Büroausstattung, lasst | |
| mich euch von meiner Aktentasche erzählen. Sie ist nicht nur ein Behältnis | |
| für Papiere, nein, sie ist eine mobile Manifestation meiner grünen Ideale. | |
| Aus recyceltem Material gefertigt, trägt sie die Last meiner Gedanken und | |
| Ideen für eine nachhaltige Zukunft. Ihre Fächer sind wie die Verästelungen | |
| eines Baums, die das Wachstum meines Denkens symbolisieren. Mit ihr an | |
| meiner Seite fühle ich mich wie ein Wanderer im Wald der Politik.“ Na? Das | |
| klingt doch noch viel mehr nach Robert Habeck als er selbst, oder? | |
| An [3][Scholz’ Tiktok-Auftritt] ist auch sehr angenehm, dass er nicht | |
| Journalismus nachzuahmen versucht, wie es in der Politik seit Jahren immer | |
| beliebter wird. Überall in den Parteizentralen, aber auch in Unternehmen | |
| und sogar in Behörden haben sich inzwischen „Redaktionen“ gegründet, die | |
| dann „Nachrichten“ statt Pressemitteilungen verbreiten. Wer als | |
| Journalistin solche „Kollegen“ hat, kann sich gleich auch umschulen lassen. | |
| Insbesondere die extreme Rechte reduziert deshalb seit Jahren ihren | |
| Pressekontakt auf ein Minimum. Umso erstaunlicher also, dass Björn Höcke | |
| sich diese Woche mit dem thüringischen Spitzenkandidaten Mario Voigt auf | |
| Welt-TV duellierte. Mit Moderatorin! Und damit wurde auch deutlich, warum | |
| er es sonst nicht tut: zu blöd, um Zitate aus seinem eigenen Buch zu | |
| erkennen, und zu feige, um zu seinem „[4][Remigrations]“-Vorschlag zu | |
| stehen. | |
| Ich hab mal [5][ChatGPT] gefragt, was Höcke wohl so in seiner Aktentasche | |
| herumträgt: „Eine Sammlung alter Landkarten für seine Grenzen von gestern, | |
| ein Abc-Buch für rechte Reime und ein Teelicht für seine | |
| Dunkeldeutschland-Lesungen. Plus ein Foto von sich selbst, um | |
| sicherzustellen, dass er nicht vergisst, wer er ist.“ | |
| Obwohl: Von mir aus könnte Höcke auch gerne vergessen, wer er ist. Würde er | |
| eines Morgens aufwachen und sich für den Hausmeister des thüringischen | |
| Landtags halten, hätte er seinem Land einen wirklich patriotischen Dienst | |
| erwiesen. | |
| 13 Apr 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Genderverbot-in-der-Verwaltung/!6001199 | |
| [2] https://www.instagram.com/robert.habeck/?hl=de | |
| [3] /Kanzleramt-startet-Account/!6002894 | |
| [4] /Hintergrund-des-Begriffs-Remigration/!5987412 | |
| [5] /Die-Wahrheit/!5955625 | |
| ## AUTOREN | |
| Silke Mertins | |
| ## TAGS | |
| Kolumne Der rote Faden | |
| Schwerpunkt Künstliche Intelligenz | |
| Olaf Scholz | |
| Robert Habeck | |
| Björn Höcke | |
| GNS | |
| Demos | |
| Schwerpunkt Künstliche Intelligenz | |
| Schwerpunkt Landtagswahl Thüringen | |
| Social Media | |
| Schwerpunkt Künstliche Intelligenz | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Arbeiten am 1. Mai: Malochen kann man immer | |
| Am 1. Mai sollte niemand arbeiten, denn der Kampf für | |
| Arbeitnehmer:innenrechte ist wichtig. Aber manchmal kommt der Alltag | |
| dazwischen. | |
| Künstliche Intelligenz im Wahlkampf: Wenn Robo-Scholz anruft | |
| Pünktlich zum Super-Wahljahr 2024 ist das Zeitalter der KI angebrochen. Die | |
| taz hat sich umgehört, was das für die Wahlen bedeutet. | |
| Schlagabtausch zwischen Höcke und Voigt: TV-Duell mit einem Faschisten | |
| Thüringens CDU-Chef Mario Voigt wollte Höcke beim TV-Duell am Donnerstag | |
| stellen. Immerhin: Die Katastrophe blieb aus. Aber gut ist das noch lange | |
| nicht. | |
| Kanzleramt startet Account: Scholz regiert nun auch auf Tiktok | |
| Das Kanzleramt startet einen eigenen Kanal auf Tiktok. Die Plattform gilt | |
| als Datensammler, für Scholz gelten also besondere Sicherheitsvorkehrungen. | |
| Zukunft von KI: Habt keine Angst | |
| 2023 war das Jahr der künstlichen Intelligenz. Um die Zukunft der | |
| Technologie zu gestalten, brauchen wir Mut, Utopie und Spaß. |