# taz.de -- Neues Steinkohle-Kraftwerk Datteln IV: Kohlekumpel beim Klimaprotest | |
> Hunderte Menschen protestieren trotz Corona gegen das neue Kohlekraftwerk | |
> Datteln IV. Mit dabei: Mitglieder der Gewerkschaften IG BCE und IG | |
> Metall. | |
Bild: Ganz schön schlechte Luft hier | |
DATTELN taz | Am Samstag, den 30. Mai 2020, versammelt sich Protest in | |
Datteln, denn es ist soweit: Heute soll das umstrittene Kraftwerk | |
[1][Datteln IV ans Netz] gehen. Europas größtes | |
Monoblock-Steinkohle-Kraftwerk des Betreibers Uniper, errichtet keine 500 | |
Meter entfernt von der nächsten Wohnsiedlung. Den ganzen Tag lang finden | |
rund um das Kraftwerksgelände zahlreiche Demonstrationen statt. | |
Aktivist*innen und Anwohner*innen bezeichnen die politische Entscheidung, | |
das Kraftwerk ans Netz zu nehmen, als “Verrat“. Verweisen auf Mehrausstoß | |
von 40 Millionen Tonnen CO2, auf die Entscheidung des | |
Oberverwaltungsgerichtes Münster von 2009, das den Bau für illegal erklärt | |
hatte, und auf Klagen, die noch anhängig sind: Weil das [2][Kraftwerk hier | |
ursprünglich gar nicht gebaut] werden durfte. | |
Zum Tag des Netzanschlusses sind zum ersten Mal auch ehemalige Kohlekumpel | |
und Angestellte der Stahlindustrie dabei: Mitglieder bei den Gewerkschaften | |
IG BCE und IG Metall. Ihre Gewerkschaftsfahnen wehen nicht wie sonst bei | |
einem Gegenprotest: Ausdrücklich stellen sich die Kumpel auf die Seite der | |
Anwohner*innen, von Fridays for Future, Ende Gelände, BUND und Greenpeace. | |
Günter Belka ist hier als Mitglied der IG BCE und der Bergarbeiterbewegung | |
“Kumpel für auf“. 35 Jahre habe er im Bergbau gearbeitet, sagt er, “Davon | |
33 Jahre unter Tage.“ Trotzdem sei er dagegen, Datteln IV ans Netz zu | |
nehmen. | |
## Ursprünglich fünf Kilometer entfernt geplant | |
“Das war ja vorher verboten. Und dann macht die Landesregierung auf einmal | |
andere Gesetze, damit dieses Kraftwerk ans Laufen gekriegt wird.“ Nach der | |
Entscheidung des OVG hatte die damalige schwarz-gelbe Landesregierung unter | |
anderem “Klimaschutz“ aus dem Landesentwicklungsplan gestrichen, sowie die | |
Vorgabe, heimische Energieträger zu nutzen. | |
Ursprünglich sollte Datteln IV auch fünf Kilometer entfernt gebaut werden. | |
“Da haben sie sich drüber hinweggesetzt“, sagt Belka. “Und vor allen Din… | |
wollen die hier Blutkohle aus Kolumbien verbrennen, die mit Kinderarbeit | |
abgebaut wird, wo kämpferische Gewerkschaftler und Umweltschützer ermordet | |
werden – das werden wir nicht hinnehmen.“ | |
Auch Andreas Tadysiak hat lange im Bergbau gearbeitet. “Wir reden davon, | |
dass Windkraftanlagen zum Teil nicht ans Netz gehen, dass Solaranlagen | |
nicht ans Netz gehen. Was die Lebensgrundlage der Menschen gar nicht in | |
Frage stellt. Auf der anderen Seite werden Kraftwerke gebaut, wo klar ist, | |
dass sie Menschen gefährden und krank machen. Datteln 4 gehört komplett | |
dicht gemacht wegen Klimaschutz. Alle Kohlekraftwerke gehören | |
abgeschaltet.“ | |
Das das passiert glaubt Tadysiak nicht. “Nur, wenn sie gezwungen werden. | |
Man muss den Protest auf die Straße bringen: Bis hin zum Streik.“ Im | |
Ausland habe er das Ausmaß an Umweltschäden als erschreckend empfunden. | |
“Solche Verhältnisse möchte ich hier nicht haben. Und wenn sich hier nichts | |
ändert, kommen wir genau dahin.“ Am Ende des Tages ist das Kraftwerk | |
Datteln IV im regulären Netzbetrieb. Aber die Proteste, so scheint es, | |
werden weitergehen. | |
31 May 2020 | |
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## AUTOREN | |
Anett Selle | |
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