# taz.de -- Neues Gesetz zu Konfliktrohstoffen: Die Schlupflöcher bleiben | |
> Wer ein Handy nutzt, finanziert womöglich Bürgerkrieg mit, da viele | |
> Rohstoffe aus Konfliktgebieten kommen. Ein Gesetz soll das ändern. Und? | |
Bild: Einige kongolesische Minen stehen im Verdacht, bewaffnete Konflikte zu fi… | |
BERLIN taz | Firmen, die Gold, Tantal, Zink und Wolfram importieren, sollen | |
künftig deren Herkunft offenlegen. Häufig entstammen diese wichtigen | |
Industriemetalle Regionen, in denen (Bürger-) Kriege herrschen. Damit mit | |
ihrem Verkauf keine Konflikte oder Menschenrechtsverletzungen finanziert | |
werden können, sollen ab 2021 in der Europäischen Union besondere | |
Sorgfaltspflichten gelten. An diesem Donnerstag will die Bundesregierung | |
[1][ein entsprechendes Gesetz in den Bundestag einbringen, mit dem sie eine | |
EU-Verordnung umsetzt]. Dabei sieht sie sich Kritik sowohl von der | |
Opposition als auch von Menschenrechtsorganisationen und | |
Wirtschaftsverbänden ausgesetzt. | |
Die [2][Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe] (BGR) soll dafür | |
zuständig sein, die Importeure der genannten Metalle zu überprüfen. Die | |
dafür notwendigen Daten erhält die Hannoveraner Behörde von den Importeuren | |
selbst sowie vom Zoll. | |
„Das Gesetz bleibt hinter den ohnehin niedrigen Erwartungen zurück“, | |
kritisiert Uwe Kekeritz, entwicklungspolitischer Sprecher der Grünen im | |
Bundestag. So könne es die Einfuhr von Konfliktmineralien nicht verhindern. | |
„Die EU-Verordnung selbst hatte schon etliche Schlupflöcher“, so Kekeritz, | |
„aber die Bundesregierung hatte im Koalitionsvertrag versprochen, ein | |
Gesetz mit starken Durchsetzungsbestimmungen zu erlassen“. Diese Chance | |
werde nun leichtfertig vertan. | |
Auch Entwicklungsorganisationen wie Germanwatch oder das Ökumenische Netz | |
Zentralafrika (ÖNZ) sehen eklatante Schwachstellen. Sie bemängeln vor | |
allem, dass die BGR ihren Bericht nicht veröffentlicht: „Wenn die Namen der | |
Unternehmen öffentlich nicht einsehbar sind, kann die Zivilgesellschaft die | |
Umsetzung des Konfliktmineralien-Gesetzes nicht kontrollieren“, sagt Gesine | |
Ames vom ÖNZ. | |
## Egal wie: Das Gesetz wird Vorbildcharakter haben | |
Mit Sorge blickt Giuseppe Cioffo vom European Network for Central Africa | |
(EurAc) in Brüssel darauf, wie das Gesetz in Deutschland und den | |
Niederlanden, wo das Gesetzgebungsverfahren ebenfalls läuft – umgesetzt | |
wird. Die südlichen und östlichen Mitgliedsländer verhielten sich | |
abwartend, so Cioffo. Deshalb hätten die Vorschriften in Deutschland und | |
den Niederlanden europaweit Vorbildfunktion. Auch für Cioffo ist wichtig, | |
dass „die Akteure der Zivilgesellschaft ihre auch in der Verordnung | |
vorgesehene Überwachungsrolle über das Verhalten von Unternehmen ausüben | |
können“. | |
Bislang hätten sich die EU-Kommission und Teile der Industrie mit dem | |
Argument gegen eine Veröffentlichung von Daten des Zolls gewandt, dass dies | |
gegen den Zollkodex der EU und das Branchengeheimnis verstoße. „Beide | |
Argumente sind aber fragwürdig, da das UCC Rechts- und Ausnahmeregelungen | |
zulässt“, sagt Cioffo. Und überhaupt, seien die betreffenden Daten über | |
private Datenanbieter zu einem hohen Preis schon jetzt verfügbar: „Wer über | |
genügend Geld verfügt, kann sich schon darüber informieren, wer in welcher | |
Hütte welche Metalle gekauft hat.“ | |
## Wirtschaftsverband: Ziel verfehlt | |
Schneller als das Gesetz zu Konfliktrohstoffen im Bundestag ist das Thema | |
in der Öffentlichkeit angekommen: „Die Kunden wollen wissen, woher die | |
Rohstoffe für ihre Fahrzeuge oder Elektronikgeräte kommen“, sagt Sebastian | |
Schiweck, der bei der Wirtschaftsvereinigung Metalle für Rohstoff- und | |
Handelspolitik zuständig ist. Das Gesetz bereite einigen Unternehmen viel | |
bürokratischen Aufwand, verbessere die Lage in den betroffenen Ländern aber | |
nicht, befürchtet er. Denn die Pflicht zur Offenlegung betreffe nur die | |
Importeure von Erzen und Metallen, nicht aber von verarbeiteten | |
Materialien. Wer in China produziere, könne seine Rohstoffe kaufen, bei wem | |
er wolle und unterliege keinerlei Nachweispflichten. | |
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung muss nun noch in den Bundesrat, seine | |
Regeln sollen ab dem 1.1.2021 für die Unternehmen gelten. | |
12 Dec 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Service/Gesetzesvorhaben/durchfueh… | |
[2] https://www.bgr.bund.de/DE/Home/homepage_node.html | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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