# taz.de -- Neue Einheitsregierung in Libyen: Das Parlament macht mit | |
> Libyens Abgeordnete haben sich hinter einen von der Uno unterstützten | |
> Plan gestellt. Eine Übergangsregierung soll das Land nun zu Wahlen | |
> führen. | |
Bild: Muss jetzt nur noch vereidigt werde: Libyens designierter Regierungschef … | |
TUNIS taz | Der Mittwoch, der 10. März 2021, wird wohl in die libyschen | |
Geschichtsbücher eingehen. Nach zwei Tagen hitzigen und live im TV | |
übertragenen Debatten hat das libysche Parlament einer neuen | |
Einheitsregierung unter Abdulhamid Dbaiba das Vertrauen ausgesprochen. | |
Damit endet eine sieben Jahre andauernde Spaltung des Landes. Die neue | |
Übergangsregierung soll das Land zu Wahlen am 24. Dezember führen und den | |
Krieg beenden. Dbaibas Mandat endet an dem Tag, kann aber verlängert | |
werden, falls die Wahlen nicht stattfinden. | |
Die Regierung von Dbaiba ersetzt zwei rivalisierende Führungen, die ihre | |
Sitze jeweils in Tripolis im Westen und in Bengasi im Osten hatten und | |
Libyen jahrelang regierten. Am Ende der Abstimmung am Mittwoch sprach | |
Parlamentssprecher Aguila Saleh von einem „historischen Tag im | |
Abgeordnetenhaus“. | |
Er hatte vergangene Woche die Kabinettsvorschläge des designierten | |
Regierungschefs Dbaiba entgegengenommen. Ein [1][libysches Dialogforum im | |
schweizerischen Genf] hatte Dbaiba vor gut einem Monat unter UN-Aufsicht | |
zum Chef einer neuen Übergangsregierung bestimmt. | |
Die in Ostlibyen tagende international nicht anerkannte Gegenregierung | |
unter Abdulla al-Thinni hatte bereits letzte Woche mit der Übergabe der | |
Amtsgeschäfte an Dbaiba begonnen. Die in Ost und West gespaltene | |
Zentralbank und die staatliche Ölagentur NOC sollen nun wieder von der | |
Hauptstadt Tripolis aus geleitet werden. | |
## Sirte als Kompromiss | |
Die Abgeordneten des Repräsentantenhauses hatten seit Montag in Gaddafis | |
ehemaliger Heimatstadt Sirte getagt, die bei Kämpfen seit 2011 mehrmals | |
unter heftigen Beschuss geraten war. Schon die Wahl des auf halbem Weg | |
zwischen Tripolis und Bengasi liegenden Sirte war ein Kompromiss, der noch | |
vor wenigen Wochen kaum möglich erschien. Das nach der Revolution von 2011 | |
vom sogenannten „Islamischen Staat“ (IS) eroberte Sirte ist aktuell unter | |
Kontrolle von Feldmarschall Chalifa Haftar und einer unbekannten Zahl an | |
ausländischen Söldnern. | |
Am 15. März soll die Regierung von Dbaiba in Bengasi die Amtsgeschäfte mit | |
einer Zeremonie beginnen. Die 27 Minister und sechs Staatssekretäre sollen | |
mehrheitlich jedoch in Tripolis arbeiten. Der aus der Handelsstadt Misrata | |
stammende Regierungschef verpflichtete sein Kabinett jedoch, die Kultur des | |
Zentralismus zu beenden und „sich in den Städten und Dörfern im gesamten | |
Land sehen zu lassen“. | |
Erstmals hat Libyen mit Nadschla al-Mangusch eine weibliche | |
Außenministerin. Die 40-Jährige hat in Bengasi Jura studiert und sich in | |
den USA auf Konfliktlösungsmechanismen spezialisiert. Erst nach dem | |
energischen Eingreifen der ehemaligen Leiterin der UN-Mission in Libyen, | |
Unsmil, waren unter den 75 Wahlleuten in Genf, die Dbaiba überraschend | |
vorgeschlagen hatten, 17 weibliche. | |
Williams hatte sich auch dafür eingesetzt, dass der Schwager Dbaibas Teil | |
der Genfer Wahlkommission wurde. Einige der Vertreter von | |
Zivilgesellschaft, Stämmen und politischen Parteien hatten dem unter | |
Gaddafis Herrschaft zum Multimillionär gewordenen Geschäftsmann | |
vorgeworfen, mit Schmiergeldzahlungen in Höhe von 200.000 bis 500.000 | |
Dollar für die Wahl Dbaibas geworben zu haben. Am 15. März will eine | |
Expertenkommission der Vereinten Nationen zu den Vorwürfen Stellung | |
beziehen. | |
Der ehemalige Botschafter Libyens in Deutschland, Ali Masednah-Kotany, hat | |
sich dafür ausgesprochen, die Bestechungsvorwürfe aufzuklären. „Doch in | |
jedem Fall ist die Wahl Dbaibas gut, denn er war nicht Teil der | |
spalterischen Politik der letzten Jahre.“ (mit Agenturen) | |
10 Mar 2021 | |
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## AUTOREN | |
Mirco Keilberth | |
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