| # taz.de -- Nachruf auf Sänger Toto Cutugno: Hymne mit Wehmut | |
| > Er war ein Tüftler der Arrangements und populär ohne den Hauch von | |
| > Schlichtheit. Der italienische Sängerstar Toto Cutugno ist tot. | |
| Bild: Toto Cutugno hatte das Händchen und das Ohr für die Musik seiner Zeit | |
| Im Jahr 1990 war er in seiner Heimat längst eine Institution, ein lebendes | |
| Kulturdenkmal, ein Italiener, wie so viele andere Italiener sich in ihm | |
| erkennen wollten: emotional prinzipiell, aber mit Schmus. Toto Cutugno, als | |
| Kind sizilianischer Einwanderer 1943 in der Toskana zur Welt gekommen, | |
| wollte nie etwas anderes werden als Musiker, Tüftler mit Noten und an | |
| Arrangements, ein Komponist von Sounds, die nicht auf Nebenwegen verhallen | |
| sollten, sondern im Mainstream zu fließen hatten. Er hatte schließlich auch | |
| Geld zu verdienen. | |
| Sein Erfolgsweg machte ihn bekannt – weil sie seine Lieder interpretierten | |
| – mit Größen wie Dalida, Joe Dassin oder Johnny Hallyday. Immer wieder ging | |
| er auf die Bühne von San Remo, beim italienischen Festival des Pop | |
| dortselbst. [1][Cutugno fabrizierte mit Adriano Celentano seinen ersten | |
| Nummer-eins-Hit, „Soli“], später, [2][1980 gewann er mit „Solo noi“]. | |
| Aber [3][1983 gelang ihm das Lied „L’italiano“], eine Hymne auf | |
| italienische Lebensweise, auf Gesang, Wein und Coolness mit gewisser Wehmut | |
| im Herzen. Ihm war über Nacht quasi eine Nationalhymne für sein Land | |
| gelungen: Wenn Cutugno zu diesem Zeitpunkt hätte Überpräsident Italiens | |
| werden wollen – man hätte ihm per Akklamation jeden Stein aus dem Weg | |
| geräumt. | |
| ## Der Charme des Künstlers | |
| Weitere Hits folgten – er hatte das Händchen, das Ohr, um die Musik zu | |
| seiner Zeit zu lancieren: populär, ohne den Hauch von Schlichtheit. 1990 | |
| fragte die TV-Gesellschaft RAI, ob er beim [4][Eurovision Song Contest für | |
| Italien antreten] wolle, womöglich würde er nicht gewinnen. Cutugno soll | |
| gesagt haben: „Aber ich werde gewinnen.“ Mit [5][„Insieme: 1992“, einem | |
| Hymnus auf ein Europa der EU], auf den Fall des Eisernen Vorhangs siegte er | |
| in Zagreb deutlich – und bescherte dem verbreiteten Europagefühl (in den | |
| allermeisten Ländern dieses Kontinents) einen mitreißenden Song. | |
| Wer die Charmanz dieses Künstlers ermessen möchte, schaue sich einen | |
| [6][Clip an, der ihn mit der nicht minder bezaubernden Gigliola Cinquetti | |
| bei der Moderation des ESC 1991] in den römischen Cinecittà-Studios zeigt: | |
| Vor einem 150-Millionen-Publikum führte er vor, wie man eine internationale | |
| Show auf Englisch moderiert und kein Wort der Sprache wirklich spricht. Ein | |
| Festival aus Holperern, Fehlern und Missverständnissen: grandios gelungen, | |
| nur von wenigen Spießer*innen hernach kritisiert. | |
| In den letzten Jahren verabschiedete er sich mehr und mehr aus der Welt, | |
| die er mitprägte: Dienstag ist er in Mailand, eben 80 Jahre geworden, | |
| gestorben. | |
| 23 Aug 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.youtube.com/watch?v=fCMufJxUaJU | |
| [2] https://www.youtube.com/watch?v=GLYSWE4Wc-I | |
| [3] https://www.youtube.com/watch?v=TYtdYslLY9I | |
| [4] /Eurovision-Song-Contest/!5774002 | |
| [5] https://www.youtube.com/watch?v=mLOLRNSQttY | |
| [6] https://www.youtube.com/watch?v=mzScQR0j6ew | |
| ## AUTOREN | |
| Jan Feddersen | |
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