# taz.de -- Nachfahren der deutschen Kaiser: Hohenzollern ziehen Klagen zurück | |
> Im Streit um Entschädigungen für enteignete Häuser und Kunstwerke gibt | |
> der preußische Adel klein bei. Knackpunkt war ihre frühere Nähe zu den | |
> Nazis. | |
Bild: Will sich nicht weiter streiten: Georg Friedrich Prinz von Preußen | |
BERLIN/POTSDAM epd/dpa | Im jahrelangen Streit um Entschädigung in | |
Millionenhöhe zwischen der öffentlichen Hand und den Nachfahren des letzten | |
deutschen Kaisers zeichnet sich eine Lösung ab. Die Hohenzollern wollen auf | |
eine gerichtliche Entscheidung verzichten. In einem Welt-Interview | |
(Mittwoch) sagte Georg Friedrich Prinz von Preußen: „Ich bin an den Punkt | |
gekommen, dass es nicht richtig sein kann, diese Frage vor Gericht | |
auszutragen.“ Dabei ging es um die [1][Nähe des Hauses Hohenzollern zum | |
Nationalsozialismus] und später enteignete Immobilien, Kunstwerke und | |
andere Gegenstände. | |
Das Haus Hohenzollern hatte unter anderem rund 1,2 Millionen Euro vom Land | |
Brandenburg für nach 1945 enteignete Immobilien gefordert. Im Mittelpunkt | |
des Rechtsstreits stand die Frage, ob Vertreter des Hauses Hohenzollern dem | |
Nationalsozialismus erheblich Vorschub geleistet haben. Ausgleichszahlungen | |
wären in dem Fall gesetzlich ausgeschlossen gewesen. | |
Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange (SPD) begrüßte die Ankündigung. | |
„Georg Friedrich Prinz von Preußen hat jetzt als Chef des Hauses | |
Hohenzollern ein Machtwort gesprochen und eine beherzte Entscheidung | |
getroffen“, erklärte sie am Mittwoch in Potsdam: „Ich meine, dass es auch | |
die richtige Entscheidung ist.“ Damit sei nun „gewissermaßen der gordische | |
Knoten im Hohenzollern-Komplex durchschlagen worden“. Zudem werde eine | |
„höchst verwickelte und im Einzelnen für Außenstehende kaum mehr | |
nachvollziehbare Debatte um Entschädigungsansprüche verschiedener Art | |
beendet“. | |
Der Welt sagte Georg Friedrich Prinz von Preußen, es gehe auch um 4.000 | |
Kunstwerke, für deren Zuordnung die Frage relevant sei, ob sein Urgroßvater | |
Kronprinz Wilhelm von Preußen durch sein Verhalten den Nationalsozialisten | |
„Vorschub geleistet“ habe. Die Rücknahme der Forderungen sei seine | |
persönliche Entscheidung, die er unabhängig von möglichen Erfolgschancen | |
getroffen habe, betonte er. Er verzichte als Chef des Hauses Hohenzollern | |
auf die Kunstwerke und Ausgleichszahlungen aus diesem Komplex. Mit dem Ende | |
des Verfahrens wolle er den Weg für eine [2][„unbelastete Debatte“] | |
freimachen. | |
## Prinz gibt Fehler zu | |
Über weitere Vermögenskomplexe und Fragen der Zuordnung von Kunstwerken | |
müsse noch weiter verhandelt werden, sagte der Hohenzollern-Sprecher dem | |
epd. Dabei gehe es unter anderem um bestehende Leihverträge. In dem Streit | |
über Rückgabe- und Zahlungsforderungen ging es nach Angaben des Hauses | |
Hohenzollern auf der eigenen Webseite bislang unter anderem um die | |
Zuordnung von insgesamt rund 15.000 Kunstwerken, bei denen die | |
Eigentumsfrage noch nicht abschließend geklärt sei. | |
Prinz von Preußen betonte in der „Welt“, er habe kein Problem, sich mit der | |
Familiengeschichte kritisch auseinanderzusetzen. Es sei zwar nicht | |
eindeutig nachweisbar, dass Kronprinz Wilhelm den Nationalsozialisten | |
Vorteile verschafft habe. Er habe jedoch „ganz klar die Nähe zum NS-Regime | |
gesucht“. Als Person, die sich dem Rechtsextremismus angebiedert habe, | |
könne er „nicht für unser Haus traditionsstiftend sein“. | |
Zugleich bezeichnete er es als Fehler, in der Vergangenheit [3][juristisch | |
gegen Historiker und Journalisten vorgegangen zu sein]. Alle noch offenen | |
Verfahren seien deshalb beendet worden. | |
Das Portal für Informationsfreiheit „FragDenStaat“ äußerte sich erleicht… | |
über diese Ankündigung. „Durch die vielen Abmahnungen gegen Wissenschaftler | |
und Journalisten hat Herr von Preußen ein Klima der Einschüchterung | |
geschaffen, in dem ein offener Diskurs kaum mehr möglich war“, sagte | |
Portalleiter Arne Semsrott dem Evangelischen Pressedienst (epd). Jetzt | |
gelte es, das Familienarchiv der Hohenzollern möglichst vielen Menschen | |
zugänglich zu machen und die Forschung zur Geschichte der Hohenzollern | |
weiter zu fördern. | |
„Frag den Staat“ kündigte zudem an, den „Prinzenfonds“ aufzulösen, fa… | |
keine neuen Verfahren mehr geben sollte. Der im Juni 2020 eingerichtete | |
Fonds sollte Personen helfen, die von Georg Friedrich Prinz von Preußen | |
wegen Äußerungen zur Geschichte und Gegenwart der Hohenzollern abgemahnt | |
und verklagt wurden. | |
8 Mar 2023 | |
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