# taz.de -- Nach mutmaßlichem Wahlbetrug in Belarus: Die Proteste reißen nich… | |
> Erneut gehen in vielen belarusischen Städten Menschen auf die Straße, die | |
> Polizei geht brutal gegen sie vor. Die Behörden melden den Tod eines | |
> jungen Demonstranten. | |
Bild: Polizisten gehen hart gegen Demonstrant*innen vor | |
MINSK dpa/afp | Trotz massiver Polizeigewalt haben den vierten Abend in | |
Folge Menschen in vielen Städten in Belarus (Weißrussland) gegen | |
Wahlfälschung unter Präsident Alexander Lukaschenko protestiert. In | |
mehreren unabhängigen Kanälen des Nachrichtendienstes Telegram war auf | |
Videos zu sehen, wie Menschen in Minsk, Grodno, Brest und anderen Städten | |
Lukaschenko dazu aufriefen, die Gewalt zu beenden und abzutreten. | |
Insgesamt sollen mittlerweile fast 7.000 Menschen festgenommen worden sein. | |
Allein in der vergangenen Nacht habe es etwa 700 Festnahmen gegeben, teilte | |
das Innenministerium in Minsk am Donnerstag im Nachrichtenkanal Telegram | |
mit. | |
Zugleich wuchs die Solidarität mit den Demonstrierenden. In Minsk traten | |
mehr als 100 Ärzte gegen Gewalt auf. Der prominente Moderator des | |
Staatsfernsehens, Jewgeni Perlin, kündigte angesichts der „Lügen“ und | |
„Gewalt“ demonstrativ seinen gut bezahlten Posten. | |
In mehreren Städten bildeten sich Menschenketten gegen die Polizeigewalt. | |
Bei der Präsidentenwahl am Sonntag hatte Lukaschenko, der seit mehr als 26 | |
Jahren im Amt ist und als „letzter Diktator Europas“ gilt, sich zum | |
sechsten Mal als Sieger ausrufen lassen – mit 80,08 Prozent der Stimmen. | |
Seine Gegner sehen dagegen die 37 Jahre alte Kandidatin Swetlana | |
Tichanowskaja als Siegerin. Sie ist unter dem Druck der Behörden in das | |
EU-Land Litauen geflohen. | |
Der nicht zur Wahl zugelassene Kandidat Waleri Zepkalo, ein prominenter | |
IT-Unternehmer, appellierte aus seinem russischen Exil an die EU, | |
Tichanowskaja als Präsidentin anzuerkennen. Hunderte IT-Unternehmer | |
forderten Lukaschenko zum Einlenken auf und drohten in einem offenen Brief, | |
mit ihren Firmen das Land zu verlassen. | |
## Videos zeigten Männer, die ihre Uniform verbrannten | |
Es kursierten mehrere Videos, auf denen Männer mit Kritik an der Gewalt | |
gegen friedliche Bürger ihre Uniformen in den Müll warfen oder sogar | |
verbrannten, ihre Dienstmarken mit Kündigungsschreiben abgaben. Sie | |
erklärten, dass sie ihren Eid auf den Schutz des belarussischen Volkes und | |
nicht dem Machterhalt eines Mannes geschworen hätten. Die Echtheit der | |
Videos war nicht überprüfbar. | |
Behörden meldeten am Mittwoch den Tod eines jungen Demonstranten. Der | |
25-Jährige starb demnach nach seiner Festnahme in der Stadt Gomel im Süden | |
des Landes. Die Todesursache war nach offiziellen Angaben unklar. Es war | |
der zweite Tote seit Beginn der Proteste nach der Wahl am Sonntag. | |
Die vierfache Biathlon-Olympiasiegerin Darja Domratschewa zeigte sich bei | |
Instagram bestürzt über die Gewalt in ihrer Heimat. Sie appellierte an die | |
Sonderpolizei Omon, die Gewalt zu beenden. „Lasst nicht weiter diesen | |
ungerechten Horror auf den Straßen zu“, schrieb die „Heldin bei Belarus“ | |
bei Instagram. Jeder Konflikt lasse sich auf friedliche Weise lösen. In | |
Minsk etwa schossen Männer in schwarzen Uniformen und Sturmmasken wahllos | |
mit Gummigeschossen in Richtung von Bürgern, die von Balkonen aus die | |
Sicherheitskräfte ausbuhten und „Schande“ riefen. Es gab viele gewaltsame | |
Festnahmen. | |
13 Aug 2020 | |
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