# taz.de -- Nach Moscheen-Anschlag in Neuseeland: Australien ahndet Terrorvideos | |
> Internetplattformen sollen jetzt für Terrorinhalte zur Verantwortung | |
> gezogen werden können. Es drohen hohe Geldstrafen oder Haft. | |
Bild: Der in Australien geborene Christchurch-Attentäter hatte seinen Anschlag… | |
CANBERRA taz | Betreiber von Internetplattformen wie sozialen Netzwerken | |
sollen in Australien künftig mit Geldbußen oder gar Gefängnis bestraft | |
werden, wenn sie extremistische Inhalte nicht löschen. Das australische | |
Parlament hat am Donnerstag ein entsprechendes Gesetz in Rekordzeit | |
verabschiedet. Trotz Vorbehalten stimmte auch die oppositionelle | |
Labor-Partei für die Vorlage der konservativen Regierung von | |
Premierminister Scott Morrison. | |
Das Gesetz ist eine Reaktion auf den Terroranschlag durch einen | |
Rechtsextremisten in Neuseeland. Der gebürtige Australier hatte in der | |
Stadt Christchurch [1][in zwei Moscheen insgesamt 50 Menschen erschossen.] | |
Den Anschlag übertrug der 28-Jährige mit einer auf einem Helm montierten | |
Kamera live auf Facebook. Ein 17 Minuten dauerndes Video des Verbrechens | |
wurde von verschiedenen Nutzern bis zu 1,5 Millionen mal weiterverbreitet. | |
Auszüge sind bis heute im Internet zu finden. Der Australier wurde am | |
Donnerstag offiziell des 50-fachen Mordes angeklagt. | |
Wie Justizminister Christian Porter meinte, dürften es Internetplattformen | |
nicht zulassen, dass sie zur Verbreitung von „Hass und Terror“ benutzt | |
werden. Dem neuen Gesetz nach müssen Anbieter wie Facebook und YouTube mit | |
Bußen in Höhe von mehreren Milliarden Dollar oder zehn Prozent ihres | |
globalen Umsatzes rechnen, sofern sie entsprechendes Material nicht | |
unverzüglich aus ihrem Dienst entfernen. Fehlbaren Managern und | |
Entscheidern drohen bis zu drei Jahre Haft. | |
Der schnelle Durchgang des Gesetzes und der Mangel an Beratung hat | |
australische Juristen alarmiert. Die [2][Freiheit von Medien und | |
sogenannten Whistleblowern] sei durch die „schlecht durchdachten“ Gesetze | |
gefährdet, so der Berufsverband Law Council of Australia. „Ohne | |
Überprüfung“ durch Fachleute und interessierte Parteien seien die Gesetze | |
„in 24 Stunden durch das Parlament gerammt worden“, so die Juristen. | |
## Schlag für Internetindustrie | |
Laut den Experten könnten nun „wichtige Informationen über verschiedene | |
soziale Medienplattformen zensiert werden. Das widerspricht dem | |
demokratischen Prinzip der freien Presse. Dieses wiederum gibt es, um | |
Regierungen zur Verantwortung ziehen zu können.“ Die Juristen fordern das | |
Parlament auf, die Gesetze zu überarbeiten. Solche wichtigen Entscheide | |
müssten das Ergebnis eines „Konsulationsprozesses“ sein. | |
Für die Internetindustrie in Australien sind die neuen Gesetze ein weiterer | |
Schlag. Im Dezember hatte das Parlament ein Gesetz verabschiedet, nachdem | |
Softwareanbieter, Messaging-Dienstleister wie WhatsApp und Gerätehersteller | |
künftig von Geheimdiensten und Polizei gezwungen werden können, ihnen | |
Zugang zu verschlüsselten Mitteilungen Verdächtiger zu verschaffen. | |
Technologieanbieter können sogar angewiesen werden, auf den Geräten | |
Verdächtiger von Geheimdiensten entwickelte Software zu installieren. Die | |
Industrie warnte damals vor der Gefahr der „Schädigung des Rufes | |
australischer Softwareentwickler und Hardwarehersteller in internationalen | |
Märkten“. | |
4 Apr 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Der-Rechtsterrorist-von-Christchurch/!5580888 | |
[2] /Gesetze-zum-Schutz-von-Whistleblowern/!5581453 | |
## AUTOREN | |
Urs Wälterlin | |
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Martin Sellner | |
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