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# taz.de -- Parlamentswahl in Australien: Mitte-Rechts-Bündnis regiert weiter
> Vor der Parlamentswahl in Australien lag die Labor-Opposition in allen
> Umfragen vorn. Letztlich gewinnt aber das amtierende
> Mitte-Rechts-Bündnis.
Bild: Kann sich über das Wahlergebnis freuen: der australische Premier Scott M…
Canberra dpa | Australiens Premierminister Scott Morrison ist ein fleißiger
Kirchgänger. „Ich habe immer an Wunder geglaubt“, sagt der evangelikale
Christ (51) ein paar Stunden nach der Parlamentswahl. „Und heute Nacht
haben wir eines zustandegebracht.“ Tatsächlich: Allen Umfragen zum Trotz
hat Morrison mit seinem Mitte-Rechts-Bündnis die Wahl am Samstag gewonnen.
Die sozialdemokratische Labor-Partei, die so lange wie der sichere Sieger
aussah, bleibt in der Opposition.
Offen ist noch, ob Morrisons Liberale Partei und die Nationale Partei
allein weiter regieren können oder ob sie im Parlament Unterstützung von
unabhängigen Abgeordneten brauchen. Die Auszählung zog sich am Sonntag in
die Länge. Am Erfolg von Mitte-Rechts gab es jedoch keine Zweifel mehr.
Oppositionsführer Bill Shorten (52) gestand seine Niederlage noch am
Wahlabend ein. Telefonisch gratulierte er Morrison zu dem überraschenden
Erfolg. Kurz darauf bekam der alte und neue Premier auch Glückwünsche von
Donald Trump. „Gratulation an Scott zu einem GROSSEN SIEG“, [1][twitterte
der US-Präsident].
So groß bei Morrison (Spitzname: „ScoMo“) nun die Freude ist, so groß ist
bei Labor die Enttäuschung. Bis zum Wahltag hatte die Partei zweieinhalb
Jahre lang in allen Umfragen vorn gelegen. Selbst die erste Hochrechnung
sah sie noch in Führung. Dann aber wurden die Zahlen von Stunde zu Stunde
schlechter. Bis Shorten vor seine Anhänger ging, die Niederlage zugab und
auch seinen Rücktritt ankündigte. „Ich weiß, ihr leidet alle. Ich auch.“
Auf das amtliche Endergebnis müssen die Australier noch warten. Nach
vorläufigen Berechnungen haben Liberale und Nationale, die in der
Hauptstadt Canberra seit sechs Jahren gemeinsam regieren, im Unterhaus 74
von insgesamt 151 Sitzen sicher. Zur Mehrheit von 76 Mandaten fehlten ihnen
am Sonntag noch zwei Mandate. Fünf Wahlkreise standen noch auf der Kippe.
Labor hat mindestens 66 Mandate, kann maximal aber nur auf 71 Sitze kommen.
Die Grünen gewannen einen Sitz.
## Sechster Regierungschef seit 2005
Mindestens vier Mandate gingen an unabhängige Kandidaten. Falls das
Mitte-Rechts-Bündnis keine eigene Mehrheit zustande bekommt, wäre auch eine
Minderheitsregierung möglich, die von Unabhängigen geduldet wird. So
regiert Morrison bereits seit Ende vergangenen Jahres, nachdem eine
Nachwahl verloren gegangen war.
Was gab nun den Ausschlag für den überraschenden Sieg? Die Experten
rätselten am Sonntag darüber noch. Im Wahlkampf hatte sich der ehemalige
Schatzkanzler vor allem als Garant des australischen Wachstums präsentiert.
Dort gab es seit 28 Jahren keine Rezession mehr. Der Parteichef der
Liberalen machte auch deutlich, dass ihm die Konjunktur und der Erhalt von
Arbeitsplätzen – etwa in der wichtigen Kohleindustrie – wichtiger ist als
ehrgeizigere Ziele im Kampf gegen den Klimawandel, wie dies Labor wollte.
Zudem schnitt der Vater von zwei kleinen Töchtern stets besser ab als
Shorten, wenn nach der persönlichen Beliebtheit gefragt wurde.
Mit dem Wahlsieg, an den auch viele in der eigenen Partei nicht mehr
geglaubt hatten, hat Morrison im eigenen Lager nun eine so starke Stellung
wie noch nie. Der 51-Jährige ist erst seit August vergangenen Jahres
Partei- und Regierungschef. Damals kam er nach einer Revolte gegen
Vorgänger Malcolm Turnbull ins Amt. Morrison ist Australiens sechster
Regierungschef seit 2005, also seit Angela Merkel Bundeskanzlerin ist. Im
letzten Jahrzehnt brachte kein einziger die Amtszeit zu Ende.
„Die Australier haben die Nase von den vielen Wechseln voll“, sagt der
Politik-Professor John Warhurst. Inzwischen haben die Liberalen ihre Regeln
zur Wahl des Parteichefs geändert: Morrison hat nun gute Chancen, die
vollen drei Jahre bis zur nächsten Parlamentswahl im Amt zu verbringen. Am
Sonntag hatte er allerdings erst einmal Anderes zu tun: Er ging in die
Kirche.
19 May 2019
## LINKS
[1] https://twitter.com/realDonaldTrump/status/1129853974247550977
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