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# taz.de -- Nach Graichen-Entlassung: „Mastermind“ gesucht
> In der Ökoszene dominiert die Enttäuschung, mit Patrick Graichen einen
> Mitstreiter im Klimaministerium verloren zu haben. Wer könnte ihm
> nachfolgen?
Bild: Gilt als möglicher Graichen-Nachfolger: Klaus Müller, derzeit Präsiden…
Berlin taz | Er habe „die Energiewende wieder flottgemacht“, sagte
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck über seinen bisherigen
Staatssekretär Patrick Graichen, als er die Presse am Mittwoch über dessen
Entlassung informierte. Auch habe Graichen „Klimaschutz zum
Regierungshandeln“ werden lassen, so der Grüne. Aber Graichen hat eben
Privates und Berufliches nicht sauber genug getrennt – [1][und muss nun
gehen].
Was heißt das für den Klimaschutz? In der Ökoszene ist die Stimmung
gedrückt. Viele, die in Verbänden oder Forschungseinrichtungen arbeiten,
kennen Graichen persönlich. Vor seiner Ernennung zum Staatssekretär war er
Leiter des Thinktanks Agora Energiewende, der regelmäßig Studien zum
Klimaschutz in Deutschland anfertigt. Die Details zu Habecks großen
politischen Linien hatte Graichen also quasi schon in der Tasche.
Gleichwohl halten viele [2][Habecks Entscheidung] für richtig; zu groß
waren Graichens Verfehlungen.
Dennoch ist die Enttäuschung groß, einen Mitstreiter im Ministerium
verloren zu haben. „Persönlich finde ich das unglaublich bedauerlich“,
sagte Kai Niebert, Chef des Deutschen Naturschutzrings und Forscher an der
Uni Zürich, der taz. „Ich schätze Patrick Graichen als Kollegen und als
Mastermind der Energiewende sehr.“ SPD-Mann Niebert glaubt, dass die
Personalie das Ministerium vor ein „ernsthaftes Problem“ stellt: Die
Nachfolge solle ja jemand antreten, der:die nicht direkt aus Graichens
Umfeld kommt. „Die energiepolitische Linie des Ministeriums baut aber stark
auf einem klar durchgerechneten, im grünen Umfeld entwickelten Plan auf“,
sagt Niebert.
## Wer ihm auch nachfolgt, die Aufgaben sind groß
Die Liste derjenigen Expert:innen, die noch nie auch nur im
Entferntesten mit Graichen oder Agora Energiewende zu tun hatten, dürfte
indes nicht lang sein. Laut Bild könnte Klaus Müller, Chef der
Bundesnetzagentur, den Posten übernehmen. Er ist Grünen-Mitglied und war
vor seiner aktuellen Position unter anderem Verbraucherschützer sowie
Umweltminister in Schleswig-Holstein.
In der Szene kursieren auch andere Namen, etwa jener der früheren
Grünen-Abgeordneten Kerstin Andreae, aktuell Cheflobbyistin der Energie-
und Wasserwirtschaft. Müller wie Andreae sitzen im Rat der Agora. Damit
arbeiten sie allerdings nicht wirklich für den Thinktank. Der Rat ist nur
ein Debattenforum, auch Politiker:innen von Union und FDP gehören ihm
an. Bis Redaktionsschluss am Donnerstag hatte Habeck noch keinen Namen
verkündet.
Klar ist aber schon jetzt: Die Person, die Graichen nachfolgt, wird viel zu
tun haben. Deutschlands CO2-Emissionen sind zuletzt nur wenig gesunken, das
Tempo müsste sich mindestens verdreifachen. Die Energieökonomin Claudia
Kemfert sieht „viele offene Enden und Baustellen“. Als Beispiele nannte sie
die Neugestaltung des Strommarkts für die Energiewende und die Fortführung
der Wärmewende.
„Das ist kein einfacher Job, der da jetzt zur Disposition steht“, sagte
auch Barbara Metz von der Deutschen Umwelthilfe der taz. Die nächste
Herausforderung sei es, das Gebäudeenergiegesetz zum ökologischen
Heizungsaustausch „auch wirklich durchzubringen“. Zudem stünden weitere
Aufgaben an, etwa in Sachen Gebäudesanierung oder beschleunigtem
Solarausbau. Für unverzichtbar hält Metz den entlassenen Staatssekretär
indes nicht: „Ich sehe gar keine großen klimapolitischen Fortschritte.“ Sie
verwies dabei etwa auf die geplanten Überkapazitäten beim
Flüssiggasimport.
Anders sieht das Niklas Höhne, Gründer des NewClimate Institute. „Die
Fehler waren nicht gut“, twitterte er. Dennoch habe Graichen viel für den
Klimaschutz getan. An diesen gerichtet, schrieb Höhne: „Ohne dich wären wir
längst nicht so weit.“
19 May 2023
## LINKS
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## AUTOREN
Susanne Schwarz
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Energiewende
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