| # taz.de -- Misslungene Aktion gegen Antisemitismus: Mit Hass gegen Hass | |
| > Die Kampagne „Solidarisch gegen Hass“ will den „Antisemiten des Jahres�… | |
| > küren. Ein Werbebild stößt auf scharfe Kritik, auch aus dem Senat. | |
| Bild: Kann auch nichts dafür | |
| Berlin taz | Was machen die Logos der Menschenrechtsorganisation Amnesty | |
| International, der Israel-Boykott-Kampagne BDS und ein Judenstern auf dem | |
| Hintern eines Esels, der Richtung Wüste trabt? Sie bewerben eine | |
| Veranstaltung der Kampagne „Solidarisch gegen Hass“ am kommenden Sonntag | |
| auf dem Bebelplatz. Gekürt werden soll dort „der Antisemit des Jahres“, | |
| der, so heißt es ebenso auf dem Ankündigungsbild, „mit seinesgleichen in | |
| die Wüste“ geschickt werden soll. Während der [1][BDS] dauerhaft des | |
| Antisemitismus bezichtigt wird, [2][ist Amnesty seit einem Anfang des | |
| Jahres veröffentlichten Bericht unter Beschuss, in dem Israel eine | |
| „Apartheidspolitik“ gegen Palästinenser:innen vorgeworfen wird]. | |
| Die als Kundgebung angemeldete Veranstaltung verspricht eine „große Show“ … | |
| sorgt aber bereits jetzt für große Kritik. Auf Twitter werfen User:innen | |
| den Veranstalter:innen vor, selbst Hass zu schüren. | |
| Wieland Hoban, Vorsitzender des Vereins Jüdische Stimme für gerechten | |
| Frieden in Nahost, kritisiert in einem Brief den Antisemitismusbegriff der | |
| Veranstalter:innen. Dieser diene dazu, „Kritik am Umgang des Staates Israel | |
| mit der palästinensischen Bevölkerung zu deligitimieren“ und dafür Amnesty | |
| „auf eine Ebene mit der Holocaustrelativierung der Querdenker“ zu stellen. | |
| „Dazu evozieren die Bilder von Esel und Wüste rassistische Stereotype, die | |
| arabischstämmige Menschen als rückständig und barbarisch darstellen“, so | |
| Hoban weiter. | |
| Als Provokation empfinden Hoban und andere auch den Termin. Am 15. Mai | |
| begehen Palästinenser:innen den Nakba-Tag, mit dem an Flucht und | |
| Vertreibung von etwa 700.000 arabischen Palästinenser:innen im Zuge | |
| der Staatengründung Israels und des ersten arabisch-israelischen Krieges ab | |
| 1947 erinnert werden soll. In Berlin sind für diesen Tag zwei | |
| Demonstrationen in Mitte und Kreuzberg angemeldet. | |
| ## Hochkarätige Jury | |
| Die Kampagne „Solidarisch gegen Hass“ war 2019 nach einem antisemitischen | |
| Übergriff auf den Rabbiner Yehuda Teichtal ins Leben gerufen worden und | |
| soll als Plattform dienen, die eine „öffentlich sichtbare Solidarisierung | |
| mit Betroffenen vorurteilsmotivierter Straftaten ermöglicht“. Trägerinnen | |
| sind das Jüdische Bildungswerk für Demokratie gegen Antisemitismus Jehi | |
| ’Or, die Jüdische Gemeinde und das Jüdische Bildungszentrum Chabad | |
| Lubawitsch. | |
| Entsprechend hochkarätig ist auch die Fachjury besetzt, die die | |
| Antisemitenwahl durchführen soll. Angekündigt sind der | |
| Antisemitismusbeauftragte der Jüdischen Gemeinde Berlin, Sigmount | |
| Königsberg, sowie deren ehemalige Vorsitzende Lala Süsskind, der Rapper Ben | |
| Salomo und Jana Erdmann von Chabad Lubawitsch. Eine Rede soll Rabbiner | |
| Teichtal halten. 50 Teilnehmer:innen sind angekündigt. | |
| Für Aufregung sorgt, dass die Kampagne von der Senatsverwaltung für Justiz, | |
| Vielfalt und Antidiskriminierung aus Mitteln des „Landesprogramms gegen | |
| Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus“ unterstützt wird, wie auch | |
| ein Logo auf dem Veranstaltungsbild zeigt. Auf Anfrage der taz bestätigt | |
| die Justizverwaltung die Förderung, betont aber, keinen Einfluss auf die | |
| konkrete Arbeit zu nehmen. | |
| ## Gespräch angekündigt | |
| Gleichwohl hält sich das Haus von Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) mit | |
| Kritik nicht zurück: „Nach unserer Einschätzung leisten das Poster und die | |
| Veranstaltung keinen guten Beitrag zu dem wichtigen Einsatz gegen | |
| Antisemitismus, den das Projekt ‚Solidarisch gegen Hass‘ leistet.“ | |
| Weiter heißt es, man stelle sich „entschieden gegen | |
| Kommunikationsstrategien und Kampagnen, die auf der Herabwürdigung von | |
| Personengruppen basieren“, dies leiste „keinen Beitrag zu der von | |
| gegenseitigem Respekt geprägten Gesellschaft, für die wir uns einsetzen“. | |
| Angekündigt wird, das Gespräch mit den Projektverantwortlichen zu suchen. | |
| Diese reagierten am Mittwoch nicht auf eine Anfrage der taz. | |
| Reagiert hat unterdessen der Kurznachrichtendienst Twitter, der den Kanal | |
| von „Solidarisch gegen Hass“ aufgrund eines Verstoßes gegen die | |
| Nutzerrichtlinien vorübergehend gesperrt hat. Am Mittwochnachmittag war | |
| der Kanal wieder erreichbar, allerdings ohne das entsprechende Posting. | |
| 11 May 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Erik Peter | |
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