# taz.de -- Mehr Hilfesuchende an den Unis: Wenn das Studium krank macht | |
> An den Universitäten nimmt der Leistungsdruck zu, viele Studierende haben | |
> Existenzangst. In der psychologischen Beratungsstelle in Bremen ist das | |
> spürbar. | |
Bild: Nicht nur im Studium ein wachsendes Problem: Depressionen | |
HAMBURG taz | Für viele ist der Beginn eines Studiums mit der Hoffnung auf | |
Erfolg in einem neuen Lebensabschnitt verbunden. Dass aber nicht alle | |
diesen Einschnitt unbeschadet überstehen, erfährt man, wenn man mit Swantje | |
Wrobel spricht. Sie ist Leiterin der Psychologischen Beratungsstelle des | |
Studierendenwerks Bremen. Innerhalb eines Jahres nehmen hier im Schnitt | |
1.200 Studierende ihr Beratungsangebot in Anspruch. In den letzten 15 | |
Jahren hat sich diese Zahl fast verdreifacht, sagt Wrobel. | |
Gerade nach der Umstellung auf das Bachelor/Master-System seien die | |
Beratungszahlen massiv gestiegen, erklärt Wrobel. Insbesondere für | |
Studienanfänger folge auf die Schule ein nicht zu unterschätzender | |
Leistungsdruck. | |
Trotz einer stärker werden Verschulung fordert ein Studium gegenüber der | |
Schule ein deutlich größeres Maß an Selbstständigkeit. Das ist für viele | |
eine große Umstellung, da das Schulleben eine klare Struktur vorgab. Als | |
Konsequenz ist ein durchdachtes Zeitmanagement für Uni, Freizeit und | |
Haushalt unabdingbar. Manche junge Studierende kann das überfordern, so | |
dass sie sich in prekären Situationen wiederfinden. | |
Das gelte insbesondere, wenn sie selbst noch „nicht ganz so stabil“ seien, | |
erklärt Wrobel: „In jungen Jahren findet auch noch | |
Persönlichkeitsentwicklung statt.“ Orientierungslosigkeit und | |
Versagenssängste seien die Folgen. | |
## Mehr depressive Symptome | |
Zusätzlich seien diejenigen, welche ihr Studium selbst finanzieren müssten, | |
mit Existenzängsten konfrontiert. Seit 2010 kämen deshalb vermehrt | |
Studierende mit depressiven Symptomen in die Beratung erklärt Wrobel – dazu | |
gehörten unter anderem ein sozialer Rückzug, Schlafstörungen, | |
Antriebslosigkeit oder ein andauerndes Leeregefühl. In diesen Fällen werde | |
etwa jedeR dritte Hilfesuchende in begleitende therapeutische Maßnahmen | |
weiter vermittelt. | |
Nicht selten ziehen Studierende als persönliche Konsequenz einen | |
Studienabbruch in Erwägung. Derzeit liegt die Studienabbruchquote bei etwa | |
27 Prozent. | |
Dabei muss ein „Abbruch“ nicht gleich ein negativer Einschnitt sein, | |
sondern kann auch eine Möglichkeit für einen neuen Weg eröffnen, um sowohl | |
die Wahl des Studiums als auch Alternativen neu zu bewerten. Um den | |
aktuellen Entwicklungen entgegen zu steuern, schlägt Wrobel vor, schon in | |
der Schule die Selbstständigkeit vermehrt zu fördern und an eigenen | |
Projekten zu arbeiten. | |
Aber auch auf Seiten der Hochschulen sieht sie Handlungsbedarf: „Es wäre | |
wichtig, den Betreuungsschlüssel in der Hochschule zu verbessern“. | |
Komplementär dazu wäre mehr Kooperationsarbeit zwischen Schulen und | |
Hochschulen wünschenswert. Durch diese Maßnahmen erhofft sie sich einen | |
besseren Übergang zwischen Schule und Uni. | |
Könnte das auch das Studierendenwerk in der Schule leisten? Wrobel ist hier | |
ernüchtert: „Wir vom Studierendenwerk dürfen das gar nicht, obwohl wir die | |
Notwendigkeit sehen.“ Für sie wäre das Präventionsarbeit. Dafür hätte das | |
Studierendenwerk derzeit aber kein Geld. | |
## Sprechstunde für akute Krisen | |
An der Uni zumindest versucht die Psychologische Beratungsstelle, möglichst | |
viele zu erreichen. Damit es die Betroffenen leichter haben sich Hilfe zu | |
suchen, bietet sie deshalb auch eine Online-Beratung an. Für akute Krisen | |
gibt es zudem eine Kurzsprechstunde, in der man innerhalb von 48 Stunden | |
einen Termin bekommt. | |
Als Reaktion auf den erhöhten Bedarf wurden die Wartezeiten für ein | |
persönliches Beratungsgespräch auf drei bis vier Wochen verringert. Zudem | |
werden verschiedene Workshops zum Beispiel gegen Prüfungsangst und für mehr | |
Arbeitsstruktur angeboten. | |
17 Apr 2019 | |
## AUTOREN | |
Sina Monpetain | |
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