# taz.de -- Machtwechsel in Südafrika: Zuma, Gupta und die Räuber | |
> Während das Land weiter auf den Rücktritt von Präsident Zuma wartet, holt | |
> die Justiz zum Schlag gegen sein Korruptionssystem aus. | |
Bild: Während die Kritik an Zuma immer lauter wird, durchsucht die Polizei das… | |
Der Amtssitz des südafrikanischen Präsidenten befindet sich in den „Union | |
Buildings“, einem monumentalen Kolonialbau in der Hauptstadt Pretoria. Vor | |
der Touristenattraktion, bei ihrer Fertigstellung vor 115 Jahren das größte | |
Gebäude auf der südlichen Erdhalbkugel, warteten am Mittwoch Journalisten | |
vergeblich auf Präsident Jacob Zuma, der sich zu seiner Abberufung als | |
Staatschef durch den Vorstand des regierenden ANC (Afrikanischer | |
Nationalkongress) am Vortag äußern sollte. Währenddessen [1][spielte die | |
Musik] in der nahen Metropole Johannesburg vor einem Gebäude, das manche | |
Beobachter inzwischen für das wahre Machtzentrum des Landes halten: die | |
hinter hohen Mauern verborgene Luxusresidenz der Unternehmerfamilie Gupta. | |
15 Einsatzfahrzeuge der Elitepolizeieinheit „Hawks“ riegelten das | |
weitläufige Gelände ab, drinnen schwärmten Beamte aus und beschlagnahmten | |
Dokumente und Computer. Ajay Gupta, der älteste der drei berüchtigten | |
Brüder der indischstämmigen Geschäftsfamilie, wurde festgenommen. Es geht | |
um den beherrschenden Einfluss einer Unternehmerfamilie auf Südafrikas | |
Staat in der Zeit seit dem Amtsantritt von Jacob Zuma als Präsident 2009. | |
„State Capture“ heißt das in Südafrika: Milliardenschwere Staatsaufträge… | |
Firmen im Gupta-Besitz, an denen Angehörige der Präsidentenfamilie | |
beteiligt sind; und die Vergabe von Regierungsposten an Gupta-Freunde. | |
Gupta-Zuma – das ist eine Freundschaft, die lange zurückreicht. Die Brüder | |
Ajay, Atul und Rajesh Gupta – alle in ihren Vierzigern – unterhalten seit | |
mindestens zehn Jahren politische Beziehungen zu führenden Mitgliedern des | |
ANC. Sie gehören nicht zur alteingesessenen indischstämmigen Minderheit in | |
Südafrika, sondern sie wanderten erst 1993, kurz vor dem Ende der | |
Apartheid, aus Indien nach Südafrika aus, auf Anregen ihres Vaters, der | |
glaubte, Südafrika würde jetzt das „Amerika der Welt“ werden. In ihrer | |
Heimat waren die Guptas kleine Geschäftsmänner – in Südafrika wurden sie | |
die Größten, zentrale Säulen einer neuen Unternehmerschicht um den ANC, die | |
die alten weißen Wirtschaftsbosse als Bestimmer der Geschicke des Landes | |
ablösen sollte. | |
Die Guptas bauten ein Wirtschaftsimperium mit rund 10.000 Mitarbeitern auf, | |
basierend auf dem Familienunternehmen „Sahara Computers“ und ausgeweitet in | |
Medien und Bergbau. Ihnen gehören die südafrikanische Tageszeitung New Age | |
und der 14-Stunden-TV-Kanal „African News Network“. Auch an Technologie, | |
Luftfahrt und dem Energiesektor zeigten sie Interesse. | |
## Bedenkliche Hochzeitsreise | |
Bedenken wegen Einflussnahme kamen in der breiteren Öffentlichkeit erstmals | |
2013 auf, als ein Flugzeug der Gupta-Familie voller Hochzeitsgäste auf dem | |
militärischen Flughafen Waterkloof in der Nähe von Pretoria landen durfte | |
und die 200 Gäste aus Indien dann von der Polizei zur Hochzeitsfeier im | |
Edelressort Sun City eskortiert wurden. Der Vorfall wurde zum Symbol für | |
die Verflechtung zwischen zwei Familien: Jacob Zuma nutzte sein Amt als | |
Präsident, um seinen Freunden Vorteile zu verschaffen. | |
Denn zum Gupta-Wirtschaftsimperium gehörten auch Familienangehörige des | |
mehrfach verheirateten Präsidenten. Eine seiner Frauen, Boni Ngema-Zuma, | |
arbeitete in einer Gupta-geführten Mine. Die Tochter des Präsidenten, | |
Duduzile Zuma, war Direktorin bei Sahara Computers. Duduzane Zuma, einer | |
seiner Söhne, war Direktor von mehreren Gupta-Firmen. | |
Die Zuma-Angehörigen haben ihre Posten mittlerweile niedergelegt. Doch | |
Vorwürfe der politischen Einflussnahme beschäftigten staatliche | |
Ermittlungsbehörden. Südafrikas Antikorruptionsermittlerin (Public | |
Protector) Thali Madonsela veröffentlichte Ende 2016 einen vernichtenden | |
Bericht über Vorwürfe, wonach Ajay Gupta in der Familienresidenz in | |
Saxonwold befreundeten ANC-Politikern Ministerposten in Zumas Regierung | |
angeboten habe, im Austausch für Gefälligkeiten. Es ging um | |
„Unregelmäßigkeiten, Bereicherung, Korruption, Einflussnahme auf die | |
Vergabe von Verträgen, Bergbaulizenzen und staatlicher Werbung“. Der | |
Bericht mit dem Titel „Capture of State“ sah klare Hinweise dafür, dass | |
Zuma den Gupta-Brüdern unzulässig Einfluss auf die Ernennung von Ministern | |
und Top-Managern gewährt hat. | |
Zuma nannte den Bericht „politische Propaganda“ und setzte seine zentrale | |
Empfehlung einer unabhängigen Untersuchung nicht um. Doch vergangenes Jahr | |
wurden dann auch noch Unmengen E-Mail-Verkehr aus dem Gupta-Umfeld den | |
Medien zugespielt, und daraus entwickelte der Skandal ein Eigenleben, das | |
Zuma nicht mehr kontrollieren konnte. Erst im Januar, als er bereits als | |
ANC-Parteichef abgewählt war, stimmte er einer Untersuchung zu. | |
## Zweifelhaftes Agrarprojekt | |
Duduzane Zuma, der 35-jährige Sohn des Präsidenten, erwies sich in den | |
Gupta-Leaks als Schlüsselfigur bei Entscheidungen seines Vaters – während | |
er selbst geschäftlich mit den Guptas verbandelt war. Auch Duduzane Zuma | |
sollte bei den Razzien verhaftet werden. Sein Anwesen nur zwei Häuserblocks | |
von der Gupta-Residenz entfernt gehört einer Firma, die er gemeinsam mit | |
den Guptas besitzt. Aber er ist abgetaucht. Medienberichten zufolge | |
verhandelt er mit der Polizei über einen Kronzeugendeal. | |
Die aktuellen Verhaftungen stehen in Zusammenhang mit einem ganz konkreten | |
Einzelfall. Im Jahr 2013 schenkte die ANC-Provinzregierung des | |
Bundesstaates „Free State“, auf dem trockenen Hochland im ländlichen | |
Zentrum Südafrikas gelegen, dem bis dahin unbekannten Unternehmen Estina | |
eine Gratispacht über 99 Jahre auf 4.400 Hektar Farmland im Geburtsdorf des | |
provinziellen Agrarministers Mosebenzi Zwane. Auf der „Vrede Dairy Farm“ | |
sollten mit Staatshilfe schwarze Kleinbauern angesiedelt werden. Aber | |
daraus wurde nichts. | |
Denn die Firma Estina, an der gleichen Johannesburger Adresse ansässig wie | |
mehrere Gupta-Unternehmen, erhielt zwar von der Provinzregierung 114 | |
Millionen Rand (damals rund 10 Millionen Euro) für das Bauernprojekt. Aber | |
das meiste davon sowie von weiteren staatlichen Zahlungen an andere | |
beteiligte Unternehmen wanderte direkt weiter auf Gupta-Bankkonten in | |
Dubai, so die Vorwürfe – insgesamt verschwanden über 200 Millionen Rand. | |
Unter anderem sollen die Guptas damit die berüchtigte Luxushochzeit von Sun | |
City bezahlt haben. | |
Eines der beteiligten Unternehmen wurde vom Präsidentensohn Duduzane Zuma | |
geleitet. Der für den Deal verantwortliche provinzielle Agrarminister Zwane | |
ist heute Südafrikas Bergbauminister. Der damalige | |
Free-State-Regierungschef Ace Magashule ist seit Dezember | |
ANC-Generalsekretär. | |
Seit Mittwoch sind fünf Personen im Zusammenhang mit diesem Skandal in | |
Haft, darunter Zwanes damaliger Büroleiter Peter Thabethe. Ist das nun der | |
Anfang vom Ende? Südafrikas Opposition und zivilgesellschaftliche Gruppen | |
hoffen es. Jedes einzelne Mitglied der „Guptokratie“, wie es der | |
Gewerkschaftsverband SAFTU ausdrückt, müsse zur Rechenschaft gezogen | |
werden. „Keine Ausnahmen, Amnestien, Begnadigungen oder Deals.“ | |
14 Feb 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Suedafrikas-umstrittener-Praesident-Zuma/!5484950 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
Martina Schwikowski | |
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