# taz.de -- Lutze fordert Lafontaines Rücktritt: Eskalation bei der Saarland-L… | |
> Der Landesvorsitzende, Thomas Lutze, fordert Oskar Lafontaine zum | |
> Rücktritt auf. Dabei ist es Lutze, gegen den die Staatsanwaltschaft | |
> ermittelt. | |
Bild: Inzwischen erbitterte Gegner: Oskar Lafontaine (klein) und Thomas Lutze (… | |
FRANKFURT A. M. taz | Der Machtkampf bei den Saar-Linken erreicht eine | |
Woche vor der Kanidat:innenwahl für die Bundestagswahl eine neue | |
Qualität. Am Sonntag forderte der Landesvorstand unter Vorsitz von Thomas | |
Lutze den Parteigründer Oskar Lafontaine auf, die Partei zu verlassen und | |
sein Parlamentsmandat aufzugeben. | |
Lutze, seit 2009 saarländischer Linkenabgeordneter im Bundestag, kämpft um | |
Platz eins der Landesliste, die am kommenden Sonntag im saarländischen | |
Neunkirchen aufgestellt wird. Am Montag keilte die Landtagsfraktion unter | |
Lafontaines Vorsitz zurück. Mit dieser Rücktrittsforderung habe sich der | |
Landesvorstand „endgültig disqualifiziert“, heißt es in einer Erklärung. | |
Die Landtagsfraktion stemmt sich zudem geschlossen gegen eine erneute | |
Bundestagskandidatur Lutzes. „Nur durch eine Neuaufstellung, die das | |
Betrugssystem der vergangenen Jahre überwindet, hat die Linke an der Saar | |
eine Zukunft“, heißt es in dem Beschluss der Fraktion. | |
Erstmals hat jetzt ein Gegenkandidat seinen Hut für den Showdown in den | |
Ring geworfen. Der 27-jährige Landtagsabgeordnete Dennis Lander bestätigte | |
der taz am Montag, er werde bei der Landesversammlung gegen Lutze antreten. | |
Als Grund nannte er die „existenzielle Krise“ der Landespartei. Die Linken | |
im Landtag sagten ihrem jüngsten Fraktionskollegen „einstimmig“ ihre | |
Unterstützung für die Kampfkandidatur gegen den amtierenden | |
Landesvorsitzenden Lutze zu. | |
## Eine lange Liste an Vorwürfen | |
Gegenseitige Vorwürfe überschatten die politische Arbeit der Saar-Linken | |
seit Jahren. Bei den Landtags- und Bundestagswahlen erreicht der im Westen | |
erfolgreichste Landesverband gleichwohl stets zweistellige Ergebnisse, | |
trotz der öffentlich ausgetragenen Querelen. | |
Spätestens seit der Listenaufstellung zur Bundestagswahl 2017 im | |
saarländischen Klarenthal muss sich der Landesvorsitzende Lutze, der damals | |
zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl gewählt wurde, [1][mit | |
Manipulationsvorwürfen auseinandersetzen.] Die saarländische | |
Landeswahlleiterin ließ die Landesliste nur unter schweren Bedenken zu. | |
Die Liste der Vorwürfe gegen Lutze ist lang: Er habe für Prämien von 50 | |
Euro Stimmen gekauft, die Mitgliederlisten hätten er und seine | |
MitstreiterInnen verfälscht, heißt es in einer Strafanzeige der früheren | |
Landesvorsitzenden Astrid Schramm aus dem Dezember letzten Jahres. Sie | |
reichte eidesstattliche Erklärungen und Dokumente ein, die der taz | |
vorliegen. | |
Inzwischen [2][ermittelt die Saarbrücker Staatsanwaltschaft] wegen des | |
Verdachts der Urkundenfälschung gegen den Bundestagsabgeordneten, dessen | |
Immunität aufgehoben wurde. | |
## Eine „innerparteiliche Schlammschlacht“? | |
Der von Lutze dominierte Landesvorstand beschuldigt jetzt Lafontaine und | |
seine Fraktionsvize Schramm, eine „innerparteiliche Schlammschlacht | |
zulasten der Partei“ zu inszenieren, wegen „persönlicher Befindlichkeiten�… | |
Die Fraktion mit Lafontaine an der Spitze bezichtigt Lutze im Gegenzug | |
erneut „betrügerischer Machenschaften“. In dem Fraktionsbeschluss heißt e… | |
„Es besteht die Gefahr, dass Thomas Lutze während des Bundestagswahlkampfs | |
wegen Urkundenfälschung und anderer Vergehen angeklagt wird.“ | |
Man habe dem Landesverband in „intensiven Gesprächen“ geraten, die | |
Landesliste nicht auf einer Mitgliederversammlung, sondern wie bundesweit | |
üblich über eine Delegiertenversammlung zu wählen, sagte der | |
Geschäftsführer der Bundespartei, Jörg Schindler, der taz. | |
„Mitgliederversammlungen sind fehleranfälliger“, so Schindler zur | |
Begründung. Der Landesverband habe sich aber dagegen entschieden. | |
Schindler wies Gerüchte zurück, er habe Lutze von der Kandidatur abgeraten. | |
„Dass die Bundespartei entscheidet, wie die Spitzen der Landesverbände | |
zusammengesetzt sind, ist ein No-Go“,sagte Schindler. „Die Genossen an der | |
Saar müssen jetzt eine gemeinsame Liste aufstellen. Sonst wird das nix.“ | |
Der 27-jährige Dennis Lander, Mitglied des SprecherInnenrats der | |
Linksjugend Solid an der Saar, hatte lange gezögert, gegen Lutze | |
anzutreten. Er wolle sich auf seine Aufgabe als rechts- und | |
innenpolitischer Sprecher der Fraktion konzentrieren und bei der | |
Landtagswahl 2022 erneut antreten, hatte er der taz noch im April | |
versichert. Doch Ende der vergangenen Woche habe er sich neu entschieden. | |
## Lutze weist alle Vorwürfe von sich | |
Der wichtigste Zeuge für die Strafanzeige gegen Lutze, der Saarlouiser | |
Stadtverbandsvorsitzende Mekan Kolasinac, hatte nämlich nachgelegt. Der | |
frühere Mitarbeiter hatte am Donnerstag öffentlich erklärt, er sei von | |
Lutze aus Mitteln des Bundestages für Parteiarbeit eingesetzt worden, was | |
rechtswidrig wäre. | |
Kolasinac bestätigte gegenüber der taz am Montag diese neuen Vorwürfe. Für | |
die Kandidatenaufstellung 2017 habe er „zwei Busse mit Mitgliedern“ | |
organisiert, um Lutze damals Platz eins zu sichern. Kolasinac ist ein im | |
Saarland ebenso bekannter wie umstrittener Linker. Wegen antisemitischer | |
Posts musste er sogar einmal eine Geldstrafe zahlen. | |
Lutze wies gegenüber der taz die neuerlichen Vorwürfe zurück. Er trenne | |
„bestmöglich“ Parteiarbeit und Arbeit als Mandatsträger. Kolasinac sei von | |
Anfang 2017 bis Ende 2020 mit acht Wochenstunden bei ihm geringfügig | |
beschäftigt gewesen, teilte Lutze der taz mit und fügte hinzu: „Diese | |
Vorwürfe reihen sich ein in eine persönliche Kampangne gegen mich und sind | |
unbegründet“. | |
1 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Christoph Schmidt-Lunau | |
Anna Lehmann | |
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