Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Skandal um Linkspartei im Saarland: Korruptionsgroteske geht weiter
> Der Linken-Vorsitzende im Saarland streitet ab, Stimmen gekauft zu haben.
> Die Polizei vernimmt erste Zeugen. Vom Kronzeugen kommen schwere
> Vorwürfe.
Bild: Der saarländische Linken-Landesvorsitzende Thomas Lutze streitet Stimmen…
Frankfurt am Main taz | In einer schriftlichen Erklärung hat der
saarländische Linken-Landesvorsitzende, der Bundestagsabgeordnete Thomas
Lutze, gegenüber der taz den Vorwurf zurückgewiesen, er habe bei seiner
Kandidatenaufstellung für die Bundestagswahl im Jahr 2017 Stimmen gekauft
und die Wahl manipuliert.
Die taz hatte Anfang Januar [1][über Vorermittlungen der Staatsanwaltschaft
Saarbrücken berichtet]. Anlass dafür ist eine Strafanzeige der ehemaligen
Landesvorsitzenden der Saar-Linken und Landtagsabgeordneten, Astrid
Schramm. Ihr Vorwurf: Bei der Aufstellung der Kandidatinnen der Saar-Linken
zur Bundestagswahl hätten Lutze und seine MitstreiterInnen Stimmen von
Mitgliedern gekauft, um dessen Wahl auf Platz eins der Landesliste zu
sichern, seine MitarbeiterInnen hätten zudem Stimmzettel kontrolliert.
In der Strafanzeige werden diese Vorgänge als „Wahlfälschung“ und
„Wählerbestechung“ gewertet. Damit fährt Schramm schweres Geschütz auf,
denn für diese Delikte sieht das Strafgesetzbuch Geld- oder Haftstrafen von
bis zu fünf Jahren vor. Kronzeuge für die Vorwürfe ist Mekan Kolasinac,
Gastronom und Linken-Vorsitzender in Saarlouis.
Kolasinac war bis zum Jahresende „auf 450-Basis“ Lutzes
Wahlkreismitarbeiter und belastet ihn inzwischen schwer. Lutze habe 2017 im
Vorfeld der Kandidatenaufstellung im internen Kreis jedem Mitglied 50 Euro
versprochen, der bei der Kandidatenaufstellung für ihn stimmen werde, gab
der Zeuge zu Protokoll.
## Wer zahlte wem wo was? Und wofür?
Bei der Wahlversammlung in Klarenthal hätten Lutzes MitstreiterInnen
„braune Briefumschläge mit 50 Euro“ an die verteilt, die ‚richtig‘
abgestimmt hätten, von ihnen seien sogar Stimmzettel kontrolliert worden –
versicherte Kolasinac an Eides statt.
Lutze weist diese Darstellung gegenüber der taz zurück. „Es gibt von mir
keine Aussage, dass jemand 50 Euro oder einen anderen Geldbetrag erhalten
solle, der/die mich wählt“, schreibt er und fügt hinzu: „Ob Herr Kolasinac
irgendjemand Geld gegeben hat, kann ich nicht sagen. Von mir hatte er dazu
keinen Auftrag.“
Beim Thema ‚Kontrolle von Stimmzetteln‘ dreht Lutze den Spieß um: „Ja, v…
Herrn Kolasinac wurden während der Stimmabgabe Stimmzettel kontrolliert“,
schreibt Lutze, mehreren Teilnehmern sei das aufgefallen; der damalige
Landesgeschäftsführer Andreas Neumann (bis heute ein enger Vertrauter
Lutzes) habe deshalb – vergeblich – beantragt, die Abstimmung zu
wiederholen.
Auch eine Bareinzahlung von 1286,30 Euro in die Parteikasse mit angeblich
gefälschten Beitragsquittungen bleibt umstritten. Kolasinac will das Geld
von Lutze erhalten haben; er habe damit Beiträge säumiger Mitglieder
bezahlen sollen, um ihnen das Stimmrecht zu sichern.
## Antisemitische Ausfälle
Lutze schreibt, das Geld stamme „aus einer Beitragskassierung
(Barzahlungen), die Herr Kolasinac in der Landesgeschäftsstelle abgerechnet
hat“. Wie andere, auch Mitbewerber, habe er in der Vergangenheit Dritten,
„in der Regel Menschen mit sehr geringem Einkommen“ bei den
Mitgliedsbeiträgen geholfen. „Eine Verbindung zu wohlwollendem
Stimmverhalten habe ich nie hergestellt“, versichert Lutze.
Kolasinac bleibt bei seiner Darstellung. Dem SR berichtete er, er sei in
der vergangenen Woche von der Polizei fünf Stunden lang vernommen worden,
ein weiterer Termin sei vereinbart. Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken
erklärte der taz dazu lapidar: „Die Überprüfungen laufen. Weitere Auskünf…
können gegenwärtig nicht erteilt werden.“
Kolasinac selbst kämpft inzwischen noch an einer anderen Front. Das
Landesschiedsgericht hat ihn im Dezember aus der Partei ausgeschlossen. Als
Grund nennt das Gericht eine antisemitische Aussage Kolasinacs aus dem Jahr
2017. Im Konflikt zwischen dem Bundesvorstand und [2][der damaligen
Fraktionschefin Sarah Wagenknecht] hatte Kolasinac den Linken-Vorsitzenden
Bernd Riexinger als „feigen, hinterhältigen Juden“ verunglimpft.
Bei seiner Entschuldigung hatte er den nächsten Fauxpas geliefert. Er habe
„Judas“, nicht Jude schreiben wollen, irrlichterte Kolasinac und
[3][erntete einen neuen Sturm der Entrüstung]. Mit seinen Äußerungen habe
er „dem Bild der Partei in der Öffentlichkeit geschadet“, so der Beschluss
des Schiedsgerichts.
Lutze selbst hatte Kolasinac nach dessen Entgleisungen in Schutz genommen.
Damals hatte er dessen Aussagen als „voll daneben“ bezeichnet; gleichwohl
habe jeder „einen Schuss frei“, so Lutze damals. Bei der
Mitgliederversammlung 2019 unterstützte er Kolasinac sogar noch bei der
Wahl in den Landesvorstand.
Kolasinac habe einen Fehler gemacht und sich entschuldigt, „da muss man es
auch mal gut sein lassen“, warb der damals frisch gewählte
Landesvorsitzende Lutze für seinen Mitarbeiter. Der gehört seitdem als
Beisitzer dem Landesvorstand an. Da Kolasinac seinen Parteiausschluss beim
Bundesschiedsgericht angreift, bleibt er bis auf weiteres auch
Ortsvorsitzender der Linken in Saarlouis.
28 Jan 2021
## LINKS
[1] /Streit-in-der-Linkspartei-im-Saarland/!5741363
[2] /Wagenknecht-tritt-wieder-an/!5746027
[3] /Zoff-in-der-Saar-Linken/!5458101
## AUTOREN
Christoph Schmidt-Lunau
## TAGS
Saarland
Antisemitismus
Die Linke
Schwerpunkt Korruption
Wahlmanipulation
Saarland
Die Linke
Bundestag
Bundestagsabgeordnete
Saarland
## ARTIKEL ZUM THEMA
Lutze fordert Lafontaines Rücktritt: Eskalation bei der Saarland-Linken
Der Landesvorsitzende, Thomas Lutze, fordert Oskar Lafontaine zum Rücktritt
auf. Dabei ist es Lutze, gegen den die Staatsanwaltschaft ermittelt.
Oskar Lafontaine macht Druck: Showdown bei den Saar-Linken
Oskar Lafontaine will, dass der Landesvorsitzende Lutze auf eine
Bundestagskandidatur verzichtet. Gegen Lutze gibt es heftige
Korruptionsvorwürfe.
Bundestagsabgeordneter der Linkspartei: Ermittlungen gegen Thomas Lutze
Die Staatsanwaltschaft bestätigt ein Ermittlungsverfahren gegen den
Linken-MdB. Es geht um mutmaßlich gekaufte Stimmen und Urkundenfälschung.
Wagenknecht tritt wieder an: Spitzen- oder Spaltungskandidatin
Sahra Wagenknecht kandidiert in NRW wieder für den Bundestag. Der
Landesvorstand stellte sich hinter sie. Andere warnen vor Schaden für die
Partei.
Streit in der Linkspartei im Saarland: Bis zur Staatsanwaltschaft
Der Streit in der Saar-Linken eskaliert. Ein Ex-Mitarbeiter sagt, der
Bundetsagsabgeordnete Thomas Lutze habe Stimmen gekauft.
Zoff in der Saar-Linken: „Jude“ oder „Judas“?
Die Affäre um antisemitische Äußerungen des Saarlouiser Linksparteichefs
Mekan Kolasinac ist ein Tiefpunkt der Grabenkämpfe der Partei.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.