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# taz.de -- Landesversammlung der Saar-Linken: Oskars letztes Gefecht
> Die Linken im Saarland wählen Thomas Lutze zum Spitzenkandidaten. Der
> Lagerkrieg im bislang erfolgreichsten West-Landesverband geht weiter.
Bild: Thomas Lutze bei der Mitgliederversammlung der Linken im Saarland
Neunkirchen taz | „Intrigenspiel“, „Schlammschlacht“, „Vorverurteilun…
die feindlichen Lager der Saar-Linken hatten vor der entscheidenden
Landesversammlung in Neunkirchen verbal heftig aufgerüstet. Die Fronten
waren ebenso klar wie unversöhnlich: Einstimmig hatte die Landtagsfraktion
unter dem Vorsitz von Oskar Lafontaine davor gewarnt, den
Bundestagsabgeordneten Thomas Lutze erneut zum Spitzenkandidaten für die
Bundestagswahl zu nominieren; schließlich ermittele die Staatsanwaltschaft
Saarbrücken gegen ihn wegen des [1][Verdachts der Urkundenfälschung].
Zuvor hatte der Landesvorstand unter Lutzes Vorsitz Lafontaine und die
frühere Landesvorsitzende Astrid Schramm sogar zum Parteiaustritt und
Mandatsverzicht aufgefordert, weil sie eine Schlammschlacht inszenierten.
Am Ende einer schmutzigen Personaldebatte mit gegenseitigen Vorwürfen
siegte das Lutze-Lager. Mit 199 zu 150 Stimmen setzte sich der
Bundestagsabgeordnete gegen den 27-jährigen Landtagsabgeordneten Dennis
Lander durch.
Lutze bezeichnete nach seiner Wahl das Ergebnis als klares Signal auch an
Oskar Lafontaine und erinnerte an den Beschluss des Landesvorstands. Von
Lafontaine erwarte er ohnehin keine Unterstützung: „Er hat bei den letzten
Bundestagswahlen keinen Wahlkampf gemacht, ich erwarte auch diesmal nichts
von ihm“, sagte Lutze und fügte hinzu, ab sofort sei die Partei im
Wahlkampfmodus. Auf taz-Nachfrage ließ er gleichwohl eine Tür offen: „Jeder
ist eingeladen, wir kleben auch Oskar-Plakate.“
„Absurd“ nannte der unterlegene Kandidat Dennis Lander diese Sätze. Lander
war geschlossen von der Landtagsfraktion und vom Linken-Jugendverband Solid
unterstützt worden. Er habe ein Angebot für einen Neuanfang gemacht und
immerhin hätten mehr als 40 Prozent der Mitglieder dafür votiert. Der junge
Landtagsabgeordnete wertete das Ergebnis als Ermutigung, sich weiter für
einen Neuanfang und für die Überwindung der Spaltung in verfeindete Lager
einzusetzen. Er werde auch erneut für die Landtagswahl im nächsten Jahr
kandidieren.
Die Fragen, ob Lafontaine noch einmal antrete und warum er dieser wichtigen
Parteiversammlung ferngeblieben sei, konnte Lander nicht beantworten. „Ich
hätte mich gefreut, wenn er gekommen wäre“, sagte er auf taz-Nachfrage.
Kommt er oder kommt er nicht?
In beiden Lagern war vor Beginn der Versammlung über Lafontaine spekuliert
worden. Udo Reden, Fraktionsvorsitzender der Linken im Rat der Gemeinde
Bous, hatte wohl die weiteste Anfahrt. Der 64-jährige ehemalige
Krankengymnast war von seinem Coronaexil in einem Wohnwagen an der Côte
d’Azur nach Neunkirchen gereist. Thomas Lutze, sein Genosse aus PDS-Zeiten,
habe ihn angerufen, weil es knapp werden könnte. Da sei er natürlich
gekommen.
Er hatte den richtigen Riecher. „Wenn der Oskar nicht kommt, dann hat der
Thomas gewonnen. Dann hat Lafontaine nicht genug GenossInnen für seinen
Kandidaten mobilisieren können“. [2][Dass Lutze 2017 Stimmen gekauft und
Mitgliederlisten manipuliert haben soll], tut Reden als Intrige des
Lafontaine-Lagers ab.
Auch Walter Kappmeier sieht das so. Der 77-jährige pensionierte
Oberstudienrat ist seit 2003 bei den Linken. Immer wieder hätten Lafontaine
und seine MitstreiterInnen solche Vorwürfe bedient. „Sie sind den Beweis
schuldig geblieben!“, erregt er sich im Gespräch mit der taz und nennt
Lafontaine einen „absoluten Egomanen“. Er werde die Partei verlassen,
sollte sich Lafontaine durchsetzen. „Haltet schon mal Austrittsformulare
bereit“, hatte er bei seiner Registrierung den ParteimitarbeiterInnen
zugerufen.
Ebenso entschlossen traten Lutzes GegnerInnen in der Partei auf. Als
Landesvorsitzender habe dieser „satzungswidrig“ den Parteirat seit Jahren
nicht mehr einberufen, sagte ein Mitglied. „Was wäre die Partei ohne Oskar
Lafontaine?“, rief eine andere in der emotional geführten Debatte, in der
es wenig um Inhalte und viel mehr um gegenseitige Vorwürfe ging. „Schämt
Euch und packt ein!“, kommentierte eine erboste Kreisvorsitzende die
Rücktrittsforderung gegen Lafontaine.
Ein führender Genosse, der sich vor der Versammlung intern um eine
Versöhnung zwischen den Lagern bemüht hatte, sprach von zwei Zügen, die
aufeinander zugerast seien. Oskar Lafontaine meldete sich selbst per
Pressemitteilung. „Gegen das System manipulierter Mitgliederlisten und
fingierter Beitragszahlungen haben normale Mitglieder keine Chance“,
polterte Lafontaine und forderte den Bundesvorstand auf, „diesen
Betrügereien ein Ende zu bereiten.“
Der Kampf geht also weiter.
6 Jun 2021
## LINKS
[1] /Bundestagsabgeordneter-der-Linkspartei/!5759652
[2] /Die-Linke-vor-der-Bundestagswahl/!5444247
## AUTOREN
Christoph Schmidt-Lunau
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