# taz.de -- Lufthansa in der Corona-Krise: Den Staat draußen halten | |
> Um zu großen Einfluß des Bundes zu verhindern, denkt die Lufthansa über | |
> ein Schutzschirmverfahren nach. Dann könnten leichter Jobs abgebaut | |
> werden. | |
Bild: Flugzeuge der Lufthansa sind am Flughafen Frankfurt geparkt | |
BERLIN taz/rtr | Die Rettung der von der Coronakrise gebeutelten Lufthansa | |
entwickelt sich zum Poker. Um zu großen staatlichen Einfluss zu vermeiden, | |
wenn Deutschlands größte Airline von öffentlichen Geldern gestützt wird, | |
bringt der [1][Konzern mit 130.000 Mitarbeitern] nun offenbar eine andere | |
Sanierung ins Spiel: Die Lufthansa erwäge auch, sich über ein | |
Schutzschirmverfahren zu sanieren, wenn die Gespräche mit dem Bund | |
scheitern. Dies meldeten am Dienstag unter anderem die Agentur Reuters und | |
die [2][Süddeutsche Zeitung]. | |
Verhandlungen auf Staatssekretärsebene mit den Lufthansa-Bossen hatten laut | |
SZ am Montag massive Differenzen aufgezeigt, hieß es. Demnach wolle der | |
Bund Beihilfen in Höhe von bis zu etwa 9 Milliarden Euro in Form einer | |
Kapitalerhöhung und von Krediten gewähren, forderte dafür aber einen Anteil | |
von mindestens 25 Prozent an der Airline und zwei Posten im Aufsichtsrat. | |
Damit hätte er eine sogenannte Sperrminorität, also weitgehende | |
Eingriffsmöglichkeiten. Die Regierung habe zudem einen relativ üppigen | |
Zinssatz von 9 Prozent gefordert. | |
Wegen der Corona-Pandemie steckt die Luftfahrt in der schwersten Krise der | |
Nachkriegszeit. Die Lufthansa-Gruppe befördert derzeit nur noch 1 Prozent | |
der Passagiere im Vergleich zum Vorjahr. Lufthansa-Chef Carsten Spohr hatte | |
bereits angekündigt, der Konzern müsse dauerhaft schrumpfen. | |
100 Flugzeuge der rund 760 Maschinen großen Flotte sollten verschwinden, | |
etwa 10.000 Jobs stehen auf der Kippe. Der Abbau so vieler Arbeitsplätze | |
wäre mit den staatlichen Vertretern im Aufsichtsrat aber wohl kaum | |
durchsetzbar. Sie hätten zusammen mit der Arbeitnehmerseite eine Mehrheit | |
in dem Kontrollgremium. | |
## Condor zeigt Risiken auf | |
Wenn die Auflagen der Rettung die Wettbewerbsfähigkeit zu sehr | |
beschränkten, ziehe man das Schutzschirmverfahren in Betracht, hieß es aus | |
Lufthansa-Kreisen. Allerdings dauerten die Gespräche mit dem Bund noch an. | |
Unter dem Schutzschirm des Insolvenzrechts könnte sich die Lufthansa auch | |
eines Teils ihrer Schulden und der Pensionslasten entledigen. Das Beispiel | |
Condor beweise, dass dieser Weg möglich sei, sagte ein Insider zu Reuters. | |
Der Ferienflieger Condor zeigt gerade, mit welchen Risiken ein | |
Schutzschirmverfahren verbunden ist. Zwar hatten die Kunden dem Unternehmen | |
die Treue gehalten. Der geplante Verkauf, mit dessen Erlös die Gläubiger | |
befriedigt werden sollten, scheiterte aber, weil der Käufer – die polnische | |
Fluggesellschaft LOT – einen Rückzieher machte. Damit musste doch der | |
deutsche Staat mit einem erneuten Überbrückungskredit einspringen. | |
Das Schutzschirmverfahren ist eine Art Vorstufe zum Insolvenzverfahren und | |
soll Unternehmen ermöglichen, sich zu sanieren, bevor das Geld ausgeht. | |
Bedingung ist, dass sie noch nicht zahlungsunfähig sind. Oft mündet das | |
Verfahren nach drei Monaten in eine reguläre Insolvenz. | |
Die Aktionäre würden dann aller Voraussicht nach leer ausgehen. Die | |
Lufthansa ist an der Börse inzwischen weniger als 4 Milliarden Euro wert. | |
Vorbild für das Schutzschirmverfahren ist die Insolvenz nach „Chapter 11“, | |
die in der Vergangenheit zahlreiche US-Fluggesellschaften zur Sanierung | |
genutzt haben. | |
## „Luftverkehr immer politisch“ | |
Um den Druck zu erhöhen, warnte Lufthansa-Chef Spohr am Dienstag in der | |
Zeit vor zu viel Staatseinfluss. „Wenn die Bundesrepublik zu große | |
Einflussnahme auf operative Geschäftsaufgaben nehmen wollte, fordert das | |
vielleicht die österreichische Regierung ebenso ein, dann möglicherweise | |
auch die Schweiz, [3][Belgien], Bayern oder Hessen“, sagte Spohr. | |
Die Airline verhandelt derzeit auch in anderen Ländern mit den dortigen | |
Regierungen über Beihilfen für ihre angeschlagenen Töchter Swiss, Austrian | |
oder Brussels Airlines. „So“, sagte Spohr, „können Sie einen Konzern nur | |
sehr schwer steuern.“ Luftverkehr sei immer politisch gewesen, aber „es | |
darf nie eine politisch verordnete Frage werden, ob wir von München oder | |
von Zürich aus nach Osaka fliegen“. | |
28 Apr 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Wien-rettet-Airline-mit-Oekobedingungen/!5678585 | |
[2] https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/corona-lufthansa-staatshilfe-1.48910… | |
[3] https://www.aerotelegraph.com/brussels-airlines-soll-290-millionen-staatsge… | |
## AUTOREN | |
Kai Schöneberg | |
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