# taz.de -- Lockdown-Verschärfung in Berlin: Scheeres lenkt bei Schulöffnung … | |
> In der Debatte um Schulöffnungen rudert die Schulsenatorin nach heftiger | |
> Kritik zurück: Die Schulen bleiben zu. Lockdown-Verschärfung in Kraft. | |
Bild: Die Stühle in den Berliner Schulen bleiben erstmal hochgestellt | |
Berlin dpa | Zur [1][Eindämmung der Corona-Pandemie] gelten seit Sonntag in | |
Berlin schärfere Kontaktbeschränkungen. Der Senat hatte sie am Mittwoch im | |
Zusammenhang mit der Verlängerung des Lockdowns beschlossen. Private | |
Zusammenkünfte sind jetzt nur noch im Kreis der Angehörigen des eigenen | |
Hausstandes und mit maximal einer weiteren, nicht im Haushalt lebenden | |
Person gestattet. Ist diese [2][Person alleinerziehend], werden deren | |
Kinder nicht mitgezählt, dürfen also noch dazukommen. | |
Bisher galt eine Obergrenze von fünf Personen aus zwei Haushalten, Kinder | |
bis zwölf Jahren zählten dabei nicht mit. Mit der neuen Regelung für | |
Alleinerziehende weicht Berlin etwas von der Vereinbarung ab, die Bund und | |
Länder am vergangenen Dienstag getroffen hatten. Dies reicht aber so | |
manchen nicht aus. Linke und Grüne forderten im Abgeordnetenhaus | |
Nachbesserungen, damit Kinder generell nicht mehr mitgezählt werden. | |
Neu ist auch, dass Kantinen etwa von Betrieben für den Publikumsverkehr | |
schließen müssen. Wie die schon länger geschlossenen Gaststätten dürfen sie | |
Essen nur noch außer Haus anbieten. Auch Fahrschulen müssen schließen. | |
Viele der bereits seit dem 16. Dezember geschlossenen Geschäfte bleiben zu, | |
etwa Friseure, Kosmetiksalons, Bau- und Möbelmärkte, große Kaufhäuser oder | |
Läden für Kleidung. Ausgenommen sind der Lebensmitteleinzelhandel, | |
Wochenmärkte für Lebensmittel, Apotheken, Sanitätshäuser oder Drogerien. | |
Buchläden, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Kfz-Werkstätten, | |
Fahrradwerkstätten und Banken dürfen ebenfalls öffnen. | |
Kitas bleiben vorerst bis auf einen Notbetrieb weitgehend zu. In den | |
Schulen ist die Präsenzpflicht zunächst bis 25. Januar ausgesetzt. Die | |
meisten Schüler lernen also zunächst weiter zu Hause und werden dabei von | |
ihren Lehrern mehr oder weniger angeleitet. Schulen mit abschlussrelevanten | |
Jahrgängen können indes entscheiden, ob sie ab Montag Wechselunterricht | |
anbieten, also die Kombination aus Unterricht in der Schule und zu Hause, | |
oder auf Homeschooling setzen. | |
## Tagelanges Hin und Her um Schulöffnung | |
Nach tagelangem Streit sind die Pläne des Senats zur [3][schrittweisen | |
Öffnung der Berliner Schulen] trotz Corona-Lockdowns damit seit | |
Freitagabend teilweise vom Tisch. Das schulisch angeleitete Lernen zu Hause | |
für Schüler der Klassen 1 bis 9 sowie für einige höhere Klassenstufen werde | |
bis mindestens 25. Januar verlängert, teilte die Bildungssenatorin Sandra | |
Scheeres (SPD) am Freitag mit. Bis dahin gilt keine Präsenzpflicht. | |
Für die Abschlussklassen 10, 12 und 13 an Gymnasien und Sekundarschulen | |
sollen indes ab kommender Woche [4][Präsenzangebote in kleinen Gruppen] | |
möglich sein. Ob Wechselunterricht mit Lernen zu Hause und in der Schule | |
angeboten wird oder alles über Homeschooling läuft, sollen die jeweiligen | |
Schulen mit den Elternvertretern selbst entscheiden. | |
Am 19. Januar will der Senat darüber entscheiden, wie es ab dem 25. Januar | |
mit dem Schulbetrieb an Grundschulen weitergeht. Bis dahin liegen | |
wahrscheinlich verlässlichere Daten vor, wie sich die Feiertage auf das | |
Corona-Infektionsgeschehen ausgewirkt haben und welche Rolle die neue | |
Virus-Mutation spielt. Zudem sollen die Schulen sozial benachteiligten | |
Schülerinnen und Schülern zusätzliche Förder- und Unterstützungsangebote | |
unterbreiten, wie es hieß. An Grundschulen gibt es wie bisher eine | |
Notbetreuung. | |
Am Mittwoch hatte der Senat zunächst beschlossen, ab 11. Januar an Schulen | |
für abschlussrelevante Jahrgänge generell wieder Wechselunterricht in | |
kleinen Gruppen anzubieten. Ab 18. Januar sollten Grundschüler der Klassen | |
1 bis 3 folgen und dann Schritt für Schritt weitere Klassenstufen. Eine | |
Woche nach den Winterferien sollte, so der Plan, der Präsenzunterricht ab | |
15. Februar für alle wieder regulär wie vor dem Lockdown laufen. | |
Dieses Vorgehen rief viel Kritik etwa bei der Lehrergewerkschaft GEW, | |
einigen Schulleitern, Eltern- und Schülervertretern, aber auch innerhalb | |
der rot-rot-grünen Koalition hervor. Angesichts dessen übten sich | |
Koalitionäre am Freitag nach dpa-Informationen in Krisendiplomatie. | |
Linke und Grüne machten dem Vernehmen nach Druck auf Scheeres. Auch die | |
neue SPD-Landeschefin, Bundesfamilienministerin Franziska Giffey, und ihr | |
Co-Vorsitzender Raed Saleh schalteten sich ein. Schließlich wurde die neue | |
Linie in einer langen Schalte unter anderem mit Scheeres und dem | |
Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) abgesteckt. Grüne und Linke | |
tragen den Kompromiss mit, wie aus ihren Reihen zu hören war. | |
Scheeres erklärte zu dem neuen Plan: „Wir gehen damit auf die vielfach | |
geäußerten Sorgen an Schulen ein. In den nächsten Wochen brauchen wir an | |
den Schulen einen möglichst breiten Konsens, um den Herausforderungen durch | |
die Pandemie zu begegnen.“ | |
## Giffey: Neue Regelung „richtig“ | |
Giffey begrüßte die neue Regelung. „Ich finde es richtig, dass | |
Bildungssenatorin Sandra Scheeres jetzt nach Abstimmung in der Koalition | |
beschlossen hat, die Präsenzpflicht an Berliner Schulen bis zum 25. 1. | |
auszusetzen“, erklärte die Bundesfamilienministerin. | |
„Die aktuellen Infektionszahlen machen deutlich, dass wir uns noch immer in | |
der schwersten Pandemielage befinden, die wir bisher erlebt haben.“ Bei | |
allem richtigen Bemühen um Bildungsgerechtigkeit dürfe die Rückkehr zum | |
Präsenzunterricht daher nicht vorschnell erfolgen. „Wir müssen jetzt | |
konsequent und verantwortungsvoll handeln und den Gesundheitsschutz an | |
oberste Stelle setzen.“ | |
Saleh verwies darauf, dass Berlin nun ähnlich handele wie das Nachbarland | |
Brandenburg. „Damit ist ein einheitliches Vorgehen im Metropolenraum | |
Berlin-Brandenburg sichergestellt.“ | |
Der CDU-Vorsitzende Kai Wegner sprach von einem „Scheitern mit Ansage“. | |
„Kurz vor knapp zieht Rot-Rot-Grün die Notbremse. Aber der Schaden ist | |
bereits angerichtet“, erklärte er. „Mit ihrem eigensinnigen Vorpreschen hat | |
die SPD-Bildungssenatorin maximale Verunsicherung ausgelöst.“ | |
Der Bildungsdirektor der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit | |
und Entwicklung (OECD), Andreas Schleicher, hatte den ursprünglichen Plan, | |
auch Grundschüler wieder schnell an die Schulen zu bringen, positiv | |
bewertet. „Es sind immer schwierige Abwägungen. Aber gerade in den ersten | |
Schul- und Lebensjahren ist der Präsenzunterricht einfach nicht ersetzbar“, | |
sagte der Bildungsforscher am Freitag dem rbb-Inforadio. „Insofern ist der | |
Ansatz in Berlin, wenn das die Gesundheitslage zulässt, sehr vernünftig, | |
dass man gerade bei den kleinsten Kindern schnell anfängt, auch in | |
begrenzten Klassen.“ | |
Bildung sei immer Beziehungsarbeit und nicht nur Wissensvermittlung, | |
erläuterte Schleicher. Und in den ersten Schuljahren sei schon deshalb | |
Präsenzunterricht nötig, weil man bei Grundschülern kein selbstständiges | |
Lernen zu Hause erwarten könne. Hier könne digitale Wissensvermittlung also | |
„nicht sehr viel erreichen“. Bei höheren Jahrgängen hingegen könnten | |
Wechselunterricht und Digitalisierung mehr bringen. | |
10 Jan 2021 | |
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