| # taz.de -- Linke in Sachsen: Warum nicht nebeneinander? | |
| > Die linke Szene in Sachsen ist tief gespalten. Statt gemeinsam gegen | |
| > Bedrohungen von rechts zu kämpfen, geraten Projekte wegen ihrer Haltung | |
| > zu Israel ins Visier. | |
| Bild: Bei den landesweiten Demos im Januar und Februar dieses Jahres gegen den … | |
| In Sachsen ist aktuell eine rechte Mobilmachung zu beobachten, die seit den | |
| 90er Jahren ihresgleichen sucht. Während eine CSD-Demo in Bautzen von | |
| Akteur*innen der extremen Rechten drangsaliert wird und es vor Ort an | |
| einem groß organisierten Gegenprotest fehlt, verstrickt sich die sächsische | |
| städtische Linke in eine falsche Prioritätensetzung. | |
| Offenen Protest, Kundgebungen, Spontis und Demos gegen rechts und deren | |
| beängstigendes Erstarken in nahezu allen Teilen Sachsens gibt es derzeit | |
| kaum, stattdessen richtet sich die Kritik gegen Läden und Projekte, die | |
| sich in den Augen von palästina-solidarischen Gruppen in Bezug auf den | |
| Nahostkonflikt falsch positionieren. | |
| Das Leipziger Ladenprojekt Atari ist eines davon. Der Eckladen an der | |
| Kippenbergstraße im Leipziger Osten war jahrelang eine linke Instanz im | |
| einst unattraktiven, von Neonazis geprägten Kiez. Man verstand sich auch | |
| als Anlaufpunkt der wenigen Linken vor Ort und war Vorreiter in Sachen | |
| linker Projekte. Für Nazis schien dies immer wieder Anlass genug, das | |
| Projekt anzugreifen. | |
| Nun gibt es wieder Proteste und Tumult um das Atari. Allerdings nicht | |
| seitens kiezbekannter Neonazis, sondern von Linken. Zwar nicht mit der | |
| Brutalität rechter Gewalt, dennoch mit einer Intensität, die Fragen | |
| aufwerfen muss. Der Grund: ein Vortrag der Kulturwissenschaftlerin Cordula | |
| Trunk mit dem Titel „Is Palestine a Feminist Issue?“ | |
| Das Thema: Sexualisierte Gewalt als Kriegsmittel und die unzureichende | |
| Reaktion der feministischen Öffentlichkeit auf antisemitische Tendenzen. Es | |
| kam jedoch nicht etwa von Rechten, sondern von palästina-solidarischen | |
| Aktivist*innen zu ersten Störungen. Die Situation eskalierte, ein | |
| Zuhörer schrie in den Raum, dass es sich dabei um Lügen und Propaganda | |
| handle. Das führte dazu, dass Personen unsanft aus dem Saal begleitet | |
| wurden. Die Reaktion: eine Kundgebung vor dem Atari am Folgetag und der | |
| Vorwurf, rechts zu sein. | |
| ## Solidarität mit Israel | |
| [1][Das Conne Island] ist ebenfalls Angriffsfläche. Das alternative Zentrum | |
| im Süden der Stadt existiert seit 1991 und wurde von jenen aufgebaut, die | |
| den 90er Jahren und deren rechter Gewalt etwas entgegensetzen wollten. | |
| Einer massiven Gewalt im ländlichen Raum, die auch vor der Stadt selbst | |
| nicht haltmachte. Viele verließen das sächsische Hinterland Richtung | |
| Leipzig. Der oft wiederholte Vorwurf auch damals: die Solidarität mit dem | |
| angeblich faschistischen Staat Israel. Inzwischen ruft die antiisraelische | |
| BDS-Bewegung zum Boykott des Conne Island auf. | |
| „Shitstorms und Boykottkampagnen binden wochenlang die Kapazitäten der | |
| Projekte“, heißt es in einem Statement des Atari. Dabei hätten linke Läden | |
| aktuell Wichtigeres zu tun, heißt es weiter. Fest steht: Projekte wie das | |
| Atari und das Conne Island sind Ankerpunkte der linken Szene, von jenen und | |
| für jene, für die Orte in Nordsachsen, im Erzgebirge und der Lausitz | |
| feindliche und nicht mehr lebenswerte Orte geworden sind, Orte, die mit | |
| Blick auf die Landtagswahlen nicht weniger feindlich werden. | |
| Kurz: Es braucht diese Projekte angesichts der erstarkenden Rechten und | |
| angesichts fehlender Freiräume sowie wegbrechender städtischer und | |
| staatlicher Finanzierung. | |
| Völlig klar scheint, dass in [2][linken Gruppierungen gerade keine | |
| Einigkeit zu finden ist, zu vielen Themen ohnehin, am wenigsten aber im | |
| Hinblick auf den Nahostkonflikt und Antisemitismus]. Einigkeit bräuchte es | |
| auch nicht; nirgendwo existiert der Imperativ, mit – je nach Perspektive – | |
| Antisemiten oder verhassten Antideutschen organisiert gegen Neonazis | |
| vorzugehen. | |
| Der Ruf nach Überwindung ideologischer Spaltung verhallt gerade auf | |
| Instagram ebenso wie auf den Straßen. Aber wenn ein Miteinander gerade so | |
| unmöglich erscheint, warum dann nicht ein Nebeneinander? | |
| 13 Aug 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Fluechtlinge-im-Conne-Island/!5344474 | |
| [2] /Nahost-Konflikt-in-der-linken-Szene/!6007672 | |
| ## AUTOREN | |
| Jessica Ramczik | |
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