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# taz.de -- Laserpointer gegen Polizeihubschrauber: Reporter helfen der Polizei
> Im G20-Verfahren gegen Nico B., der einen Hubschrauber per Laserpointer
> traktiert haben soll, assistieren zwei ReporterInnen der
> Staatsanwaltschaft.
Bild: Opfer der Laser-Attacke: der Polizeihubschrauber „Libelle 2“
Hamburg taz | Sind Journalisten Hilfssheriffs? In der strafrechtlichen
Nachlese der G20-Krawalle stellte sich diese Frage, als mehrere Hamburger
Tageszeitungen die durch die Polizei verbreiteten Fotos von 107
„Tatverdächtigen“ abdruckten und sich somit aktiv an der größten
Öffentlichkeitsfahndung in der Geschichte der Republik beteiligten.
Im Verfahren gegen Nico B., der von der Staatsanwaltschaft beschuldigt
wird, am Abend der „Welcome to Hell“-Demo einen Polizeihubschrauber mit
einem Laserpointer attackiert zu haben, spielen zwei Polizei-ReporterInnen
eine noch aktivere Rolle – zugunsten der Anklage.
Vor dem Altonaer Amtsgericht äußert sich der Angeklagte Nico B. bislang
nicht, und auch seine Lebensgefährtin Annika S.*, die als Zeugin, aber auch
als Täterin in Frage kommt, schweigt bislang gegenüber den
Ermittlungsbehörden. Da sie mit dem Angeklagten eine gemeinsame Tochter hat
und sich zudem selber belasten könnte, besitzt sie ein umfangreiches
Aussageverweigerungsrecht.
Kurz nach Laserpointer-Angriff auf den Polizeihubschrauber „Libelle2“ von
einem Dachgauben-Fenster aus hatte die Hamburger Morgenpost ein Interview
mit der Frau veröffentlicht, in dem sie den Vater der gemeinsamen Tochter
zwar in Schutz nimmt, seine Täterschaft aber behauptet.
Mit den Worten: „Ihm war nicht bewusst, dass er jemandem schaden könnte“,
wird Annika S. zitiert. Die gemeinsame vierjährige Tochter habe durch den
Helikopter-Lärm nicht einschlafen können. „Nico war hilflos. Er wollte,
dass der Hubschrauber etwas weiter wegfliegt. Als die Lichter ausgingen,
war ihm klar, dass er ihn getroffen hatte und hat sofort damit aufgehört.
Es tut ihm furchtbar leid“, wird die Frau in der Mopo weiter zitiert.
## Zitat war nicht autorisiert
Vor Gericht räumte Fotoreporter Rüdiger G. vorige Woche ein, dass dieses
Zitat vor der Veröffentlichung nicht – wie vorher zugesagt – mit Annika S.
abgesprochen und von dieser autorisiert worden war. Man habe sie
telefonisch nicht mehr erreicht, um das abzustimmen.
Nach Darstellung der Verteidigung von Nico B. soll das Reporterteam die
Lebensgefährtin zu einer Aussage gedrängt haben. Es soll ihre Wohnung
regelrecht belagert haben und dabei so massiv aufgetreten sein, dass sich
die Frau genötigt sah, sich in ihrer Wohnung zu verstecken und die Klingel
abzustellen.
Die beiden Reporter hätten sie jedoch auf dem Weg zum Kindergarten
abgefangen. Mit diesem Verhalten, „das presserechtlich nicht gedeckt“ sei,
wie Rechtsanwalt Bernd Wagner sagte, habe sich das Reporterteam
möglicherweise sogar der „Nachstellung“ strafbar gemacht.
Rüdiger G. stellt die Situation ganz anders da. Er und seine Kollegin
hätten bei Annika S. geklingelt, diese habe sofort geöffnet, aber zunächst
keine Zeit für das Gespräch gehabt. So habe man sich für den Nachmittag
verabredet, an dem die Frau schließlich bereitwillig Auskunft gegeben habe.
## Mopo nahm den Vorwurf nicht zurück
In der Netzversion des auf diesem Gespräch fußenden Artikels, die auch
heute noch online ist, lautet die Schlagzeile: „Mord-Versuch mit Laser! Er
attackierte nachts G20-Hubschrauber“. Darunter befindet sich ein dem
Facebook-Account des Angeklagten entnommenes Bild, das „so grob verpixelt
ist, dass alle seine Freunde und Verwandten den Angeklagten mit Sicherheit
erkannt haben“, sagt Wagner.
Der Anwalt kritisierte vor Gericht, dass die Morgenpost nie darüber
berichtet habe, dass der von ihr in die Öffentlichkeit getragene
Mordversuchs-Vorwurf schon bald vom Tisch war. „Andere Medien haben das
klargestellt, nur die Mopo hat keine Wiedergutmachung geleistet“, moniert
der Anwalt.
Ungewöhnlich: Die beiden ReporterInnen haben sich von sich aus bei der
Staatsanwaltschaft als Zeugen angedient. „Wir haben uns entschlossen,
diesen Schritt aktiv zu tun, bevor die Ermittlungsbehörden auf uns
zutreten“, sagt Rüdiger G. – eine für Journalisten außerordentlich enge
Zusammenarbeit mit der Anklagebehörde.
Am Mittwoch, den 25.4., wird sich die Autorin des Mordvorwurfs-Artikels,
die Reporterin Anastasia I. vor Gericht erstmals äußern. *Name geändert
25 Apr 2018
## AUTOREN
Marco Carini
## TAGS
G20-Gipfel
Laserpointer
Hubschrauber
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Schwerpunkt G20 in Hamburg
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