# taz.de -- LBGTQ in Serbien: EuroPride findet nicht statt | |
> Präsident Aleksandar Vučić sagt die Veranstaltung ab, angeblich sei das | |
> Risiko zu groß. Die Organisator*innen wollen das nicht akzeptieren. | |
Bild: Protest gegen die Europride in Belgrad am vergangenen Sonntag | |
BELGRAD taz | Stolz war die EuroPride 2022 in Belgrad vom 12. bis 18. | |
September als die erste europäische LGBTQ-Veranstaltung [1][im Südosten | |
Europas] angekündigt worden. Als weltoffen und tolerant wollte sich die | |
serbische Hauptstadt präsentieren und mit dem Image eines verbohrten Landes | |
aufräumen, wo Angehörige sexueller Minderheiten verprügelt werden und | |
Familie ausschließlich als Verbindung zwischen Mann und Frau mit möglichst | |
vielen Sprösslingen definiert ist. Immerhin ist das Balkanland | |
EU-Beitrittskandidat, obwohl Serbien es als einziger europäischer Staat | |
ablehnt, gegen Russland Sanktionen wegen des Ukrainekriegs zu verhängen. | |
Gäste aus ganz Europa hatten Flugtickets und Hotels gebucht, mancher | |
europäischer Politiker hatte für diesen Zeitraum extra eine Dienstreise | |
nach Serbien angekündigt. Man freute sich auf [2][ein heiteres Zelebrieren | |
der Rechte von LGBTQ-Menschen]. | |
Doch dann wurde dem Frohsinn von höchster Stelle abrupt ein Ende gesetzt. | |
Zuerst sprach der allmächtige Staatschef Aleksandar Vučić von einem | |
„Aufschieben“ der Pride. Mit seinem einzigartigen Charme redete er über | |
seinen „Ekel“ – sowohl vor den Teilnehmer*innen als auch vor jenen, die | |
diese verprügeln wollten. Und das alles in diesen Weltuntergangszeiten, als | |
ob der Staat und er selbst nicht Besseres zu tun hätten. | |
Die Regierung von seinen Gnaden (noch dazu eine technische, obwohl | |
vorgezogene Parlamentswahlen am 3. April stattgefunden hatten) bestätigte | |
das Machtwort des Chefs: Wegen des erhöhten Risikos für Recht und Ordnung | |
seien die Bedingungen für die EuroPride nicht gegeben, hieß es. Die | |
lesbische Regierungschefin [3][Ana Brnabić] tat und sagte rein gar nichts. | |
Die Organisator*innen protestierten. Ein Verbot sei | |
verfassungswidrig, sagten sie, gaben sich kampflustig und taten so, als ob | |
noch nichts entschieden sei. | |
## Prozession der Erlösung | |
Der serbisch-orthodoxe Bischof Nikanor der Diözese Banat führte am Sonntag | |
in Belgrad eine „Prozession zur Erlösung Serbiens“ an. Er begrüßte das | |
Verbot – diesen „Versuch, unser Land, unsere Kirche und unsere Familie zu | |
schänden“ – und glorifizierte Russlands Präsidenten Wladimir Putin als | |
„Kaiser des Planeten, den wir Erde nennen“, weil Putin die „Anomalien“ | |
verboten habe, die der Westen Serbien habe aufdrängen wollen. | |
Derselbe Bischof hatte vor einigen Wochen in Zusammenhang mit der EuroPride | |
von „Kranken“ gesprochen und bedauert, dass er keine Waffen hätte. Die | |
Kirchenspitze schwieg dazu. Tausende Menschen, die mit christlichen | |
Symbolen durch Belgrad marschierten, waren friedlich, die Staatsspitze | |
hatte sie ja beruhigt. Die Bikergruppe Nachtwölfe, auch „Putins Biker“ | |
genannt, begleitete die Prozession. | |
29 Aug 2022 | |
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## AUTOREN | |
Andrej Ivanji | |
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