# taz.de -- Gay Pride in Serbien: Kleiner Sieg für Schwule und Lesben | |
> Anders als bei früheren Veranstaltungen bleibt bei der diesjährigen Gay | |
> Pride am Sonntag alles ruhig – vor allem wegen massiver Polizeipräsenz. | |
Bild: Diesmal keine Ausschreitungen: Die Gay Pride am Sonntag in Belgrad | |
BELGRAD taz | „Ich habe Besseres zu tun“, antwortete Serbiens | |
Ministerpräsident Aleksandar Vucic auf die Frage, ob er an der Gay Pride | |
Parade in Belgrad teilnehmen werde. Aber er werde dafür sorgen, dass | |
Verfassung und Gesetz eingehalten würden. Ähnlich äußerten sich die meisten | |
regierenden Politiker zur Pride – nach dem Motto, das „Schwulen- und | |
Lesbentheater“ werde ihnen vom Westen aufgedrängt, also müsse der Staat | |
leider die anderen braven Bürger belästigen. | |
Bis in die frühen Morgenstunden berieten serbische Sicherheitsdienste, ob | |
die Gay Pride Parade in Belgrad am Sonntag überhaupt stattfinden solle. | |
Auch diesmal war die Situation rund um die Pride angespannt: In den | |
vergangenen Jahren wurde die Parade mal „aus Sicherheitsgründen“ abgesagt, | |
mal ging sie in schweren Krawallen rechts-nationalistischer Gruppen unter. | |
Erst am Sonntagmorgen stand fest, dass die Pride 2014 abgehalten werden | |
soll. | |
Mehrere Hundert Menschen versammelten sich um die Mittagszeit mit | |
Regenbogenfahnen vor dem Regierungsgebäude im Stadtzentrum. Sie | |
marschierten zum Rathaus. LGBT-Aktivisten führten die Kolonne an, gefolgt | |
vom Bürgermeister Belgrads, Vertretern der EU und westlicher Botschaften. | |
Ein wenig Trillern und Küsse homosexueller Paare in der Öffentlichkeit, | |
ohne Angst vor Beschimpfungen und Angriffen, viele heitere Gesichter. | |
Alles verlief ruhig, doch eine fröhliche Stimmung wollte nicht aufkommen. | |
Ein gewaltiges Polizeiaufgebot sicherte die Pride ab. Die Belgrader | |
Innenstadt war komplett gesperrt. Polizisten in voller Kampfmontur ließen | |
nicht einmal Fußgänger passieren, Panzerwagen und Jeeps waren an wichtigen | |
Kreuzungen zu sehen, Hubschrauber überflogen die Parade. Belgrad war von | |
EU-Partnern nahegelegt worden, dass das Abhalten der Pride Pluspunkte bei | |
den EU-Beitrittsverhandlungen bringe, die Serbien im Januar begonnen hat. | |
## „Repressive Toleranz“ | |
„Ich fühle mich sicher, aber nicht frei bei so viel Polizei“, sagte Goran | |
Miletic, ein Organisator der Pride. Aber dies sei der Anfang, ein kleiner | |
Sieg. Ein Beobachter bezeichnete die Stimmung als „repressive Toleranz“. | |
Der Patriarch der serbisch-orthodoxen Kirche Irinej drückte die Meinung der | |
meisten Serben aus: „Macht ihr mit euren Paraden nur Propaganda für eure | |
’Rechte‘? Oder versucht ihr euren Lebensstil anderen, besonders | |
unverdorbenen Kindern und unerfahrenen Jugendlichen aufzudrängen?“ Doch | |
selbst der Patriarch sprach diesmal nicht nur „von Kranken, die unsere | |
Kinder verführen“, sondern meinte, dass „die“ zwar das Recht hätten, zu | |
marschieren, „aber nur auf eigene Kosten, nicht auf Kosten Serbiens – des | |
bombardierten, zerstörten, verarmten, überfluteten, an ein Schandmal | |
gefesselten Landes?“ | |
Serbiens Ministerpräsident Aleksandar Vucic bestätigte derweil, dass sein | |
Bruder Andrej und zwei seiner Leibwächter am Rande der Parade von | |
Spezialpolizisten verprügelt worden waren, sodass sie im Krankenhaus | |
behandelt werden mussten. Andrej sei am Kopf blutig verletzt worden, die | |
Sicherheitskräfte hätten ebenfalls „ernsthafte Verletzungen“ davongetrage… | |
Die Polizisten hätten sich für ihr Fehlverhalten entschuldigt. „Das ist ein | |
schwerer Tag für mich und meine Familie“, sagte der Regierungschef. (mit | |
dpa) | |
28 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Andrej Ivanji | |
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