# taz.de -- Kritik aus der Fraktion an Wagenknecht: „Sahra muss sich entschei… | |
> Mit ihrer Distanzierung von der Unteilbar-Demo habe Sahra Wagenknecht | |
> eine Grenze überschritten. Das sagt der Linken-Abgeordnete Stefan | |
> Liebich. | |
Bild: Sahra Wagenknecht im September bei der Vorstellung der „Aufstehen“-In… | |
taz: Herr Liebich, Sie bezeichnen es als großen Fehler, dass sich Sahra | |
Wagenknecht nicht an der Unteilbar-Demonstration am Samstag in Berlin | |
[1][beteiligen will]. Kann sich die Fraktionsvorsitzende solche Fehler | |
erlauben? | |
Stefan Liebich: Die Aussage von Sahra Wagenknecht, dass sie und ihre | |
Formation Aufstehen sich nicht an der [2][Demonstration am Wochenende] | |
beteiligen im Wissen darum, dass die Fraktion Die Linke und die Partei dazu | |
aufgerufen haben, das hat aus meiner Sicht eine Grenze überschritten. | |
Was genau? Dass sie sagt, der Aufruf tendiere zu sehr zu offenen Grenzen? | |
Dass wir über Arbeitsmigration diskutieren und es dazu unterschiedliche | |
Auffassungen gibt, habe ich immer verteidigt. Aber darum geht es am Samstag | |
nicht. Es geht darum, dass nach Pegida, nach Chemnitz, Menschen auf einer | |
sehr, sehr breiten Basis zeigen wollen, wo das andere Deutschland ist. Und | |
da muss klar sein, auf welcher Seite wir als Linke stehen. Und wenn unsere | |
Fraktionsvorsitzende, eine der bekanntesten Politikerinnen, sich inhaltlich | |
davon distanziert, dann halte ich das für ein großes Problem. | |
Ko-Fraktionschef Dietmar Bartsch, der die Demo unterstützt, sagt, es sei | |
kein Problem, wenn Wagenknecht nicht daran teilnimmt. | |
Es geht mir darum, dass sie sich inhaltlich davon distanziert. Ich finde es | |
ein Problem, wenn die Fraktionsvorsitzende in einer wichtigen Frage eine | |
andere Politik macht als die Fraktion beschlossen hat. | |
Was folgt daraus? | |
Letztlich muss sich Sahra entscheiden, wo ihr Herz schlägt. Ob es links | |
schlägt oder für Aufstehen, die sich meiner Kenntnis nach nicht als linke | |
Organisation beschreiben. Unsere Fraktion wird es auf Dauer nicht | |
akzeptieren, eine Vorsitzende zu haben, die in wichtigen Fragen mit einer | |
Organisation Politik macht, die in eine andere Richtung als die von uns | |
beschlossene geht. | |
Kommt jetzt der Putsch gegen Wagenknecht in der Fraktion? | |
Meine Hoffnung ist, dass Sahra Wagenknecht versteht, dass sie als | |
Fraktionsvorsitzende und eine der wichtigsten Politikerinnen unserer Partei | |
auch der Politik der Partei verpflichtet ist. | |
Würde es reichen, wenn sie sich entschuldigt oder sich von ihrer Aussage zu | |
Unteilbar distanziert? | |
Ich will keine Entschuldigung oder Distanzierung, das finde ich albern. Ich | |
finde ihre Positionierung nicht richtig und wir werden das auf Dauer nicht | |
akzeptieren. | |
Es gibt also drei Möglichkeiten: Entweder Sahra Wagenknecht ändert ihre | |
Haltung in der Migrationspolitik. Oder sie schweigt künftig dazu. Oder sie | |
tritt als Fraktionsvorsitzende zurück. Welche davon ist Ihnen am liebsten? | |
Ich habe kein Interesse an Spaltung. Ich habe immer versucht, die Linke in | |
ihrer schmerzhaften Breite zu erhalten. Ich treffe Leute, die sagen, lass | |
uns doch die Tür zuschlagen und dann ist gut. Als jemand, der mal in einer | |
Partei war, die an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte, möchte ich das | |
vermeiden. Und trotzdem gibt es Grenzen. Meine Hoffnung ist, dass wir auf | |
einen gemeinsamen Pfad kommen und Sahra sich im Idealfall von uns | |
überzeugen lässt oder mindestens hinnimmt, dass die Mehrheit anderer | |
Meinung ist. | |
Und wenn sie das nicht tut? | |
Wie gesagt, auf Dauer wird die Fraktion nicht akzeptieren, dass die | |
Fraktionsvorsitzende eine andere Politik in einem wichtigen Punkt vertritt. | |
Die offene Debatte, die ich hier führe, ist dazu gedacht, dass wir über | |
weitere Schritte nicht nachdenken müssen. | |
Kann die Linkspartei ernsthaft auf Sahra Wagenknecht verzichten? | |
Personen sind in einer Partei wichtig und Sahra Wagenknecht ist nach Gregor | |
Gysi unsere bekannteste Politikerin. Es darf aber nicht dazu führen, dass | |
man sich deswegen erpressbar macht. | |
Spricht Sahra Wagenknecht nicht vielen Menschen aus dem Herzen, wenn sie | |
sagt, die Forderung nach offenen Grenzen ist weltfremd und irrational? | |
Sie spricht sicher auch Menschen aus dem Herzen. Aber darum geht es nicht. | |
Als wir auf dem Parteitag 2011 unser Grundsatzprogramm beschlossen, machte | |
der Parteivorstand zum Punkt Migration den Vorschlag „offene Grenzen für | |
Menschen in Not“. Ich fand das richtig. Der linke Flügel, dem Sahra | |
Wagenknecht und Oskar Lafontaine damals angehörten, sagte, das reicht uns | |
nicht, wir wollen „offene Grenzen für alle Menschen“. Das steht seit damals | |
im Parteiprogramm. Wenn man das ändern will, muss man sich in eine seriöse | |
Debatte begeben. Und das ist es auch, was ich Sahra Wagenknecht vorwerfe: | |
Sie hat sich dieser inhaltlichen Debatte bisher systematisch entzogen. Ich | |
kenne keine konkreten Vorschläge von ihr, was sie ändern will. Wenn man | |
aber wirklich eine veränderte Einwanderungspolitik will, muss man mal | |
sagen, wie es praktisch gehen soll und das nicht nur in den Medien | |
andeuten. | |
11 Oct 2018 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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