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# taz.de -- Kriegsverbrechen in der Ukraine: Hoffnung auf Gerechtigkeit
> Das Bündnis „Ukraine 5 AM Coalition“ sammelt Beweise für russische
> Kriegsverbrechen. Über eine Plattform können Bürger:innen Aussagen
> machen.
Bild: Ein zerstörter Kindergarten in Charkiw: Fotos wie diese sind wichtig fü…
Kiew taz | „Die Frau hatte begriffen, dass ihr Kind gestorben war. Sie
wollte nicht weiterleben und bat darum, sie nicht zu retten. Der Schmerz
war größer als der Willen, weiterzuleben. Sie war eine derjenigen
Schwangeren, die in Mariupol Opfer eines Angriffs auf die Geburtsklinik
geworden waren“, erzählt die ukrainische Menschenrechtlerin Olga
Reschetilowa von der Nichtregierungsorganisation „Medieninitiative für
Menschenrechte“.
Reschetilowa stellt jeden Tag Material über Kriegsverbrechen in der Ukraine
zusammen. „Wir nehmen Zeugenaussagen zu Protokoll und sichten Tausende
Videos und Fotos. Das Wichtigste ist, immer weiterzumachen und sich nicht
dem Schmerz hinzugeben“, sagt sie. Bereits kurz nach dem Beginn des
russischen Angriffskrieges am 24. Februar schlossen sich mehrere
Menschenrechtsorganisationen zu dem Bündnis „Ukraine 5 AM Coalition“
zusammen.
Dem Bündnis gehören 17 ukrainische Menschenrechtsorganisationen an. Sie
sammeln Material über den Krieg, das sie internationalen Gerichten
übergeben wollen. Ihr Zusammenschluss dient dazu, die Opfer der russischen
Militäraggression zu verteidigen sowie die russische Führung und Personen,
die unmittelbar an Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit
beteiligt sind, zur Verantwortung zu ziehen.
Die meisten dokumentierten Fälle betreffen Morde an sowie Verletzungen von
Zivilist*innen, die Zerstörung ziviler und kultureller Einrichtungen,
Plünderungen, den Einsatz von Zivilist*innen als menschliche
Schutzschilde sowie die Einberufung von Bewohnern der Krim und der
„Volksrepubliken Donezk und Luhansk“ in die russische Armee.
Verteidigung von Opfern vor Gericht
Auch geht es um die Behinderung friedlicher Kundgebungen sowie die
Entführung von Aktivist*innen und Journalist*innen. Außerdem informiert
die Koalition über die schwersten Kriegsverbrechen und übernimmt die
Verteidigung der Opfer vor nationalen und internationalen Gerichten. Dazu
rufen die Menschenrechtler*innen alle, die Opfer oder Zeug*innen von
Kriegsverbrechen geworden sind, dazu auf, sich zu melden.
Gleichzeitig informieren sie darüber, was wie dokumentiert werden muss. Im
Falle von getöteten oder verletzten Zivilist*innen liegt das Augenmerk
auf der Kleidung, zum Beispiel bei Priestern oder Ärzt*innen. Wenn eine
Person Opfer von Folter, Misshandlung oder einer Geiselnahme geworden ist,
müssen jeweils die Spuren am Körper dokumentiert werden.
Das Gleiche gilt, wenn Zerstörungen ziviler Objekte, wie etwa Schulen,
Kindergärten, Kliniken, Wohnhäuser, Dämme oder Fabriken, festgehalten
werden. Foto- und Videobeweise von Plünderungen, der Verweigerung
medizinischer Hilfe und von Angriffen auf humanitäre Missionen sind für
künftige Prozesse ebenfalls von großer Bedeutung. Angesichts des Ausmaßes
der Verstöße sei ein gemeinsames Vorgehen von Zivilgesellschaft und Staat,
der ebenfalls Beweise erhebe und die Verbrechen untersuche, sehr wichtig,
sagt Reschetilowa.
Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft hat eine [1][gemeinsame
Plattform] eingerichtet, um die Tätigkeiten aller Strafverfolgungsbehörden
und staatlicher Organe zu koordinieren. „Um die gesammelten Informationen
anschließend vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag sowie bei
potenziellen internationalen Ad-hoc-Tribunalen verwenden zu können, müssen
sie verantwortungsvoll und kompetent gesammelt und nach international
anerkannten Standards archiviert werden“, heißt es aus der zuständigen
Abteilung.
Die Beweise werden auch dem [2][Internationalen Gerichtshof] und dem
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vorgelegt. An die Plattform
kann sich jede/r wenden, um Aussagen zu machen. Sollten diese die Kriterien
erfüllen, werden sie der Dokumentation hinzugefügt.
Aus dem Russischen von Barbara Oertel. Die Autorin war Teilnehmerin eines
Osteuropa-Workshops der taz Panter Stiftung.
24 Mar 2022
## LINKS
[1] https://warcrimes.gov.ua
[2] /Ukrainekrieg-vor-dem-UN-Gerichtshof/!5839666
## AUTOREN
Anastasia Magasowa
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Kriegsverbrechen
Folter
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Hacking
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