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# taz.de -- „Konzertierte Aktion“ gegen Inflation: Dreifacher Schock
> Politik und Wirtschaft müssen drei Krisen gleichzeitig bewältigen: Krieg,
> Corona, Lieferkettenprobleme. Das ist neu. Sicher ist: Verlieren werden
> alle.
Bild: Bemüht bewusst die Geschichte, wenn er von „konzertierter Aktion“ sp…
Bundeskanzler Scholz bemüht bewusst die Geschichte, wenn er von
„konzertierter Aktion“ spricht. [1][Wie 1967 sollen sich Gewerkschaften und
Arbeitgeber erneut auf eine gemeinsame Lohnpolitik einigen], die vom Staat
moderiert wird. So richtig dieses gemeinsame Gespräch ist: Die historische
Analogie führt in die Irre, weil die ökonomische Situation heute völlig
anders ist.
1967 handelte es sich um eine klassische Rezession: Die Wirtschaft war
eingebrochen, und 500.000 Menschen hatten ihre Stelle verloren, weil die
Nachfrage fehlte. Diesmal ist es genau andersherum: Die Nachfrage boomt,
aber leider stockt das Angebot. Die Kunden würden ja gern in Urlaub
fliegen, fleißig Benzin tanken, ordentlich Spargel essen, Fahrräder und
Autos kaufen – aber Rohstoffe, Güter und Dienstleistungen sind knapp, teuer
oder werden ganz gestrichen.
Deutschland und die Welt bewegen sich auf ökonomischem Neuland. Noch nie
gab es drei „externe Schocks“ gleichzeitig. Erst kam die weltweite
Coronapandemie, dann der Ukrainekrieg, und im Frühjahr schickte China den
Hafen Shanghai in den Lockdown, was die globalen Lieferketten
durcheinanderbrachte.
Auch neu: Unternehmen und Beschäftigte sind ungefähr gleich mächtig. Die
Firmen könnten das knappe Angebot ausnutzen, um die Preise kräftig zu
erhöhen. Die Angestellten wiederum profitieren von der Demografie: Jährlich
gehen weit mehr Babyboomer in Rente, als Jugendliche nachwachsen.
[2][Allerorten sind Arbeitskräfte rar], was die begehrten Beschäftigten
dazu nutzen könnten, bessere Gehälter und Konditionen auszuhandeln.
Im Ergebnis könnten sich gleich drei Preisspiralen gleichzeitig drehen.
Erstens eine Kosten-Preis-Spirale, weil die Firmen die gestiegenen
Energiekosten auf ihre Kunden abwälzen. Zweitens eine Gewinn-Preis-Spirale,
weil die Unternehmen die knappen Güter verteuern, um ihre Profite zu
erhöhen. Und drittens eine Lohn-Preis-Spirale, weil die Angestellten einen
vollen Inflationsausgleich verlangen.
Wenn jede Gruppe nur auf ihre eigenen Interessen blickt, ist das Ergebnis
vorgezeichnet: Die Inflation gerät garantiert außer Kontrolle. Das Gespräch
im Kanzleramt war daher wichtig, um [3][Kompromisse auszuloten]. Konkrete
Ergebnisse wurden noch nicht erreicht, aber so viel ist klar: Am Ende darf
es keine Sieger und Gewinner geben, sondern es geht darum, die Kosten der
„externen Schocks“ gerecht zu verteilen. Zwischen Unternehmen, Angestellten
und Staat. Verlieren wird jeder, aber das ist leider unvermeidlich in einem
Krieg.
4 Jul 2022
## LINKS
[1] /Scholz-Plan-fuer-konzertierte-Aktion/!5855298
[2] /-Nachrichten-zum-Ukrainekrieg-/!5858886
[3] /Volkswirt-ueber-Inflation-und-Uebergewinne/!5857726
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
## TAGS
Inflation
Olaf Scholz
Yasmin Fahimi
Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
GNS
Saskia Esken
Die Linke
SPD
Gewerkschaft
Miete
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