# taz.de -- Kontrolle von Digitalkonzernen: Erfolg für das Bundeskartellamt | |
> Der Onlinehändler Amazon klagt gegen besondere Kontrollen der | |
> Wettbewerbshüter. Doch der BGH sieht in denen offenbar kein Problem. | |
Bild: Wolfgang Kirchhoff, der Vorsitzende des BGH-Kartellsenats | |
Karlsruhe taz | Die neuen Befugnisse des Kartellamts bei der Kontrolle von | |
Digitalkonzernen verstoßen wohl weder gegen das Grundgesetz noch gegen | |
EU-Recht. Das zeichnete sich bei der mündlichen Verhandlung am | |
Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe ab. Geklagt hatte die Handelsplattform | |
Amazon. | |
Im Januar 2021 ergänzte der Bundestag das deutsche Gesetz gegen | |
Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) um einen Paragraf 19a. Dieser sieht ein | |
zweistufiges Verfahren vor. In einem ersten Schritt kann das | |
Bundeskartellamt für bestimmte Unternehmen feststellen, [1][dass sie „eine | |
überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb“ haben]. | |
Solche Feststellungen hat das Amt bisher für Alphabet/Google, | |
Meta/Facebook, Amazon und Apple getroffen. In einem zweiten Schritt kann | |
das Kartellamt gegen solche Unternehmen neue schneidige Instrumente nutzen, | |
um zu verhindern, dass die Platzhirsch-Unternehmen jeden Wettbewerb | |
ausschließen, zum Beispiel, indem sie eigene Angebote auf ihrer Plattform | |
bevorzugen. Das Amt kann missbräuchliche Praktiken bereits untersagen, | |
bevor sie konkret angewandt werden. | |
Amazon klagte gegen die Einstufung als ein derart wichtiges Unternehmen. | |
Für solche Klagen ist der BGH ausnahmsweise in erster Instanz zuständig. | |
Bei der mündlichen Verhandlung an diesem Dienstag ging es zunächst nur um | |
die Frage, ob Paragraf 19a gegen das Grundgesetz und EU-Recht verstößt. Der | |
BGH wird wohl beides verneinen, ließ Wolfgang Kirchhoff, der Vorsitzende | |
des BGH-Kartellsenats durchblicken. Das Sonderrecht für Digitalkonzerne | |
verletze wohl nicht das Grundrecht auf Berufsfreiheit, sondern sei durch | |
die Besonderheiten und die Wichtigkeit dieser Märkte gerechtfertigt. | |
## Als nächstes vermutlich der EuGH | |
Auch verstoße der neue GWB-Paragraf nicht [2][gegen den ähnlich gelagerten | |
Digital Markets Act (DMA) der EU]. Die EU-Verordnung soll zwar verhindern, | |
dass jeder EU-Staat mit eigenen unterschiedlichen Regeln gegen die | |
Marktmacht der Digitalkonzerne vorgeht. Die deutsche Norm falle aber unter | |
eine Ausnahmebestimmung und sei deshalb zulässig, so Kirchhoff. | |
Dennoch wird der BGH den Fall vermutlich dem EuGH vorlegen. Der | |
EU-Gerichtshof soll klären, ob Deutschland die neuen Befugnisse des | |
Kartellamts hätte notifizieren (das heißt vorankündigen) müssen. Bis zur | |
Klärung will BGH-Richter Kirchhoff, das Verfahren aber nicht (wie sonst | |
üblich) aussetzen, sondern „wegen der gewaltigen Komplexität des Falles“ | |
fortsetzen. | |
27 Jun 2023 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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