# taz.de -- Konflikt an Berliner Humboldt Universität: Uni setzt 600 Studis vo… | |
> Statt sie tariflich zu besetzen, streicht die Humboldt-Universität | |
> Stellen studentischer Beschäftigter. Zuvor gab es Streit um Fragen des | |
> Lohndumpings. | |
Bild: Noch ist die Uni-Leitung so schweigsam wie das Hauptgebäude selbst: Näc… | |
Als Jonas P.* Anfang der Woche an seinem Arbeitsplatz erscheint, erwartet | |
ihn eine Überraschung. Das Sonderprojekt der Humboldt-Universität, für das | |
er arbeitet, kann seinen Vertrag, der zum Monatswechsel ausläuft, nicht wie | |
es bereits abschließend besprochen war, verlängern. Der Personalrat | |
blockiere die Weiterbeschäftigung, da seine Tätigkeit nicht die | |
Voraussetzungen des studentischen Tarifvertrages erfülle, heißt es. Als P. | |
beim Personalrat nachfragt, fallen die gewählten VertreterInnen dort aus | |
allen Wolken. Sie hatten den Verlängerungsantrag nie zu Gesicht bekommen | |
und hätten ihn auch dann nicht blockiert. | |
In den nächsten Tagen wird deutlich, dass der Fall beileibe nicht der | |
einzige ist. Die HU hat offenbar beschlossen, einen Konflikt mit dem | |
Personalrat um tarifliche Anstellungsverhältnisse auf dem Rücken der | |
Beschäftigten auszutragen. | |
Vorausgegangen ist der Eskalation ein Streit um Fragen des Lohndumpings und | |
unzulässiger Befristungen. Mehrere hundert Studierende (der Personalrat | |
spricht von mindestens 600 Betroffenen) sind an der Uni mit | |
wissenschaftsfernen Tätigkeiten betraut und werden nach studentischem | |
Tarifvertrag vergütet. Dazu gehören Verwaltungsaufgaben, Arbeitsplätze in | |
Bibliotheken und Rechenzentren. Diese Beschäftigungsverhältnisse sind zwar | |
gängige Praxis, aber eigentlich nicht erlaubt. Erst im Sommer hatte das | |
Landesarbeitsgericht in der Klage einer Studentin ein sehr eindeutiges und | |
weit über den Einzelfall hinausweisendes Urteil gefällt. | |
## Uni geht auf volle Konfrontation | |
In der vergangenen Woche schließlich forderte der Personalrat in einer | |
Sitzung des Akademischen Senats der Universität die Hochschulleitung dazu | |
auf, Lösungsvorschläge für das Problem zu erarbeiten und zeigte sich offen | |
für Übergangslösungen und Kompromisse – nicht so Uni-Präsidentin Sabine | |
Kunst und Personalleiter Andreas Kreßler. Noch in der Sitzung drohten sie, | |
dann eben die entsprechenden Stellen abzubauen. | |
Nur wenige Tage später machte die Uni ernst und teilte ihren | |
Untergliederungen mit, dass bereits gestellte Anträge auf Einstellungen und | |
Verlängerungen nicht mehr bearbeitet würden. Intern wurde angedeutet, dass | |
diese Vorgabe solange gelte, bis eine Änderung des Berliner | |
Hochschulgesetzes über sogenannte Erprobungsklauseln die Beschäftigungen | |
wieder legalisieren würde. Ob eine solche Blankoerlaubnis für Tarifbruch | |
arbeitsgerichtlich Bestand hätte, ist zumindest zweifelhaft. | |
Die Gesetzesänderung wird ohnehin erst für 2020 erwartet. Sämtliche Stellen | |
studentischer Beschäftigter in den fraglichen Bereichen würden bis dahin | |
auslaufen und nicht besetzt werden können. Wie die dort notwendige Arbeit | |
aufgefangen werden soll, konnte die HU auf Nachfrage nicht erklären. In der | |
kommenden Woche wird eine Stellungnahme erwartet. Dann stehen aber bereits | |
Dutzende Betroffene praktisch ohne Vorwarnfrist auf der Straße. | |
Zu den ersten nicht besetzten Stellen gehören ausgerechnet zwei des | |
studentischen Sozialberatungssystems des ReferentInnerates, der | |
Studierendenvertretung der HU. Da Hochschulleitung und RefRat an mehreren | |
anderen Stellen in harte, auch gerichtliche Auseinandersetzungen verwickelt | |
sind, wirkt der Vorgang fast wie eine Retourkutsche für die ungeliebten | |
StudivertreterInnen. Miriam Ritter, Mitglied des Personalrates und selber | |
von den Streichungen betroffen, hält diesen Zusammenhang zumindest für | |
möglich: „Anscheinend will man uns da treffen, wo es wirklich wehtut, | |
anstatt nach einvernehmlichen Lösungen zu suchen.“ | |
Für Jonas P. stellt sich nun die Frage, was mit dem Rechenschaftsbericht | |
des Projektes passiert, den er in der kommenden Woche fertigstellen sollte | |
und an dem auch die Finanzierung der Prestigeeinrichtung hängt. Letztlich | |
bliebe ihm ohne Entgegenkommen der HU nur der Klageweg, wie 600 seiner | |
KommilitonInnen auch. Die Uni geht für unverzichtbare Stellen derweil den | |
Weg des Outsourcings über ein Tochterunternehmen, die Humboldt Innovation | |
GmbH. Das widerspricht jedoch nicht nur dem Willen der Personalräte, | |
sondern auch der erklärten Absicht der Landesregierung, genau solche | |
Tarifflucht in Landesbetrieben zu verhindern. | |
*Name der Redaktion bekannt | |
27 Sep 2018 | |
## AUTOREN | |
Daniél Kretschmar | |
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