# taz.de -- Konflikt an der Humboldt-Universität: Hu! AfD! | |
> Die HU-Präsidentin reicht Klage gegen die Studierendenvertretung der | |
> Humboldt-Uni ein. Hintergrund ist eine Kleine Anfrage der AfD. | |
Bild: Alexander von Humboldt berührt der aktuelle Konflikt eher wenig | |
Berlin taz | Wenn ein Dialog scheitert, werden häufig die Gerichte | |
angerufen. Wann ein Dialog gescheitert ist, ist dabei oft Ansichtssache. | |
Sabine Kunst, Präsidentin der Humboldt-Universität (HU), sah diesen | |
Zeitpunkt im Dialog mit der Studierendenvertretung ihrer Universität | |
gekommen und legte am vergangenen Dienstag Klage gegen diese ein. Der | |
Grund: mangelnde Transparenz. Genauer gesagt geht es um die | |
Veröffentlichung der Namen von StudierendenvertreterInnen. Namen, die | |
ausgerechnet die AfD wissen will. | |
Der Hintergrund: Ende Januar stellte die AfD-Fraktion im Berliner | |
Abgeordnetenhaus in Gestalt des Abgeordneten Martin Trefzer eine Kleine | |
Anfrage zu den Studierendenvertretungen der HU, der Technischen und der | |
Freien Universität. Darin wurden neben Themen wie Finanzen und Wahlen auch | |
die Vor- und Zunamen der ReferentInnen der Studierendenvertretungen | |
abgefragt. Aus der Antwort der Staatskanzlei vom Februar geht hervor, dass | |
die drei Unis über die Namen der ReferentInnen bislang keine Angaben machen | |
können. Sie hätten jedoch „im Rahmen ihrer Rechtsaufsicht die | |
entsprechenden Informationen erfragt“. | |
Die Studierendenvertretung aber sei der „Aufforderungen zur Einreichung der | |
Namensliste nicht nachgekommen“, sagte HU-Präsidentin Kunst der taz. | |
Gemeint ist eine Liste mit den Namen aller Mitglieder des | |
Referent_innenrats, kurz Refrat, dem Allgemeinen Studierendenausschuss | |
(AStA) der HU. Daher sei Klage auf Auskunft erhoben worden, so Kunst. | |
Der Refrat fragt auf seiner Internetseite: „Wozu sind diese Namen für eine | |
teilweise rechtsradikale Partei mit mutmaßlichen Verbindungen ins | |
gewaltbereite rechte Milieu relevant?“ | |
## Niedrigschwellig ansprechbar | |
„Wir sind sehr überrascht, dass die Präsidentin Klage gegen uns eingereicht | |
hat“, sagt João Fidalgo, Referent für Finanzen des Refrats. Der Refrat | |
weist den Vorwurf zurück, dem Präsidium die Namen vorenthalten zu wollen. | |
Dass auf seiner Internetseite meist nur die Vornamen der ReferentInnen | |
stehen, begründet er damit, dass man möglichst niedrigschwellig für | |
Studierende ansprechbar sein wolle. | |
„Die Studierenden können natürlich die Nachnamen erfahren, und auch der | |
Univerwaltung sind die meisten bekannt“, so Fidalgo. Auch zu einer | |
offiziellen Übermittlung aller Namen an das Uni-Präsidium sei der Refrat | |
bereit, jedoch unter der Bedingung, dass diese nicht an die AfD | |
weitergegeben würden. | |
Der Refrat der HU besteht aus 16 Referaten mit insgesamt 26 ReferentInnen – | |
insbesondere die, die im Antifaschismus- oder Antirassismus-Referat | |
arbeiteten, sollten laut Fidalgo vor Anfeindungen der AfD und rechten | |
Gruppen geschützt werden. | |
„Ziel der Anfrage ist, dass sich die Studierendenvertretung nicht politisch | |
und schon gar nicht gegen die AfD positionieren soll“, vermutet Fidalgo. So | |
fragte die AfD weiter, wie oft StudierendenvertreterInnen „in den letzten | |
zehn Jahren wegen Überschreitung ihres politischen Mandats durch die | |
Rechtsaufsicht der Hochschulen gerügt“ worden seien. Die Antwort des Senats | |
lautete : nicht ein einziges Mal. Man wolle nicht beanstanden, wenn | |
allgemeine politische Fragestellungen von einem AStA behandelt werden | |
würden, solange ein hochschulpolitischer Bezug bestehe. | |
## Eingriff in Autonomie befürchtet | |
HU-Präsidentin Kunst begründet das Interesse an den Namen mit einer | |
entsprechenden Verwaltungsvereinbarung. Zudem handele es sich um Wahlämter, | |
deshalb habe „die Öffentlichkeit einen Anspruch, zu erfahren, wer ihre | |
Interessen vertritt“, so Kunst. Die Liste müsse „ohne Diskussion um | |
Datenschutzfragen vorgelegt werden“. | |
Die Freie und die Technische Universität jedenfalls rückten die Namen trotz | |
AfD-Anfrage nicht heraus. Dies sei „ausführlich“ mit Datenschutz begründet | |
worden, erklärte das FU-Präsidium auf Anfrage der taz. Nun ist abzuwarten, | |
wie die Klage der HU begründet wird. Falls die Bekanntgabe der Namen durch | |
eine Satzungsänderung erzwungen werden soll, wertet der Refrat das als | |
Eingriff in die Autonomie der studentischen Selbstverwaltung. | |
Neben dem Druck der AfD wurden bereits Ende vergangenen Jahres Vorwürfe | |
durch Berichte des Unimagazins UnAuf und des Tagesspiegels laut, dem Refrat | |
fehle es an Transparenz in Bezug auf Finanzen und Posten. Dem entgegnete | |
der Refrat [1][in einer ausführlichen Stellungnahme]. „Unser Haushalt wird | |
jährlich überprüft. Der Großteil unserer Arbeit ist ehrenamtlich“, so | |
Fidalgo. Auch die HU-Präsidentin hält weder den Verdacht einer mangelnden | |
Kontrolle der Finanzen noch den der zu hohen Aufwandsentschädigungen für | |
tragbar. | |
Der Klageweg ist symptomatisch für die Beziehung zwischen HU-Präsidium und | |
Studierendenvertretung. „Wir hätten gerne diskutiert, warum die Namen an | |
die AfD weitergegeben werden sollen“, so Fidalgo. Der Refrat habe in | |
Briefen an das Präsidium die Datenschutzbedenken dargelegt. Darauf habe die | |
Unileitung aber nie geantwortet. „Stattdessen verklagt uns die Uni. Das | |
passiert nur wegen der AfD-Anfrage“, so Fidalgo. Der Refrat werde sich nun | |
anwaltlich vertreten lassen – und eine Klage gegen die Uni in Erwägung | |
ziehen. | |
31 Jul 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.refrat.de/article/news.transparenz.html | |
## AUTOREN | |
Sophie Schmalz | |
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