# taz.de -- Kommentar Ukraine-Russland-Krise: Die Mitschuld des Westens | |
> Russland hat klar gegen das Völkerrecht verstoßen, aber neue Sanktionen | |
> wären grundfalsch. EU und Nato sollten jetzt lieber aktiv deeskalieren. | |
Bild: Verstoß gegen das Völkerrecht: Russland beansprucht das Asowsche Meer f… | |
Russland hat die ukrainische Krim im März 2014 | |
annektiert.Völkerrechtswidrig und bis heute von lediglich neun der übrigen | |
192 UNO-Staaten anerkannt. Folgerichtig verstoßen auch Russlands Anspruch | |
auf die Seestraße von Kertsch oder gar das gesamte Asowsche Meer als | |
eigenes Hoheitsgewässer und die Behinderung ukrainischer Schiffe gegen das | |
Völkerrecht. Und auch gegen das bilaterale Abkommen zwischen Moskau und | |
Kiew von 2014. Soweit die Fakten. | |
Doch die Forderung des ukrainischen Botschafters in Berlin, eine | |
NATO-Flotte in das Asowsche Meer unter Beteiligung deutscher Schiffe zu | |
entsenden, ist gefährliche Kriegstreiberei. Die scharfen Sprüche von | |
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und Washingtons UNO-Botschafterin | |
Nikki Healy an die Adresse Moskaus sind eine ebenso hilflose Reaktion wie | |
der Ruf diverser CDU-Politiker nach einer erneuten Verschärfung von | |
[1][Sanktionen gegen Russland]. | |
Die bereits seit 2014 verhängten Sanktionen haben sich als völlig | |
untaugliches Mittel erwiesen, die Ukrainepolitik Russlands positiv zu | |
beeinflussen. Die [2][Deeskalationsappelle und Vermittlungsangebote von | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel] und Außenminister Heiko Maas klingen zwar | |
viel besonnener und vernünftiger. Doch auch sie werden wirkungslos | |
verpuffen, wenn Deutschland und seine Partner in der NATO und EU nicht | |
endlich über den eigenen Schatten springen und ihre große Mitverantwortung | |
anerkennen für die krisenhafte Zuspitzung im Verhältnis zwischen Russland | |
und dem Westen seit Ende der 90er Jahre – die schließlich zur Annexion der | |
Krim führte. | |
Zu dieser Mitverantwortung gehören die Osterweiterung der NATO unter Bruch | |
des Versprechens, das die Regierung Kohl/Genscher Moskau 1990 nachweislich | |
gegeben hatten. Weiterhin der NATO-Gipfelbeschluss von 2008 mit der Option | |
zur Aufnahme der Ukraine sowie die Assoziationsverhandlungen zwischen der | |
EU und der Ukraine, bei denen Brüssel die damalige Regierung in Kiew vor | |
die fatale Alternative stellte, sich wirtschafts- und handelspolitisch | |
zwischen Moskau und dem Westen zu entscheiden. Und schließlich gehört zur | |
Mitverantwortung Deutschland und seiner EU- und NATO-Partner die | |
uneingeschränkte Unterstützung für die neue Regierung in Kiew – und zwar | |
auch dann noch, als diese gleich nach ihrer Machtübernahme im Februar 2014 | |
drohte, das bis 2042 vereinbarten Abkommen mit Moskau über die Nutzung der | |
Marinebasis Sewastopol auf der Krim durch russische Seestreitkräfte zu | |
kündigen. | |
## Erneute Abstimmung auf der Krim | |
Geeignete westliche Schritte um die Eskalationsdynamik im Verhältnis zu | |
Russland endlich umzukehren, wären eine Korrektur des | |
NATO-Gipfelbeschlusses von 2008. Ebenso wichtig wären Vorschläge, um die | |
grenznahen Militärmanöver beider Seiten einzustellen und | |
Truppenstationierungen dort rückgängig zu machen. Russland müsste | |
garantiert werden, dass es den Marinestützpunktes Sewastopol weiter nutzen | |
kann. | |
Ebenso wichtig wäre ein Vorschlag für eine erneute Abstimmung auf der Krim; | |
vorbereitet, durchgeführt, überwacht und ausgezählt durch die UNO und mit | |
der Wahloption auf den Verbleib der Krim in der Ukraine mit einem | |
weitestgehenden Status sprachlicher, kultureller, finanzieller und | |
administrativer Autonomie. | |
Würde Berlin eine Initiative für solche Deeskalationsschritte ergreifen, | |
wäre dies eine konkrete und wichtige Wahrnehmung der in Berlin so gerne | |
beschworenen „gewachsenen internationalen Verantwortung“ Deutschlands. | |
27 Nov 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://meta.tagesschau.de/id/132317/eu-verlaengert-sanktionen-gegen-russla… | |
[2] https://www.tagesschau.de/ausland/merkel-putin-telefonat-101.html | |
## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
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