# taz.de -- Kommentar Klimaschutzgesetz: Alles auf Rot | |
> Mit einem Gesetz will Umweltministerin Schulze Ernst machen mit dem | |
> Klimaschutz. Scheitert es, ist nicht nur die Koalition in Gefahr. | |
Bild: Sie macht endlich den großen Aufschlag: Bundesumweltministerin Svenja Sc… | |
Es wird krachen, so viel steht schon fest. Der Entwurf zum | |
„Klimaschutzgesetz“ aus dem Umweltministerium [1][wird für maximalen Streit | |
in der Regierung sorgen]. Die Frage, wie strikt die Klimaziele sind und wer | |
dafür liefern muss, hat sogar das Zeug dazu, die große Koalition zu | |
sprengen. Und das ist gut so. | |
Denn das Bundes-Klimaschutzgesetz von Svenja Schulze ist ein guter | |
Vorschlag. Und so ziemlich die letzte Chance für Deutschland, den | |
Klimaschutz endlich ernst zu nehmen. Er macht Schluss mit dem | |
jahrzehntelangen Schlendrian: Große Ziele ankündigen und dann zusehen, wie | |
sie verfehlt werden. | |
Wenn sich Schulze durchsetzt, bekommt jedes Ressort seine Vorgaben. Wie es | |
die erfüllt, kann es selbst bestimmen. Wenn es nicht klappt, muss es die | |
teuren CO2-Zertifikate selbst bezahlen, die dann in der EU fällig werden. | |
Das nennt man Verursacherprinzip. Und es wird hoffentlich dazu führen, dass | |
die großen Klima-Ignoranten der letzten Jahre, der Verkehr und die | |
Gebäudewirtschaft, endlich anfangen, ernsthaft CO2 zu sparen. | |
Die Union baut dagegen die maximale Drohkulisse auf: Eine „leere Hülle“ sei | |
das Gesetz, entspreche nicht dem Koalitionsvertrag und sei „Planwirtschaft, | |
die schon in der DDR nicht funktioniert hat“. Aber bei anderen | |
Vorstellungen, wie die geforderte rasante Reduzierung des klimaschädlichen | |
Kohlendioxids auf praktisch null in 30 Jahren zu schaffen wäre, bleiben CDU | |
und CSU die Antworten bislang schuldig. | |
## Beim Klimaschutzgesetz kommt es jetzt zum Schwur | |
Die Gegenwehr der Union hat auch weniger damit zu tun, dass sie bessere | |
Ideen hätte. Sondern mehr damit, dass inzwischen auch der letzte | |
Unions-Abgeordnete gemerkt hat, in welche Zwickmühle sie das jahrelange | |
Nichtstun gebracht hat: Einerseits die Klimakrise, die immer deutlicher | |
wird, der Ruf nach Lösungen, die nun sogar Bayern zu einem | |
Klimaschutzgesetz veranlassen. | |
Und andererseits die Zumutungen, die das für ihre Klientel mit sich bringt: | |
CO2-Preis, ernsthaft Energie sparen, Ausbau der Erneuerbaren, andere | |
Verkehrssysteme, weniger Fleisch. | |
Beim Klimaschutzgesetz kommt es jetzt zum Schwur: Hat Bundeskanzlerin | |
Angela Merkel noch die Kraft und das Interesse, echte Weichenstellungen für | |
ein grüneres und moderneres Land zu erzwingen? Oder leistet diese Regierung | |
den endgültigen klimapolitischen Offenbarungseid, indem sie das Gesetz | |
verschiebt oder entkernt? | |
Svenja Schulze, die bisher als Ministerin [2][eher glücklos agiert] hat, | |
ist ein kleines Meisterstück gelungen. Sie hat alles auf Rot gesetzt. Und | |
in dieser Frage nicht nur ihre bei Umweltthemen notorisch unzuverlässige | |
SPD hinter sich versammelt. Sondern auch die Union in eine Position | |
gebracht, wo sie bessere Vorschläge bringen muss oder als Klimakiller | |
dasteht. | |
## Ein Scheitern wäre eine Blamage für Schulze | |
Für Schulze ist das der einzige Weg, aber er ist hochriskant: Wenn das | |
Klimagesetz in der jetzigen Form kommt, ist sie die erfolgreichste | |
Umweltministerin seit langem. Wenn es verhindert oder gestutzt wird, muss | |
sie zurücktreten. | |
Aber das wäre nicht nur eine Blamage für Schulze und wahrscheinlich das | |
Ende der Großen Koalition. Sondern es wäre auch das Aus für den Anspruch | |
Deutschlands, den Klimaschutz ernst zu nehmen. Und, ganz nebenbei, eine | |
ganz schlechte Nachricht für die Atmosphäre und die Zukunft der Kinder, die | |
jeden Freitag für besseren Klimaschutz demonstrieren. | |
22 Feb 2019 | |
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## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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